Knapp ein Jahr nach Bildung der ersten schwarz-grünen Koalition in Nordrhein-Westfalen ist die Mehrheit der Befragten im Bundesland unzufrieden mit der Arbeit der Landesregierung. Das ist das Ergebnis des NRW-Trends, den Infratest dimap im Auftrag des WDR-Magazins Westpol vom 12. bis 15. Juni 2023 erhoben hat. Ähnlich wie bei der letzten Umfrage im Oktober 2022 sind nur 41 Prozent der Wahlberechtigten zufrieden (-1), während die Unzufriedenheit auf 55 Prozent wächst (+4).
Mehrheit der Befragten in NRW mit der Arbeit der Landesregierung unzufrieden
Wie bereits im Herbst schneidet die schwarz-grüne Landesregierung damit weiterhin schlechter ab als die schwarz-gelbe Vorgängerregierung im Vorfeld der Landtagswahl im Mai letzten Jahres. Das gilt auch mit Blick auf einzelne Politikbereiche: Hier überwiegt in allen abgefragten Themenfeldern die Kritik.
Zufriedenheit mit der Arbeit der Landesregierung
Unzufrieden sind die Nordrhein-Westfalen insbesondere mit der Verkehrsinfrastruktur des bevölkerungsreichsten Bundeslandes. Mit den Anstrengungen der Landesregierung bei der Sanierung des Straßen- und Schienennetzes ist nur jeder Sechste zufrieden (16 Prozent eher zufrieden/82 Prozent eher unzufrieden). Ausgesprochen kritisch werden auch die Schul- und Bildungspolitik (18 zu 72 Prozent) sowie die Energiepolitik (22 zu 72 Prozent) der Landesregierung bewertet.
Zufriedenheit mit Landesregierung bei Bildung & Verkehr gesunken
Die umwelt- und klimapolitischen Maßnahmen der Landesregierung (29 zu 67 Prozent) und ihre Bemühungen zur Integration von Flüchtlingen (29 zu 64 Prozent) finden nur bei drei von zehn Wahlberechtigten Unterstützung, mehrheitlich werden sie nicht als zufriedenstellend erachtet.
Zufriedenheit mit Landesregierung bei Kriminalität & Umwelt gesunken
Kritik nimmt in allen Politikbereichen zu
Im Vergleich zu April 2022 und der damaligen schwarz-gelben Landesregierung hat die Kritik an den Regierungsleistungen damit in allen Politikbereichen zugenommen. Angesichts steigender Flüchtlingszahlen gilt dies insbesondere für den Bereich der Flüchtlingsintegration. Im April 22 war bei diesem Thema mit 52 Prozent die Mehrheit der Befragten noch zufrieden mit der Arbeit der Landesregierung.
Zufriedenheit mit Landesregierung bei der Integration gesunken
Am ehesten überzeugt die schwarz-grüne Landesregierung noch bei Fragen der inneren Sicherheit. 45 Prozent der Bürgerinnen und Bürger in Nordrhein-Westfalen sind zufrieden mit der Bekämpfung von Kriminalität und Verbrechen im Bundesland, allerdings überwiegt auch hier inzwischen die Kritik (51 Prozent).
Kabinett: Reul mit mehr Zuspruch als Wüst
Ministerpräsident Hendrik Wüst überzeugt aktuell knapp die Hälfte der Bürgerinnen und Bürger in Nordrhein-Westfalen (45 Prozent, -6 zu Oktober 2022) und hat damit seit Herbst an Rückhalt verloren. Ein Drittel der Bürgerinnen und Bürger (34 Prozent) ist derzeit weniger oder gar nicht zufrieden mit seiner politischen Arbeit.
Zufriedenheit mit der Arbeit von Ministerpräsident Hendrik Wüst
Im bundesweiten Vergleich der Ministerpräsidenten schneidet Hendrik Wüst eher unterdurchschnittlich ab und in Nordrhein-Westfalen liegt er knapp hinter seinem Innenminister Herbert Reul.
Zufriedenheit mit der Arbeit von Innenminister Herbert Reul, Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann und Bildungsministerin Dorothee Feller
Der seit 2017 amtierende Innenminister bekommt ähnlich wie vor der Landtagswahl 2022 derzeit von 48 Prozent (+2 Punkt zu Mai 2022) Zuspruch. 21 Prozent üben Kritik an seiner Arbeit. CDU Arbeits- und Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann wird von 41 Prozent für seine politische Arbeit gelobt.
Grüne Kabinettsmitglieder überzeugen nicht
Der Grünen-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur stellt nach einem Jahr Amtszeit nur knapp jeder Vierte ein gutes Zeugnis aus (24 Prozent; -3 zu Oktober 2022), 30 Prozent (+3) üben Kritik. Knapp die Hälfte der Befragten (46 Prozent) traut sich kein Urteil über ihre Arbeit zu.
Zufriedenheit mit der Arbeit von Wirtschaftsministerin Mona Neubaur, Verkehrsminister Oliver Krischer und Integrationsministerin Josefine Paul
Die übrigen Kabinettsmitglieder sind mit noch erheblicheren Bekanntheitsdefiziten konfrontiert. Bei denen, die sich ein Urteil erlauben, überwiegt die Unzufriedenheit. Dies gilt für CDU-Bildungsministerin Dorothee Feller (11 zu 29 Prozent) ebenso wie für die Grüne Familien- und Integrationsministerin Josefine Paul (10 zu 21 Prozent) und den Grünen-Umweltminister Oliver Krischer (12 zu 18 Prozent).
