Naht der Tag der Geburt, kann eine schwangere Frau in einer der größeren Städte NRWs relativ sicher sein, ein gutes Krankenhaus zu finden - und hat dabei meistens noch die Wahl zwischen mehreren Kliniken. In ländlichen Regionen oder kleineren Gemeinden sieht das schon ganz anders aus. Dort müssen Schwangere oft weite Wege ins nächste Krankenhaus mit Geburtsstation fahren, vielerorts stehen diese Abteilungen mangels Geld sogar kurz vor der Schließung.
"Werdende Eltern wurden in den letzten Jahren durch die fortschreitende Schließung von Geburtsstationen in höchstem Maße verunsichert", stellt der Deutsche Hebammenverband fest. Dabei hätten gebärende Frauen "Anspruch auf eine selbstbestimmte, schnell erreichbare Versorgung" und müssten sich auf die bestmögliche Versorgungsqualität für ihre Kinder verlassen können.
Überbrückungshilfe bis zur Krankenhausreform
Besserung soll die groß angelegte, für 2024 geplante Krankenhausreform bringen. Um die Zeit bis dahin zu überbrücken, will das Land NRW jetzt insgesamt 25 Millionen Euro an 38 ausgewählte Krankenhäuser auszahlen. Mit dem Geld, das vom Bund kommt, soll die Geburtshilfe auch in ländlichen Regionen wieder auf stabilere Beine gestellt werden.
Der jetzt angekündigte kleine Geldsegen für 38 Kliniken sei "ein großer Schritt in die richtige Richtung", sagt Barbara Blomeier, Vorsitzende des Hebammenverbands NRW: Auf der Liste stünden viele Häuser, "die nach unserer Kenntnis von Schließung bedroht sind, viele Häuser auch in unterversorgten Regionen wie Sauerland oder Eifel".
Kliniken auf dem Land mit bedacht
So soll die Geburtshilfestation der Eifelklinik St. Brigida in Simmerath rund 530.500 Euro in diesem Jahr erhalten. An das St. Josefs-Hospital in Lennestadt sollen rund 682.000 Euro und an Städtische Krankenhaus MariaHilf in Brilon rund 892.000 Euro gehen. Beide sind für schwangere Frauen jeweils aus dem weiten Umland das einzige Geburtskrankenhaus.
NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) wies auf die große Bedeutung von Geburtshilfekliniken hin. "Aufgrund ihrer hohen Vorhaltekosten sind sie jedoch häufig unterfinanziert und müssen von anderen Fachabteilungen mitfinanziert werden", sagte er.
Hebammenverband: Anregungen wurden aufgenommen
Noch vor wenigen Tagen hatte der Landesverband der Hebammen Gespräche mit dem Ministerium geführt. "Unsere Anregung, Häuser mit hohem Anteil an 'normalen' Geburten und mit Ausbildungsplätzen für werdende Hebammen zu bedenken, wurde aufgenommen", sagt die Vorsitzende Blomeier. Allerdings seien auf der Liste auch große Krankenhäuser, wie die Uniklinik Münster, die ihrer Meinung nach weniger in Bedrängnis seien als andere, kleinere Häuser. Auch das St. Vincenz-Krankenhaus in Paderborn habe eine eigenen Kinderklinik angeschlossen und sei damit weit besser versorgt als viele andere Häuser, die teils vor der Schließung stünden. Beide Kliniken soll jeweils rund 460.300 Euro in diesem Jahr erhalten.
Die 38 Krankenhäuser seien nach Vorgaben des Bundes ausgewählt worden, erklärt das Gesundheitsministerium: Der Großteil der Fördermittel – etwa 15 Millionen Euro – seien nach Anzahl der Geburten verteilt worden. Geburtshilfen mit weniger als 600 Geburten hätten eine höhere Förderung pro Geburt erhalten als Krankenhäuser mit mehr Geburten.
Gemäß den Vorgaben des Bundes sind nur Krankenhäuser förderberechtigt, deren Fachabteilung Geburtshilfe als "bedarfsnotwendig" gilt. Das ist dann der Fall, wenn bei ihrem Wegfall mindestens eine Frau im Alter zwischen 15 und 49 Jahren eine Autofahrt von mehr als 40 Minuten bräuchte, um das nächste geeignete Krankenhaus zu erreichen.
Wie wird das Geld verwendet?
Kreißsaal im Klinikum Leverkusen
"Die spannende Frage", sagt Blomeier, "wird nun sein, wie die Kliniken mit dem Geldsegen umgehen und wie nachgehalten wird, dass sie wirklich in den Erhalt der Geburtshilfe investiert haben". Die Befürchtung des Verbands: Ohne genaue Auflagen könnte manche Klinik das Geld "in schicke neue Geräte" oder einen Neuanstrich des Kreißsaals stecken.
Sinnvoll sei dagegen beispielsweise, wenn von dem Geld ein Putzdienst finanziert würde, der die Hebammen im Kreißsaal entlastet. Eine Vollzeit-Hebamme kostet eine Klinik nach Auskunft des Hebammenverbands mindestens 60.000 Euro pro Jahr.
Verwendungszweck gesetzlich vorgeschrieben
Die meisten der Kliniken, die auf der Liste des Gesundheitsministeriums stehen, wussten am Montag noch gar nichts von ihrem Glück - und konnten auf Nachfrage auch noch nicht sagen, wozu sie das Geld verwenden würden. Das Gesundheitsministerium erklärte dazu am Montag: Laut Gesetz dürfte das Geld nur "für die Finanzierung von voll- und teilstationären Leistungen der Geburtshilfe" verwendet werden. Krankenhäuser müssten die zweckentsprechende Verwendung jährlich nachweisen. "Wurden Mittel nicht zweckentsprechend verwendet, sind diese zurückzuzahlen."