Es ist schon eine Überraschung: Sarah Philipp und Achim Post hatten bis zur Präsentation nur die wenigsten auf dem Zettel. Aber am Ende wirken sie wie die logischen Personen. Ihre Wahl auf dem Parteitag im August dürfte eine Formsache werden.
Post ist NRW-Landesgruppenchef der SPD-Bundestagsfraktion. Er sitzt bei den wichtigen Entscheidungen der SPD-geführten Bundesregierung mit am Tisch - was den Weg zwischen Berlin und dem mächtigen NRW-Verband drastisch verkürzt. Genau hier gibt es durchaus mal kulturelle Unterschiede - und nicht erst in den letzten Jahren . Oder wie es ein ehemaliger Spitzenfunktionär mal sagte: Der rheinisch-westfälische Polit-Stil aus NRW kommt in Berlin nicht immer gut an. Hier könnte Achim Post ein Mittler werden.
Noch wichtiger ist die Rolle Sarah Philipps. Sie sitzt im Landtag, ist nah am Düsseldorfer Polit-Geschehen und kann sich mit dem neuen Fraktionschef Jochen Ott gemeinschaftlich als Gegenmodell zur schwarz-grünen Landesregierung anbieten.
Der Hinterzimmer-Vorwurf
Beide Positionen wirken daher nachvollziehbar besetzt. Und dennoch wirft das ganze Prozedere Fragen auf. Wieso hat man so lange - über drei Monate - für die Erkenntnis gebraucht, dass die Schlüsselpositionen nur über Land- und Bundestag führen können? Warum hat man über Wochen in kleinen Runden taktieren müssen, wann sich wer und wie traut, zu kandidieren?
Christoph Ullrich, WDR Landespolitik
Der zwischenzeitliche Vorwurf, die SPD suche sich die neue Führungsmannschaft im Hinterzimmer, gewann so stetig neue Nahrung. Und wo bleibt der gemeinsame, inhaltliche Nenner, den die SPD so dringend nach der Wahlschlappe bei der Landtagswahl braucht?
Niederlage für Marc Herter
In dieser Hinsicht ist der Prozess auch ein Stück weit eine Niederlage für den SPD-Übergangschef Marc Herter. Der Oberbürgermeister der Stadt Hamm hatte im März übernommen, als Thomas Kutschaty hingeschmissen hatte. Mit dem mächtigen SPD-Bezirk Westliches Westfalen im Rücken war der Weg für ihn eigentlich frei, der kommende starke Mann der Partei zu werden. Am Ende kandidiert er aber nicht.
Weil es ihm nicht gelang, für sich eine Konstellation zu finden, Oberbürgermeister und SPD-Chef zu sein. Auch wenn er stets betonte, sein Platz sei in Hamm, so waren seine Ambitionen unverkennbar, die strauchelnde NRW-SPD verantwortlich zu gestalten. Das machen bald andere - und die werden genau hinschauen, wer bei der nächsten Landtagswahl in vier Jahren die CDU im Kampf um die Staatskanzlei herausfordern wird.
Über das Thema berichtet der WDR am 19.06.23 u.a. im Westblick auf WDR 5