So geht NRW gegen Reichsbürger im Staatsdienst vor

Stand: 12.12.2022, 14:11 Uhr

Für das Land NRW ist klar: Reichsbürger dürfen keine Beamte sein. Und auch ein Waffenbesitz muss genau geprüft werden. Für fünf Polizeibeamte könnte das das Ende ihrer Laufbahn bedeuten.

Von Rainer StriewskiRainer Striewski

Nach der bundesweiten Razzia gegen die Reichsbürgerszene, die die Demokratie abschaffen und eine neue Monarchie in Deutschland installieren will, werden nun neue Einzelheiten aus Nordrhein-Westfalen bekannt.

Beispiel Waffenrecht: 123 Menschen in NRW verfügen über eine sogenannte "waffenrechtliche Erlaubnis", obwohl sie der Reichsbürgerszene zugerechnet werden. Das bestätigte das NRW-Innenministerium dem WDR - und kündigte auch Konsequenzen an. In 40 Fällen wurden bereits Widerrufsverfahren gegen diese Waffenscheine eingeleitet, in 30 weiteren Fällen soll dies nach Angaben des Innenministeriums geprüft werden.

"Mehr als Spinnereien"

Spätestens seit die Umsturzpläne einiger "Reichsbürger" letzte Woche zu mehreren Verhaftungen geführt haben, ist klar: Von der "Reichsbürger"-Szene geht eine reale Gefahr aus. Bei den bekannt gewordenen Plänen habe es sich um "mehr als Spinnereien" gehandelt, sondern um klare und weit gehende Planungen von Menschen mit Waffen, erklärte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) in der ARD-Sendung "Anne Will".

Damit Waffen gar nicht erst in die Hände von Extremisten geraten, wird seit Februar 2020 bei jeder Erteilung oder Verlängerung einer waffenrechtlichen Erlaubnis beim Verfassungsschutz genau nachgefragt. Zusätzlich prüfen die zuständigen Behörden bei jedem bekannt gewordenen Anhänger der Reichsbürgerszene, ob ein Entzug von etwaigen Waffenerlaubnissen möglich ist, so teilte es das Innenministerium mit.

Reichsbürger als Staatsdiener

Schwieriger wird es, wenn diese Personen nicht nur im Privatleben Waffen tragen dürfen, sondern dies qua Amt tun - weil sie etwa bei der Polizei Dienst tun. Denn obwohl Reichsbürger die Bundesrepublik Deutschland und ihre demokratischen Strukturen nicht anerkennen, sehen offenbar einige von ihnen keinen Widerspruch darin, sich von eben diesem Staat verbeamten und bezahlen zu lassen.

Letzte Konsequenz: Entlassung

Seit 2016 sind nach Angaben des Innenministeriums insgesamt fünf Polizeivollzugsbeamte wegen des Verdachts der Zugehörigkeit zur Reichsbürgerbewegung aufgefallen. Ein Beamter wurde bereits aus dem Dienst entfernt, in vier Fällen steht die rechtskräftige Entscheidung des Verwaltungsgerichts noch aus.

"Stehen Angehörige des öffentlichen Dienstes in NRW im Verdacht, der sogenannten Reichsbürgerbewegung anzugehören, so sind die dienstvorgesetzten Stellen zu einem konsequenten Vorgehen unter Ausschöpfung aller rechtlicher Möglichkeiten bis hin zur Entfernung aus dem Dienst bzw. zur Entlassung angehalten", teilte das Innenministerium mit. Die Ideologie der Reichsbürger, so heißt es weiter, sei nicht mit der Pflicht der Angehörigen des öffentlichen Dienstes vereinbar, für die freiheitliche demokratische Grundordnung einzustehen.

3.400 Reichsbürger in NRW

Seit 2016 hat der NRW-Verfassungsschutz die Reichsbürger-Szene verstärkt im Blick. Bis dahin hatten die Sicherheitsbehörden nur rund 300 Reichsbürger in NRW identifiziert. In den Jahren bis 2018 stieg die Zahl dann auf 3.200 Anhänger - wohl auch, weil die Behörden genauer hinschauten. Heute werden nach Angaben des Innenministeriums 3.400 Personen in NRW der Reichsbürgerszene zugerechnet.