Mehr als 3.500 Messerattacken in NRW | WDR Aktuell

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Mehr als 3.500 Messerattacken in NRW

Stand: 28.08.2024, 16:31 Uhr

Die Zahl der Messerattacken im öffentlichen Raum nimmt in NRW zu. 2023 gab es landesweit über 1.000 Fälle mehr als im Vorjahr. 15 Menschen wurden dabei getötet. Minister Reul will mehr Prävention und Repression gegen Messergewalt.

Von Martin TeiglerMartin Teigeler

Messerattacken in der Öffentlichkeit nehmen laut Innenminister Herbert Reul (CDU) in Nordrhein-Westfalen zu. Im Jahr 2023 kam es nach seinen Angaben zu 3.536 Fällen. Dies war ein Anstieg von 1.057 Fällen (plus 42,6 Prozent) im Vergleich zum Jahr 2022. Reul stellte am Mittwoch in Düsseldorf ein "Lagebild" zur Messergewalt vor.

Damit lagen die Zahlen in NRW 2023 ungefähr auf dem Niveau des letzten Vor-Corona-Jahres 2019. Damals waren es landesweit 3.420 Messerangriffe in der Öffentlichkeit. In den Jahren vorher waren Messertaten nicht gesondert statistisch erfasst worden.

Die typische Messerattacke in NRW geschieht dem Lagebild zufolge abends oder nachts, oft im Freien - aber auch in Bussen und Bahnen. 15 Menschen starben 2023 in NRW durch Messerattacken. 288 Menschen wurden schwer verletzt, 1.355 leicht verletzt.

Innenminister Reul bei der Vorstellung des Lagebilds Messergewalt

Innenminister Reul bei der Vorstellung des Lagebilds Messergewalt

In "Party-Hotspots" würden junge Menschen "aus scheinbar belanglosen Anlässen immer häufiger zum Messer greifen und dabei Menschen, teilweise sogar tödlich, verletzen", sagte der Innenminister. Das Lagebild sei entstanden, um mehr über diese Taten sowie über Täter und Opfer zu erfahren.

Insgesamt über 6.000 Messerdelikte

Insgesamt wurden im vergangenen Jahr in Nordrhein-Westfalen 6.221 Straftaten mit Messern und sonstigen Stichwaffen in der Kriminalstatistik erfasst - ein deutlicher Anstieg gegenüber dem Vorjahr. Diese Zahl hatte das NRW-Innenministerium bereits im Juni veröffentlicht. Darin sind auch Delikte mit Messern im Privaten - etwa bei häuslicher Gewalt - enthalten.

Täter und Opfer sind meist jung und männlich

Für das "Lagebild" wurden Messerattacken in der Öffentlichkeit genauer unter die Lupe genommen. Ein Ergebnis: Täter und Opfer sind weit überwiegend männlich - und jung. Rund 93 Prozent der Täter und etwa 82 Prozent der Opfer sind männlich. Fast die Hälfte der polizeilich ermittelten Tatverdächtigen war unter 21. Rund 8 Prozent waren Kinder (bis 13 Jahre), 25 Prozent Jugendliche (14 bis 17 Jahre).

45 Prozent der Tatverdächtigen sind Ausländer. 55 Prozent sind deutsche Staatsbürger. Von den "nichtdeutschen" Tatverdächtigen waren etwa 23 Prozent syrische Staatsangehörige. Danch folgten Türken (10 Prozent), Iraker (7,7 Prozent) und Rumänen (6 Prozent).

Reul nannte "Männlichkeits-Gehabe", kriminelle Freundeskreise, Erziehung und bei Geflüchteten aus Kriegs- und Krisengebieten teils auch den Wunsch, sich selbst schützen zu wollen, als Erklärungen für das Tragen von Messern. Solche Erklärungen könnten jedoch keine Rechtfertigung für Gewalt sein, betonte der Minister. In Deutschland liege das Gewaltmonopol beim Staat.

Der Termin der Reul-Pressekonferenz zur Messergewalt stand bereits vor dem Messeranschlag von Solingen fest. Seit der Attacke mit drei Toten und mehreren Schwerstverletzten wird öffentlich intensiv über mögliche staatliche Maßnahmen gegen Messerkriminalität debattiert. Führende Vertreter der Ampelkoalition im Bund wollen das Waffenrecht verschärfen.

Reul stellt Lagebild zur Messergewalt in NRW vor

WDR Studios NRW 28.08.2024 00:22 Min. Verfügbar bis 28.08.2026 WDR Online


Reul forderte eine Versachlichung der Debatte. Man müsse "Anschläge" wie die Tat von Solingen unterscheiden von Delikten etwa an Wochenenden auf Partymeilen. Die Zahl der Anschläge mit Messern lag in NRW 2023 "um die neun", sagte der Innenminister. Angesichts dieser großen Unterschiede bei Quantität und Qualität müsse man genau hinschauen und differenzieren.

Was Reul gegen Messerattacken tun will

Mit einem Mix aus Prävention und Repression will der Minister gegen die alltägliche Messergewalt vorgehen. In Flüchtlingsunterkünften soll die Polizei durch gezielte Ansprache darauf hinweisen, "dass es keinen vernünftigen Grund gibt, im öffentlichen Raum ein Messer mitzuführen und - je nach Bauart und Klingenlänge - diese sogar nach dem Waffengesetz verboten sind", so das Ministerium.

Zudem will Reul Waffentrageverbote für Intensivtäter und mehr mobile Videoüberwachung. Außerdem soll nach Messerstraftaten künftig auch der Verlust des Führerscheins drohen.

Die Opposition forderte weitergehende Maßnahmen gegen Messergewalt. Man müsse "auch ein generelles Verbot von Messern im öffentlichen Raum prüfen, mit Ausnahmen für beispielsweise berufliche Verwendungen", sagte die SPD-Innenexpertin Christina Kampmann. Die FDP im Landtag warf Reul vor, das Thema verschlafen zu haben. Sie forderte eine "deutlich verstärkte Polizeipräsenz in Risikogebieten".

Mitarbeit: Antonie Perscheid

Unsere Quellen:

  • Innenminister Reul bei PK und in Mitteilung
  • Nachrichtenagentur dpa

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