Es ist verdammt heiß an der Playa de Palma in diesen Tagen. Die Touristen tragen tagsüber kurze Hosen und T-Shirt – wenn überhaupt. Oberkommissarin Laura Türk (31) dagegen geht mit ihrer weißen Schirmmütze, der dicken Schutzweste und ihrer festen Hose Streife. Auf dem Rücken steht "Polizei". Die junge Beamtin fällt auf, hier an der Playa de Palma – genauer gesagt am Ballermann. Dem Sehnsuchtsort von Kreisligakickern und Kegelvereinen.
Gerade hat Laura Türks spanischer Kollege den Polizeiwagen am Partytempel "Megapark" abgestellt. Die Streife der beiden beginnt. Die Kölner Polizeioberkommissarin ist für drei Wochen entsandt nach Mallorca. Sie spricht fließend spanisch, hatte sich nach einem Tipp ihrer Chefin auf den Auslandsjob beworben. Die Balearen kannte sie bisher nur als Urlauberin. Jetzt ist sie mit Dienstwaffe und Handschellen an der Strandpromenade unterwegs.
Zwischen "Megapark" und Schinkenstraße
Ihr Revier: Der Bereich zwischen "Megapark" und Schinkenstraße. Der kurze Abschnitt ist fest in der Hand deutscher Touristen. Die Discos hier heißen "Bierkönig" oder "Oberbayern". Der Spitzname "Ballermann 6" leitet sich von einer Strandbude mit dem Namen "Balneario 6" ab. Nach wenigen Minuten spricht die erste Gruppe junger Männer die Polizistin an. Einem von ihnen ist das Handy gestohlen worden. Laura Türk gibt dem Diebstahls-Opfer eine Telefonnummer, unter der er schon mal Anzeige erstatten kann. Die Bestätigung muss er dann später auf der Wache abholen. "Super, voll cool", bedankt sich der junge Mann. Seine Kumpels klopfen ihm auf die Schulter. Die deutsche Polizei, dein Freund und Helfer – und das hier am Strand von Mallorca.
Anstrengend aber voller Spaß
Laura Türk, die in Köln im Brennpunkt Chorweiler arbeitet, genießt den Umgang mit der dankbaren Kundschaft. Das kennt sie von zu Hause anders. Wie verläuft eine typische Schicht an der Playa? Laura Türk wird Morgens am Hotel abgeholt, von der Wache – einige hundert Meter vom Ballermann entfernt – geht es dann auf Streife: "Wir laufen viel zu Fuß, wir werden dann angesprochen, wir nehmen natürlich auch Einsätze wahr und ja so vergehen schnell mal acht Stunden. Die Arbeit ist zwar anstrengend, aber es macht großen Spaß."
Ballermann-Meile auf Mallorca
Javier Martin ist Laura Türks Vorgesetzter während ihrer Zeit bei der spanischen Polizei. Martin ist begeistert von dem Austausch, den es in Europa schon länger aber für Mallorca seit 2020 gibt: "Wenn die Deutschen hier an der Playa de Palma einen ihrer Polizisten sehen, ist es tatsächlich oft hilfreich, weil sie Probleme lösen können und sie beispielsweise Menschen daran hindern, eine Straftat zu begehen. Oder ihnen, wenn sie Opfer sind, in ihrer eigenen Sprache geholfen werden kann, um das Problem so schnell wie möglich zu lösen."
Tourist: "Ist ja wirklich wie zu Hause hier."
Apropos Problem: Ein Ehepaar aus Gummersbach spricht Laura Türk an. Die beiden sind am Vortag gelandet, haben ihren Rucksack im Taxi vergessen. Nun versucht das Paar verzweifelt, jemanden bei der Taxizentrale zu erreichen. Der spanische Streifenpartner der deutschen Polizistin hat eine besondere Telefonnummer für Behörden, hängt aber auch in der Warteschleife. Also geht er auf einen Taxifahrer zu, der soll sich umhören. Die Touristen aus Gummersbach sind dankbar. Auch wenn sie sich nicht allzu viele Hoffnungen machen. Dass eine deutsche Polizistin am Ballermann patrouilliert, finden sie klasse – ihr Sohn ist zufällig auch bei der Polizei.
Inzwischen ist die deutsch-spanische Doppelstreife an der Schinkenstraße angekommen. Die heißt eigentlich Carrer del Pare Bartomeu Salva – wird von den einheimischen Polizisten aber auch nach dem deutschen Spitznamen Calle del Jamón genannt. "Abends sind hier so viele Menschen, da sieht man keine Straße mehr", sagt Laura Türk. An diesem heißen Vormittag ist hier kaum was los. Die Straßenhändler mit ihren Sonnenbrillen und Hüten trollen sich. Aus den angrenzenden Kneipen gucken deutsche Touristen der Kölner Polizistin ungläubig hinterher. Einer ruft lachend: "Ist ja wirklich wie zu Hause hier."
Selfie mit der "vollen Polizistin"
Nachts ist die Streife nicht so entspannt. "Am anstrengendsten ist die Spätschicht", sagt Laura Türk: "Weil viel zu tun ist und der Alkoholpegel auch steigt. Mit steigendem Alkoholpegel werden die Leute unaufmerksamer und lassen ihre Sachen gerne mal am Strand liegen, gehen dann ins Wasser und dadurch wird extrem viel geklaut. Das wird sehr ausgenutzt hier auf der Insel."
Foto mit Kölner Polizistin
Erwischt Laura Türk einen Täter, darf sie ihn festnehmen. Die deutsche Polizistin hat für ihre Zeit an der Playa de Palma von der spanischen Regierung alle hoheitlichen Rechte bekommen, die sie für ihren Job braucht. Sie ist auf Mallorca eine "volle Polizistin", wie sie selber sagt. Aber eben auch eine Besonderheit. Alle paar Meter wird sie angesprochen, manchmal sogar von Deutschen auf englisch – weil die Touristen gar nicht glauben können, dass die Beamtin echt ist. Auf dem Rückweg zum Streifenwagen haut ein junger Mann ohne T-Shirt die Polizistin an: "Darf ich ein Foto machen?" Klar, nur der spanische Kollege – der will nicht mit drauf. Der deutsche Tourist legt grinsend seine Handgelenke aneinander, als hätte er Handschellen an. Die Polizistin aus Deutschland lächelt mit ihm in die Kamera, ein Kumpel hält drauf.
38 Polizeikräfte aus NRW in Spanien
"Die Leute sind echt entspannt hier", sagt die Oberkommissarin. "Ich finde das super." Übrigens: So wie die junge Frau aus Köln sind einige Polizistinnen und Polizisten aus NRW im Auslandseinsatz für Touristen. Laut Innenministerium sind in diesem Jahr alleine in Spanien 38 – die zum Beispiel auf Teneriffa, Gran Canaria oder in Santiago de Compostella am Jakobsweg unterwegs. "Außer nach Spanien sind und werden 25 weitere Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte nach Frankreich entsandt, um auch dort die Nationalpolizei, die Gendarmerie und auch die Pariser Stadtpolizei zu unterstützen", so eine Sprecherin des Innenministeriums. Laura Türk hat nur noch wenige Tage Dienst auf Mallorca. Für sie steht aber bereits fest: Sie würde sich auf jeden Fall noch einmal bewerben.
Über dieses Thema berichten wir auch im Landesmagazin Westblick, WDR 5 ab 17.04 Uhr.