Geflüchtete sollen schneller in Arbeit kommen

Stand: 15.12.2023, 16:07 Uhr

Allerorts fehlen Arbeitskräfte, während in Flüchtlingsheimen Menschen sitzen, die arbeiten könnten - aber ewig auf eine Erlaubnis warten. NRW will diesen Prozess jetzt beschleunigen.

Von Nina Magoley

Arbeitskräfte fehlen derzeit an allen Ecken und Enden: Ob in Handwerksbetrieben, in der Pflege oder im IT-Bereich. Viele Unternehmen haben große Not, genügend Mitarbeiter oder Azubis zu finden, um ihren Betrieb überhaupt aufrecht erhalten zu können. Dass Geflüchtete hier als Arbeitskräfte Abhilfe schaffen könnten, wird schon lange diskutiert. Doch die Hürden der Bürokratie machen es offenbar schwierig, das schnell umzusetzen.

NRW-Flüchtlingsministerin Josefine Paul (Grüne) hat daher eine Initiative in den Bundesrat eingebracht, die es erleichtern soll, Fachkräfte aus den Reihen der Geflüchteten in den Arbeitsmarkt zu bringen. Die Entschließung trägt den Bandwurmtitel "Die Fachkräftegewinnung und Arbeitsmarktintegration stärken und optimieren" und wurde am Freitag vom Bundesrat mehrheitlich beschlossen.

Paul: Fachkräftemangel konkretes Risiko für Wohlstand

Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung habe errechnet, dass Deutschland ohne Einwanderung bis 2035 sieben Millionen Personen auf dem Arbeitsmarkt fehlen würden, sagte Paul in der Länderkammer. "Das bedeutet ein konkretes Risiko für unseren Wirtschaftsstandort, unseren Wohlstand und die Zukunftsfähigkeit unseres Landes."

Schon im Oktober hatte NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) bei der Vorstellung des Konjunkturberichts NRW eine bemerkenswerte Erkenntnis geliefert: Seit Beginn des Jahres werde die steigende Beschäftigung in Deutschland "nur noch von Menschen ohne deutschen Pass getragen". Deutsche Staatsangehörige würden vor allem aus demografischen Gründen zunehmend aus dem Arbeitsmarkt aussteigen. "Ausländer leisten also einen entscheidenden Beitrag zu unserem Aufschwung", so Neubaur damals.

Integrationsprozesse müssten daher besser gesteuert werden, erklärte Flüchtlingsministerin Paul nun. Immerhin: Im letzten Jahr seien rund 52.300 im Ausland erworbene Berufsabschlüsse anerkannt worden - eine Steigerung von elf Prozent. Dennoch seien solche Anerkennungen "noch immer zu häufig Nadelöhr", so die Ministerin. Nötig seien schnellere Verfahren bei der Visaerteilung und bessere Migrationsabkommen, schnellere Anerkennung von Berufsabschlüssen und eine Aufhebung hemmender Berufsverbote für Geflüchtete.

Keine langwierigen Vorbereitungskurse mehr

Zusätzlich bemühe sich die Landesregierung "die Potentiale derer zu heben, die bereits hier leben". Darunter seien "viele motivierte Menschen", die aber vor zu großen Herausforderungen stünden auf der Suche nach Arbeit. Dem Antrag zufolge sollen künftig bereits in den Flüchtlingsaufnahmeeinrichtungen "Potential- und Kompetenzanalysen" durchgeführt werden. Paul verlangte mehr Flexibilität: Qualifizierung "on the job", auch sprachlich. "Langwieriges Durchlaufen von Kursen und Verfahren" wie bislang koste unnötig Zeit, so die Ministerin am Freitag in Berlin. Gleichzeitig müsse der Bund Sprachkurse weiter ausbauen.

Arbeitgeberverbände, Handwerkskammern und die Industrie- und Handelskammern fordern seit Jahren dringend mehr qualifizierte Zuwanderung und niedrigere Hürden auch beispielsweise für Azubis, die erfolgreich im Betriebe integriert sind - denen aber die Abschiebung droht.

Seit November gilt in Deutschland das "Gesetz zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung". Es soll Zuwanderern mit beruflicher Qualifikation den Weg zu einem Job erleichtern. Mit der "Blauen Karte EU" wurde die Liste der zulässigen Berufe erweitert, der Familiennachzug erleichtert und die erforderliche Mindestgehalt gesenkt.