Angehende Polizisten beim Eidspruch bei der Vereidigungsfeier der Polizei NRW in der Lanxess-Arena. Koeln, 19.04.2023

Warum die NRW-Polizei Nachwuchs bei der Bundeswehr sucht

Stand: 02.10.2023, 06:00 Uhr

Erst Stahlhelm, dann Schirmmütze: Um neue Polizeianwärter zu rekrutieren, wirbt die Polizei in NRW verstärkt um Zeitsoldaten. Motto "Raus aus dem Flecktarn und rein in unsere blaue Uniform". Klappt das?

Von Oliver Auster

Die Arbeitsgruppe des Innenministeriums klingt nach Spezialauftrag: "Task Force 3000". Ihr Job: 3000 neue Polizeianwärter pro Jahr herbeizuschaffen. Was sich als gar nicht so einfach erweist. Denn obwohl es viele Bewerber für die Polizei gibt – meistens um die 11.000 – kommen etliche von ihnen nicht in Frage.

In diesem Jahr erreichte man zum ersten Mal die magische Zahl von Nachwuchspolizisten. Eine Maßnahme der "Task Force 3.000": Sie nimmt ehemalige Zeitsoldaten ins Visier.

Viel Kundenkontakt

"Schütze weiterhin dein Land – das Land NRW, im Team 110": Mit solchen Botschaften richten sich die Rekrutierer der Polizei gezielt an Ex-Soldaten. Florian P. hat das überzeugt. Der Polizeianwärter, der seinen ganzen Namen aus persönlichen Gründen nicht nennen möchte, ist im zweiten und damit letzten Jahr seiner Ausbildung als Polizist.

Polizeianwärter Florian P.

Polizeianwärter Florian P.

Bei der Bundeswehr hat er im Bereich Beschaffung gearbeitet, mit wenig beruflichem Kontakt nach draußen. Das sei jetzt ganz anders, erzählt Florian P.: "Bei der Polizei muss man das erlernte Wissen häufiger anwenden, also im täglichen Dienst quasi fast jeden Tag, was bei der Bundeswehr nicht immer der Fall war."

Aus dem Flecktarn in die blaue Uniform

Elf Jahre lang war der ehemalige Hauptfeldwebel bei der Bundeswehr, bevor er bei der Polizei anheuerte. Die Streitkräfte helfen ihren Abgängern intensiv, ins zivile Berufsleben zu wechseln – inzwischen auch in Kooperation mit der Polizei NRW. "Unter dem Claim, raus aus dem Flecktarn und rein in unsere blaue Uniform, schaffen wir, die Polizei Nordrhein-Westfalen, in Zusammenarbeit mit der Bundeswehr, einen institutionalisierten Übergang für ausscheidende Soldatinnen und Soldaten nach dem Dienst bei der Bundeswehr", sagt Frank Menger, der das Dezernat Personalauswahl bei der Polizeibehörde LAFP leitet.

Frank Menger

Frank Menger vom LAFP

Nachdem die Polizei auf Anraten der "Task Force 3.000" schon die Mindestgröße von Bewerbern (früher 1,63 Meter) nach unten korrigiert hat, dürfen Ex-Soldaten sogar deutlich älter sein als zivile Bewerber. Deren Grenze liegt bei 36 Jahren. "Sofern das Dienstverhältnis mindestens zwölf Jahre oder die Fachausbildung bei der Bundeswehr beim Eingang der Bewerbung noch keine sechs Monate zurückliegt, entfällt die Höchstaltersgrenze. Das Auswahlverfahren absolvieren alle Bewerbenden gleich", so Frank Menger.

Bundeswehr stockt Gehalt auf

Als altgedienter Soldat mit dem Gehalt eines Polizeianwärters zu starten, der normalerweise gerade Abi gemacht hat – das wäre wohl wenig verlockend. Aber hier kommen die sogenannten Übergangsgebührnisse ins Spiel. Die Bundeswehr stockt das Gehalt von ehemaligen Zeitsoldaten auf. Eben auch, wenn sie in die blaue Uniform schlüpfen. Laut Innenminister Herbert Reul (CDU) öffnet sich damit der Weg für neues Personal: "Wir brauchen ein paar Erfahrene, Ältere, die von uns ja jahrelang nicht eingestellt worden sind." Vom Thema Sicherheit verstünden die Ex-Soldaten ja eh schon viel – von daher sei das eine prima Sache.

Rund 200 aktive Soldaten oder ehemalige Soldaten interessieren sich bislang für den Start als Polizeianwärter im September 2024. Die Polizei geht davon aus, dass diese Zahl noch deutlich steigen wird. Sie will auch mit Soldaten werben, die nun auf Streife gehen – und das so gut finden wie Florian P.: "Bei der Polizei ist man quasi direkt am Bürger. Und da hat das Handeln direkte Auswirkungen, was man auch direkt sieht." Eine ganz andere Perspektive als die im militärischen Sicherheitsbereich.

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