Kampf gegen Mobilfunk-Löcher: NRW will lokales Roaming prüfen

Stand: 24.11.2022, 17:04 Uhr

Was hilft gegen Mobilfunk-Löcher in NRW? Möglicherweise ein verpflichtendes "National Roaming" unter eigentlich konkurrierenden Handynetz-Betreibern. Im Landtag wurde darüber diskutiert.

Von Samuel AckerSamuel Acker

Für den Urlaub im EU-Ausland ist Roaming schon ein fester Begriff: Wer beispielsweise in Marseille mit dem Handy telefoniert oder in Venedig schnell mobil Fotos in sozialen Netzwerken posten möchte, kann das auch mit seinem deutschen Handyvertrag tun. Beim Roaming im EU-Ausland wird das Netz der dortigen Anbieter genutzt. Dank Vorgaben der Europäischen Union verursacht das seit gut fünf Jahren auch keine zusätzlichen Kosten mehr.

Roaming ähnlich wie im Ausland auch in NRW?

Ein solches, für Kunden kostenloses Roaming könnte es zukünftig verpflichtend auch innerhalb von Nordrhein-Westfalen geben. Das hieße dann, dass beispielsweise O2-Kunden in Gebieten, in denen sie sonst eine schwache Verbindung haben, das Handynetz von Vodafone ohne Extrakosten nutzen können – und umgekehrt.

Der NRW-Landtag hat nach Antrag der schwarz-grünen Regierungskoalition entschieden, im Bau- und Digital-Ausschuss prüfen zu lassen, inwiefern ein solches "National Roaming" Funklöcher in NRW effizient verschwinden lassen könnte.

"Es tut sich einfach zu wenig"

Der CDU-Abgeordnete Björn Franken sagte bei der Debatte im Landtag dazu heute, dass er wirtschaftlich Verständnis habe, dass der Mobilfunkausbau in ländlichen Räumen für Konzerne wenig attraktiv sei. Aber: "Es tut sich einfach zu wenig". National Roaming könne eine Option ein, um die Mobilfunkversorgung insbesondere im ländlichen Raum in NRW zu verbessern.

Graue und weiße Flecken sollen aufgelöst werden

In NRW sind nach Daten der Bundesnetzagentur für den Oktober 2022 fast 15 Prozent der Landesfläche sogenannte "graue Flecken“ – dort bietet nur mindestens einer, aber nicht alle der drei großen Betreiber (Telekom, Vodafone, Telefónica bzw. O2) eine 4G- oder 5G-Netzabdeckung. Insbesondere im Sauerland und Ostwestfalen-Lippe finden sich solche grauen Flecken.

Wären die Konzerne im Rahmen eines National Roamings verpflichtet, ihre Netze für Kunden der Konkurrenz zu öffnen, könnte das für einige Menschen dort schlagartig zu einer stabileren Abdeckung führen. "Für diese Nutzung sollen die Mobilfunk-Anbieter, die die Funkmasten aufgebaut haben, eine faire Entlohnung enthalten", betonte Julia Eisentraut von den Grünen. Auch für sogenannte "weiße Flecken", also Gebiete in denen noch gar kein 4G- oder 5G-Netz vorliegt, könnte eine stärkere Kooperation der Netzbetreiber den Ausbau voranbringen, argumentierte CDU-Mann Franken.

Werden die Mobilfunkkonzerne Investitionen vermeiden?

In der vorherigen, schwarz-gelben Landesregierung hatte sich Wirtschafts- und Digitalminister Andreas Pinkwart (FDP) immer klar gegen ein verpflichtendes National Roaming ausgesprochen. Es gebe das Risiko, dass Mobilfunkkonzerne nicht in den Netzausbau investieren, wenn sie gezwungen sind, ihre Leistung mit der Konkurrenz zu teilen, lautete sein Argument.

Ähnliche Bedenken brachte die FDP-Abgeordnete Angela Freimuth heute vor: "Ich möchte vermeiden, dass wir hinterher dieses Trittbrettfahrer-Dilemma haben, und jeder Marktteilnehmer darauf wartet, dass der andere schon irgendwie die Investitionen für die grauen oder weißen Flecken vornimmt."  

AfD mit Eigentor

Die AfD schoss scharf gegen die Regierung, insbesondere die CDU, die nun offen fürs National Roaming ist. AfD-Mann Sven Tritschler zitierte aus einer Stellungnahme der damaligen schwarz-gelben Landesregierung vom November vor einem Jahr, in der es hieß: "Für einen schnellen, leistungsfähigen und wettbewerblichen Ausbau in der Fläche ist eine gesetzliche Verpflichtung zu einem National Roaming aus Sicht der Landesregierung (...) hinderlich." Tritschler ätzte in Richtung der CDU: "So kunstvoll umfallen wie sie das tun kann wirklich niemand."

Allerdings scheint ihm dabei entgangen zu sein, dass die AfD selbst noch in ihrem Programm zur NRW-Landtagswahl im Mai offen fürs National Roaming war: "Beim Mobilfunk (...) soll das lokale Roaming als letzte Option verfügbar sein, um im ländlichen Raum die Abhängigkeit von Monopolisten zu reduzieren", hieß es darin.

Digital-Ausschuss an der Reihe

Die AfD stimmte am Ende, ebenso wie die SPD und alle anderen Fraktionen, dafür, den Antrag zur Prüfung an den Digital-Ausschuss zu geben. Dieser soll nun abwägen, inwiefern verbindliches National Roaming eine geeignete Option ist, um Funklöcher in NRW zu stopfen. Kommt der Ausschuss zur Auffassung, dass das Verfahren für NRW sinnvoll ist, will die schwarz-grüne Landesregierung im Bundesrat eine Initiative starten, um National Roaming zu etablieren.

Bereits gestern hatte der Landtag dafür gestimmt, das Förderprogramm für sogenannte "Mobilfunk-Koordinatoren" für Kreise und kreisefreie Städte zu verlängern. Die Koordinatorinnen und Koordinatoren sollen vor Ort in den Kreisen und kreisfreien Städten zwischen den lokalen Behörden und den Mobilfunkkonzernen agieren und beispielsweise dafür sorgen, dass Genehmigungsverfahren für neue Sendetechnik schneller ablaufen.