Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Antisemitismusbeauftragte des Landes NRW, bei einer Pressekonferenz in Düsseldorf am 8.11.2023

Leutheusser-Schnarrenberger bedauert Äußerungen zur Versammlungsfreiheit

Stand: 13.11.2023, 16:28 Uhr

Die Äußerung der NRW-Antisemitismus-Beauftragten, Leutheusser-Schnarrenberger, das Recht auf Versammlungsfreiheit einzuschränken, hat für Irritation gesorgt. Die FDP-Politikerin reagierte umgehend.

Nordrhein-Westfalens Antisemitismusbeauftragte Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hat ihre umstrittenen Äußerungen zur Versammlungsfreiheit von Ausländern gerade gerückt. Sie bedaure, mit falschen, missverständlichen Äußerungen für Irritationen gesorgt zu haben, sagte die FDP-Politikerin am Montag der Deutschen Presse-Agentur in Düsseldorf. Sie plädiere keineswegs dafür, das Versammlungsrecht nur Deutschen zuzugestehen. "Natürlich haben Ausländer ein Versammlungsrecht", betonte sie.

Es gehe ihr lediglich darum, dass im Vorfeld noch intensiver geprüft werde, wer eine Versammlung anmelde und ob es Verbindungen zu verbotenen Organisationen oder Hinweise auf frühere antisemitische oder ähnlich problematische Äußerungen gebe. "Und da kann natürlich auch mal ein Migrationshintergrund eine Rolle spielen. Aber doch nicht in dem Sinne, dass sie kein Versammlungsrecht haben, sondern dass das in der Prüfung bei einer Anzeige einer Versammlung eben von der Polizei mit in den Blick genommen werden muss."

Die frühere Bundesjustizministerin hatte sich am Sonntag im WDR-Magazin Westpol zum Versammlungsrecht geäußert. Darin sagte sie: "Wenn die Versammlung in NRW angemeldet wird, dann muss geprüft werden, wie die Staatsangehörigkeit ist, denn das ist eines der wenigen Grundrechte, das nur Deutschen zusteht."

SPD-Opposition begrüßt Klarstellung

Die SPD-Opposition im Landtag gestand der Beauftragten zu: "Da hat Frau Leutheusser-Schnarrenberger noch die Kurve gekriegt." Es spreche für ihre Größe, dass sie ihren Fehler sofort erkannt und eingeräumt habe, lobte der SPD-Abgeordnete Sven Wolf. In der Westpol-Sendung hatte sich Leutheusser-Schnarrenberger auf Artikel 8 des Grundgesetzes bezogen: "Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln." Im gleichen beitrag hatte NRW-Justizminister Benjamin Limbach (Grüne) der FDP-Politikerin widersprochen und betont, dass das Versammlungsgesetz in NRW für alle gelte, unabhängig von der Staatsangehörigkeit.

Leutheusser-Schnarrenberger gibt Limbach Recht

Ein generelles Versammlungsverbot wäre "das Allerletzte, was ich vertrete", stellte Leutheusser-Schnarrenberger am Montag gegenüber der dpa klar. Limbachs Reaktion auf ihre Äußerung bei "Westpol" sei aber verständlich. "Der Justizminister hat recht. Natürlich können Ausländer Versammlungen beantragen und daran wollen wir auch überhaupt nichts ändern. Ganz bestimmt nicht", versicherte die Liberale. Auch wenn im Artikel 8 des Grundgesetzes im damaligen historischen Kontext ein Recht der Deutschen formuliert worden sei, sei in der Versammlungsgesetzgebung der Länder, die seit 2006 die Zuständigkeit dafür hätten, von allen Menschen die Rede. Insofern gebe es deswegen jetzt keinen akuten Änderungsbedarf am Grundgesetz.

Wenn es denn aber überarbeitet werde, "dann könnte man da auch statt 'alle Deutschen' einfach 'alle' schreiben - so wie es in den anderen Grundrechten auch der Fall ist". Ihre Sorge, dass vermeintlich harmlose Versammlungen am Ende zu antisemitischen Kundgebungen ausufern könnten, sei nach den Erfahrungen mit der Demonstration in Essen entstanden, erläuterte die Juristin.

Ermittlungen nach Pro-Palästina-Demo in Essen

Die Versammlung war Anfang November als Pro-Palästina-Kundgebung angemeldet worden. Jetzt läuft gegen den Versammlungsleiter ein Strafverfahren wegen Volksverhetzung. Ihr Appell, bei den Anmeldungen genauer hinzuschauen, sei keine Kritik an der Polizei, unterstrich Leutheusser-Schnarrenberger. Die Polizei gehe in sehr vielen Fällen professionell mit diesem schwierigen Umfeld um.

In NRW habe die Polizei bereits Listen mit verbotenen Bezeichnungen, die etwa in ausländischen Schriftzeichen auf Plakaten auftauchen könnten. Außerdem hätten die Beamten Zugang zu Übersetzungsdiensten und zu Islamwissenschaftlern. Dennoch sei es "aller Mühen wert", diese Aufklärungsarbeit zu intensivieren, unterstrich die Antisemitismus-Beauftragte.

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