NRW-Landtag konstituiert - Parlamentspräsident wiedergewählt
Stand: 01.06.2022, 18:24 Uhr
Der neue Landtag wählte am Mittwoch bei seiner ersten Sitzung sein neues Präsidium. Landtagspräsident André Kuper (CDU) wurde im Amt bestätigt. Auch eine Diätenerhöhung stand auf der Tagesordnung.
Von Martin Teigeler
Der neu gewählte Landtag von Nordrhein-Westfalen hat sich am Mittwoch konstituiert. In Düsseldorf wählten die 195 Abgeordneten unter anderem ein neues Präsidium. Die Christdemokraten stellen als stärkste Fraktion weiter den Landtagspräsidenten. Der CDU-Politiker André Kuper aus Rietberg wurde mit 178 von 195 Stimmen wiedergewählt. Es gab 14 Nein-Stimmen und drei Enthaltungen.
Kuper mahnte in einer kurzen Rede eine respektvolle Diskussionskultur an. In der vergangenen Legislatur habe der Landtag so viele Rügen und Ordnungsrufe aussprechen müssen wie nie zuvor in einer Wahlperiode.
AfD scheitert erneut
Die drei Vizeposten im Präsidium gingen an Ex-SPD-Landesarbeitsminister Schmeltzer (152 Stimmen), die grüne Innen- und Integrationspolitikerin Berivan Aymaz (170 Stimmen) sowie den bisherigen FDP-Fraktionschef Christof Rasche (161 Stimmen). Die AfD schickte Daniel Zerbin ins Rennen gegen Aymaz - ohne Erfolg, er bekam nur 13 Stimmen. Zuvor wiesen die anderen Fraktionen, wie schon in der letzten Wahlperiode, einen AfD-Antrag ab, einen Vize-Posten mehr zu schaffen. Wie im Bundestag ist die AfD damit auch im NRW-Landtag weiter nicht im Parlamentspräsidium vertreten.
Diätenerhöhung ab 1. Juli
In der ersten Sitzung der 18. Legislaturperiode stand auch eine Erhöhung der Abgeordnetendiäten auf der Tagesordnung. Demnach werden die monatlichen Bezüge zum 1. Juli um rund 237 auf knapp 9.840 Euro erhöht. Der Beitrag zur Finanzierung der Alters- und Hinterbliebenenversorgung steigt um 3,5 Prozent auf rund 2.539 Euro. Die Anpassung orientiert sich an Berechnungen des Statistischen Landesamts zur allgemeinen Lohn- und Gehaltsentwicklung sowie Veränderungen der Lebenshaltungskosten und Einzelhandelspreise im Vorjahr.
Untersuchungsausschuss soll weitermachen
CDU, SPD, Grüne und FDP beschlossen zudem einen gemeinsamen Antrag für die Wiedereinsetzung des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses "Kindesmissbrauch". Dies hatten die Fraktionen schon 2021 angekündigt - unabhängig davon, wie das Wahlergebnis ausfallen würde.
Anders ist das beim Untersuchungsausschuss zur Flutkatastrophe vom vergangenen Sommer. Die SPD im Landtag will ihn nicht verlängern. Der SPD-Abgeordnete André Stinka erklärte dazu, dass die bisherigen Erkenntnisse die Versäumnisse der schwarz-gelben Landesregierung "umfassend offengelegt" hätten. Aus diesen müssten jetzt die richtigen Schlüsse gezogen werden. Aus der CDU-Fraktion hieß es dazu nur, man habe die Aussage der SPD zur Kenntnis genommen. Die Grünen haben noch keine finale Haltung. Es gilt aber als sehr unwahrscheinlich, dass sie den Untersuchungsausschuss wieder aufleben lassen wollen.
Mahnende Worte des Alterspräsidenten
Der 69-jährige Alterspräsident Herbert Reul (CDU) sprach zu Beginn der Plenarsitzung die geringe Wahlbeteiligung bei der Landtagswahl im Mai an: "Mich besorgt sehr, das sich viele Bürgerinnen und Bürger von der Politik, vom demokratischen Prozess zunehmend entfernen." Innenminister und Landtags-Rückkehrer Reul, der bereits von 1985 bis 2004 Mitglied des Landtags in NRW war, rief die Abgeordneten auf, stärker auf skeptische Bürger zuzugehen. "Wir müssen da besser werden." Er schließe sich dabei ein. Zugleich verurteilte Reul Hass, Rassismus und antidemokratische Haltungen.
Niedrigste Wahlbeteiligung seit Bestehen des Landes
Mit rund 55 Prozent lag die Wahlbeteiligung bei der Landtagswahl am 15. Mai 2022 auf dem niedrigsten Niveau seit Bestehen des Landes Nordrhein-Westfalen. Bei der ersten NRW-Wahl im Jahr 1947 stimmten rund 67 Prozent der Wahlberechtigten ab. Das stärkste Interesse am Landesparlament gab es 1975 mit etwa 86 Prozent.
Die CDU hatte bei der Wahl deutlich vorn gelegen. Von den insgesamt 195 Sitzen im Landtag entfallen 76 auf die Christdemokraten und 56 auf die SPD. Die Grünen haben 39 Mandate. Jeweils zwölf Sitze gehen an FDP und AfD. Die seit 2017 amtierende schwarz-gelbe Landesregierung hat damit keine Mehrheit im neuen Landesparlament.
CDU und Grüne führen seit Dienstag Koalitionsverhandlungen. Falls sie sich zügig einigen, könnte der Ministerpräsident noch in einer der letzten regulären Plenarsitzungen vor der Sommerpause zwischen dem 22. und 24. Juni gewählt werden. Allerdings könnten die Fraktionen auch jederzeit eine Sondersitzung dazu beantragen. Rechnerisch möglich wären neben Schwarz-Grün auch eine Ampel oder eine große Koalition. Bis zur Bildung einer neuen Landesregierung bleibt das bisherige Kabinett geschäftsführend im Amt.