Krempelt Tech-Riese Microsoft das Rheinische Revier um?
Aktuelle Stunde . 16.02.2024. UT. Verfügbar bis 16.02.2026. WDR. Von Per Quast.
Was die Microsoft-Pläne für den Strukturwandel bedeuten
Stand: 16.02.2024, 16:33 Uhr
Microsoft will im Rheinischen Revier zwei Rechenzentren bauen und plant noch ein drittes. Wo lange Zeit Braunkohle prägend war, geht es nun um KI und Clouds. Ein Schritt Richtung Strukturwandel.
Von Nadja Bascheck
Auf dem Wochenmarkt in Bedburg ist es am Freitagmittag ruhig. Eine Nachricht sorgt hier aber trotzdem für Aufregung: Alle haben mitbekommen, dass Microsoft ein riesiges Rechenzentrum in der Nachbarschaft plant. Auf fast 20 Hektar nahe der Autobahn soll es stehen und ist damit Teil einer Investition des Tech-Giganten. 3,2 Milliarden Euro will das Unternehmen in Deutschland investieren. Ein großer Teil des Geldes geht in die 25.000-Einwohner-Stadt Bedburg.
Bei einer Umfrage auf dem Marktplatz zeigt sich schnell: Die Bedburger freuen sich über die Pläne. "Man muss mit der Zeit gehen", sagt eine Frau. Eine andere hofft auf neue Arbeitsplätze in der Region und dass andere Softwarefirmen nachziehen.
Ein jahrelanger Prozess
Bis die Nachricht die Runde machte, sind über zweieinhalb Jahre ins Land gezogen. Eine Zeit, in der Bürgermeister Sascha Solbach viel zu tun hatte: Bebauungs- und Regionalpläne mussten geändert und jede Menge Fragen beantwortet werden. Ein großes Thema ist zum Beispiel die Energieversorgung.
Bürgermeister Sascha Solbach hofft auf viel Innovationskraft durch die Microsoft Ansiedlung
Solbach sagte in einem Interview bei WDR5, er rechne mit dem Bau noch in diesem Jahr. Und dazu mit mehreren hundert Arbeitsplätzen in den Kommunen Bedburg, Bergheim und Elsdorf, wo die beiden "Hyperscaler", wie die Rechenzentren genannt werden, stehen sollen.
"Gamechanger" in der Braunkohleregion
Solbach ist auch Sprecher der Kommunen, die maßgeblich vom Braunkohleausstieg betroffen sind. Er glaubt, dass die Ansiedlung von Microsoft der "Gamechanger" in der Region sein wird, weil weitere Unternehmen nachziehen würden.
Außerdem würde der Bau der Zentren regionalen Handwerksbetrieben Arbeit verschaffen. Und auch im Bereich Digitalisierung macht sich der Bürgermeister Hoffnung, dass Microsoft neuen Schwung in die Region bringen wird.
Chance und Risiko zugleich
Prof. Holger Hoos beschäftigt sich an der RWTH Aachen mit Künstlicher Intelligenz. Es sei grundsätzlich gut, KI-Infrastruktur im Revier anzusiedeln - von der Kohle zur KI, so sein Credo. Er vermutet, dass sich - bei entsprechender Planung - mit der Zeit ein KI-Ökosystem um eine große Rechenanlage herum bildet, das auch Wirtschaftskraft und Arbeitsplätze mit sich bringt.
Doch der Forscher sieht auch ein Risiko: "Dass im Wesentlichen unsere Wirtschaft sich jetzt zunehmend abhängig macht von amerikanischer KI-Technologie." Es brauche auch europäische Unternehmen und Investitionen.
Region hofft auf weiteren Standort
Neben Bedburg und Bergheim soll noch ein weiteres Rechenzentrum entstehen. Wo genau, das ist noch nicht bekannt. Im Gespräch ist offenbar Grevenbroich. Dirk Brügge, Kreisdirektor vom Rhein-Kreis Neuss, sagte gegenüber dem WDR, insgesamt sei das eine riesige Chance für die Region, selbst wenn es nicht Grevenbroich werden sollte.
Aber allein durch die Nähe zum stillgelegten Kohlekraftwerk Frimmersdorf, wo ein "Digitalpark" entstehen soll, könnte so ein Rechenzentrum zum Meilenstein im Strukturwandel werden.
Über dieses Thema berichten wir am 16. Februar in der "Aktuellen Stunde" im WDR Fernsehen und im "Westblick" auf WDR5.