Sonntagsfrage: AfD mit Rekordwert
Wenn an diesem Sonntag ein neuer Landtag in Nordrhein-Westfalen gewählt würde, käme die CDU wie bei der letzten Umfrage im Oktober auf 32 Prozent (+/-0) und wäre damit klar stärkste Kraft. Die Grünen als kleiner Koalitionspartner müssten dagegen deutliche Verluste verbuchen (-6) und kämen nur noch auf 16 Prozent. Zweitstärkste Kraft im Land wäre damit trotz leichter Verluste (-1) weiter die SPD mit 22 Prozent. Die größten Gewinne seit Oktober (+6) könnte die AfD verbuchen, die mit 15 Prozent auf ihren besten bisher im NRW-Trend gemessen Wert kommt. Die FDP käme auf 6 Prozent (+1), die Linke wäre mit 3 Prozent nicht im Landtag vertreten. Die sonstigen Parteien kämen zusammen auf 6 Prozent.
Sonntagsfrage: CDU weiter stärkste Kraft
Obwohl CDU und Grüne jeweils hinter ihr Ergebnis bei der Landtagswahl im Mai 2022 zurückfallen, würden auch die aktuellen Zustimmungswerte für eine schwarz-grüne Mehrheit im Düsseldorfer Landtag reichen.
Kanzlerkandidatenfrage: Wüst in NRW klar vor Merz
Als mögliche Kanzlerkandidaten der Union bei der nächsten Bundestagswahl werden aktuell neben dem CDU-Bundesvorsitzenden Friedrich Merz die Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen Hendrik Wüst, Markus Söder aus Bayern und Daniel Günther aus Schleswig-Holstein gehandelt. In Nordrhein-Westfalen überzeugt davon am ehesten der amtierende Ministerpräsident: 40 Prozent der Befragten halten Hendrik Wüst für einen geeigneten Kanzlerkandidaten. Ebenso viele (41 Prozent) sind allerdings gegenteiliger Auffassung.
Den Sauerländer Friedrich Merz sehen 29 Prozent als geeignet an, bei 60 Prozent überwiegt die Skepsis. Auf ähnliche Zustimmungswerte kommt der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (30 zu 60 Prozent). Daniel Günther überzeugt ein knappes Fünftel (18 zu 33 Prozent). Die Hälfte der Bevölkerung in Nordrhein-Westfalen (49 Prozent) kann oder möchte sich über den Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein allerdings kein Urteil erlauben.
Mögliche Kanzlerkandidaten der Union: Wüst vor Merz
Auch in den Reihen der CDU-Anhänger genießt Hendrik Wüst mit 59 Prozent eine höhere Unterstützung als Friedrich Merz (49 Prozent), Markus Söder (40 Prozent) und Daniel Günther (22 Prozent).
Mögliche Kanzlerkandidaten der Union: Wüst auch unter CDU-Anhängern vorn
Windkraft: Akzeptanz für geringeren Abstand wächst
In Nordrhein-Westfalen dürfen Windräder im Regelfall bislang nicht näher als in 1.000 Meter Entfernung zu Wohngebäuden errichtet werden. Die schwarz-grüne Landesregierung will diesen Mindestabstand verringern. Windräder auch in geringerem Abstand zu erlauben, findet bei der Hälfte der Menschen in Nordrhein-Westfalen Unterstützung, die andere Hälfte hält das Vorhaben hingegen für falsch (49 zu 47 Prozent).
Abstand Windräder zu Wohngebäuden: Akzeptanz wächst
In den letzten eineinhalb Jahren ist die Akzeptanz für geringere Abstände allerdings gewachsen. Im Januar 2022 hatten noch 57 Prozent der Befragten geringere Abstände als 1000 Meter abgelehnt, 39 Prozent zeigten sich offen dafür.
Wirtschaftslage wird besser bewertet als im Oktober
Die gegenwärtige Wirtschaftslage wird in Nordrhein-Westfalen besser bewertet als im vergangenen Herbst, das kritische Urteil überwiegt jedoch weiter. Derzeit schätzen vier von zehn Bürgerinnen und Bürger (41 Prozent, +8 im Vergleich zu Oktober 2022) die Wirtschaftslage im Bundesland als sehr gut oder gut ein, mehr als die Hälfte (55 Prozent, -10) bewertet die ökonomische Situation hingegen kritisch. Die wirtschaftliche Stimmung fällt damit in Nordrhein-Westfalen besser aus als in Deutschland insgesamt (29 zu 69 Prozent; vgl. DeutschlandTREND Juni 2023).
Wirtschaftliche Lage besser bewertet als im vergangenen Herbst
Für den NRW-Trend hat Infratest dimap vom 12. bis 15. Juni 2023 1.159 Wahlberechtigte telefonisch (681) und online (478) befragt. Ihre Antworten sind repräsentativ für alle Wahlberechtigten.
Über den NRW-Trend berichtet der WDR u.a. in der Sendung Westpol am Sonntag.