Bei einer Razzia gegen sogenannte «Reichsbürger» führen vermummte Polizisten, nach der Durchsuchung eines Hauses Heinrich XIII Prinz Reuß (hinten, Mitte) zu einem Polizeifahrzeug. Ein Polizist trägt dabei, Tüten, eine Tasche und Papiere.

Reul warnt weiter vor "Reichsbürgern" in NRW

Stand: 16.12.2022, 10:01 Uhr

Auch wenn NRW nicht im Fokus bei der Razzia gegen die "Reichsbürger"-Szene stand: Innenminister Herbert Reul (CDU) ruft weiter zu Wachsamkeit auf. Die AfD meint, die Leute hätten "einen an der Waffel".

Von Rainer StriewskiRainer Striewski

Von den 162 durchsuchten Objekten bei der Razzia gegen die "Reichsbürger"-Szene Anfang Dezember befanden sich nur drei in NRW. Für NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) ist das aber kein Grund zur Entwarnung. "Diese bundesweiten Maßnahmen sind ein wichtiger Schlag gegen die mutmaßlich terroristische Gruppierung der Reichsbürger-Szene", erklärte Reul am Donnerstag im Innenausschuss des Düsseldorfer Landtags.

Reul: "Kein Staatsstreich, aber brandgefährlich"

Auch hier bestehe "Anlass zur Sorge und Wachsamkeit", so Reul. Denn die Inhalte mögen "krude und bizarr" vorkommen. "Wir wären aber total falsch beraten, wenn wir sie lächerlich machen oder nicht ernst nehmen."

Dem konnte der AfD-Abgeordnete Markus Wagner im Ausschuss jedoch nicht folgen: "Es ist nicht strafbar, einen an der Waffel zu haben", betonte er. Auch einen Putschversuch könne er nicht erkennen, so Wagner. "Natürlich stand der Staatsstreich nicht bevor", erwiderte Reul. Es wäre aber "brandgefährlich", dass sich hier mehrere Leute zusammengetan hätten, "die wissen, wie das geht".

Seit 2016 unter Beobachtung

Rund 3.400 Personen zählt der Verfassungsschutz in NRW zur "Reichsbürger"-Szene. 180 von ihnen werden laut Reul in NRW dem organisierten Rechtsextremismus zugeordnet. "Zudem teilen etliche Reichsbürger die wichtigsten rechtsextremistischen Feindbilder: Muslime, Juden, Flüchtlinge oder Politiker", so Reul.

In NRW wären "Reichsbürger" und "Selbstverwalter" strafrechtlich bereits durch Widerstandshandlungen oder Körperverletzungen aufgefallen, so Reul. Deshalb hätte das Land schon 2016 eine Auswertung zu Reichsbürgern beim Landeskriminalamt initiiert, um einen besseren Überblick über die Szene zu bekommen. Das Gefährliche sei laut Reul, dass sich hier mehrere Szenen vermischen, verbinden und vernetzen.

Verfassungsschutz-Chef: "Alle eint der Hass auf den Staat"

Der Verfassungsschutz rechnet der "Reichsbürger"-Szene neben Rechtsextremisten, Anhängern von Verschwörungsmythen oder renitenten Staatsleugnern auch Menschen aus der bürgerlichen Mitte oder Corona-Leugner zu, erklärte NRW-Verfassungsschutz-Chef Jürgen Kayser im Innenausschuss. Bei der Mehrzahl der "Reichsbürger" in NRW läge keine feste Organisationsstruktur vor, so Kayser. Aber: "Alle eint der Hass auf den Staat", so der Verfassungsschutz-Chef.

Waffen in "Reichsbürger"-Szene

Im Innenausschuss wurden auch aktuelle Zahlen zur Bewaffnung in der "Reichsbürger"-Szene genannt. Demnach haben in NRW derzeit 123 Menschen aus der "Reichsbürger"-Szene eine sogenannte waffenrechtliche Erlaubnis. 37 von ihnen verfügen sogar über eine Waffenbesitzkarte. In 118 Fällen wurde die waffenrechtliche Erlaubnis überprüft und entzogen. Allerdings gab's bei 48 Verfahren dafür keine ausreichenden Anhaltspunkte.

Wie gefährlich sind die Reichsbürger? I nah dran

nah dran – die Geschichte hinter der Nachricht 16.12.2022 16:09 Min. Verfügbar bis 16.12.2027 WDR Online


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