Cybercrime: Polizei sucht händerringend Fachleute
Stand: 02.07.2024, 06:00 Uhr
Seit März gibt es in NRW spezielle Cybercrime-Inspektionen bei der Polizei. Doch mehr als die Hälfte der Stellen konnte bislang noch nicht besetzt werden.
Von Benjamin Sartory
"Auch im World Wide Web gehen wir auf Verbrecherjagd", hatte NRW-Innenminister Herbert Reul im Februar betont. Sein Plan: Schon im März sollten bei sechs Polizeipräsidien extra Cybercrime-Inspektionen an den Start gehen. Mit jeweils elf IT-Spezialistinnen und Spezialisten, die die Polizei bei Ermittlungen unterstützen.
Konkret geht es dabei zum Beispiel um Hackerangriffe auf Kliniken, Datendiebstahl, Online-Betrug oder um die Verbreitung von sexualisierter Gewalt an Kindern. Längst brauchen die Ermittler für ihre Arbeit im Netz nicht nur polizeiliche, sondern auch technische Fähigkeiten. Die IT-Experten sollen ihnen helfen, zum Beispiel digitale Spuren zu entdecken und verschleierte Server-Standorte zu enttarnen.
Mehr als die Hälfte der IT-Experten fehlt noch
Doch der Fachkräftemangel erschwert den Kampf gegen Cyberkriminalität. Insgesamt hat das Land in den sechs Polizeipräsidien und unter anderem auch beim LKA und beim Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste in Duisburg 94 neue Stellen geschaffen.
Nach WDR-Informationen sind davon aber bisher noch 53 Stellen unbesetzt, also mehr als die Hälfte. Bei der Polizei in Bielefeld fehlen zum Beispiel noch neun von elf geplanten neuen Experten, in Köln sind acht und in Düsseldorf sechs Stellen unbesetzt.
Hohe Hürden für Cybercrime-Experten
NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU)
Das NRW-Innenministerium nennt dafür mehrere Gründe. So sei die erste Bewerbungskampagne mit 650 Interessenten eigentlich erfolgreich gewesen. Allerdings seien die Anforderungen an die neuen Kolleginnen und Kollegen hoch. Es gebe im Vergleich zur privaten Wirtschaft zum Beispiel besondere gesundheitliche Voraussetzungen und Altersgrenzen. Und der Markt für IT-Fachleute sei ohnehin umkämpft.
Laut dem Ministerium wurden die 53 noch freien Stellen mittlerweile erneut ausgeschrieben. Insgesamt seien daraufhin 74 Bewerbungen eingegangen, die jetzt geprüft werden.
Kripo-Vertreter fordern bessere Karrierechancen
Oliver Huth vom Bund Deutscher Kriminalbeamter bestätigt, dass es derzeit schwierig ist, IT-Experten zu finden. "Der Markt ist leergefegt", sagt der Gewerkschaftsvertreter. Und die freie Wirtschaft würde den Fachkräften mehr bieten als der Staat als Arbeitgeber.
Huth fordert deshalb bessere Berufschancen für die externen IT-Leute bei der Polizei. Er schlägt vor, den Beschäftigten eine Verbeamtung und nach entsprechender Ausbildung auch eine Polizeikarriere in Aussicht zu stellen. Bisher werden sie nicht als Polizisten, sondern als Regierungsbeschäftigte eingestellt.