Großmarkt Düsseldorf

Sind die Großmärkte nicht mehr zeitgemäß?

Stand: 29.01.2024, 17:33 Uhr

Der Düsseldorfer Großmarkt steht vor dem Aus, auch in Köln zittern Händler um ihre Zukunft. Eine Anhörung im Landtag ergab: Die Zukunft der Großmärkte in NRW steht womöglich auf der Kippe.

Von Nina Magoley

Rund 100 Menschen versammelten sich im Oktober vergangenen Jahres vor dem Kölner Rathaus. "Liebe Deinen Großmarkt" stand auf Plakaten, die sie in die Luft hielten. Es war schon die zweite Demo für den Erhalt des Kölner Großmarkts. Nach Plänen der Stadt soll er Ende 2025 verschwinden. Das fürchten zumindest die Händler. Zwar gibt es dazu noch keinen Ratsbeschluss, doch die etwa 100 Unternehmen, die täglich im Großmarkt frische Lebensmittel verkaufen, beklagen, dass sie für die Zeit über 2025 hinaus keine Mietverträge mehr hätten.

Nur noch acht Großmärkte in NRW

In Düsseldorf ist das Aus des Großmarkts an der Ulmenstraße bereits beschlossene Sache: Die Mietverträge laufen Ende 2024 aus. Ohne Köln und Düsseldorf bleiben nur noch sechs Großmärkte in NRW. Viele Kommunen spekulieren auf die Flächen, um dort dringend benötigten Wohnraum zu bauen.

Grund für die SPD-Fraktion im Landtag, eine Anhörung im Ausschuss für Umwelt, Verbraucher und Landwirtschaft zu beantragen: Titel: "Ohne Großmarkt kein Wochenmarkt". Tenor bei den eingeladenen Lebensmittel- und Erzeugerverbänden: Großmärkte seien unentbehrlich, um frische, regionale Obst- und Gemüseprodukte mit halbwegs verlässlicher Preisbindung an den Kunden verkaufen zu können.

Kunden der Großmärkte sind zumeist Händler auf Wochenmärkten, kleinere Lebensmitteleinzelhändler und Abnehmer wie Restaurants, Hotels, Kantinen, Großküchen, Kindertagesstätten oder Pflegeheime.

Bessere Verkaufspreise auf dem Großmarkt?

Im Raum Düsseldorf gebe es derzeit 20 Betriebe, die ihren Gemüseverkauf komplett über den Düsseldorfer Großmarkt abwickeln, sagte Peter Muß vom Rheinischen Landwirtschaftsverband. "Die haben jetzt ein ganz großes Problem, wenn es den Düsseldorfer Großmarkt nicht mehr gibt."

Für regionale Erzeuger von Obst und Gemüse seien die Großmärkte ein wichtiger Ort der Vermarktung: Anders, als beim Verkauf an große Discounterketten regelten sich die Preise auf dem Großmarkt über Angebot und Nachfrage. "Dadurch gibt es eine gewisse Preisbindung", so Muß. Beim Verkauf der frischen Waren an Großhändler oder Einzelhandel gebe es dagegen "mehr oder weniger ein Preisdiktat".

"Kaum regionale Produkte auf dem Kölner Großmarkt"

Clara Dorn vom Erzeugerverband "Ernährungsrat" für Köln und Umgebung, nahm diesem Argument den Wind aus den Segeln: Tatsächlich gebe es auf dem Kölner Großmarkt kaum regionale Produkte, sagte sie, der Großmarkt sei "kein zuverlässigen Absatzmarkt für Erzeuger rund um Köln". Dementsprechend müssten Abnehmer, die regionale Produkte verarbeiten wollen, - wie Gastronomie, Kitas, Kantinen, Krankenhäuser - in Köln nach Anbietern suchen.

Auf den Wochenmärkten in Köln kämen Obst und Gemüse nur noch zur Hälfte aus der Region - allerdings verkaufen dort die Erzeuger selbst. "Ein Großmarkt aber muss Regionalität leisten, als Kernkompetenz", sagte Dorn. "So lange das nicht der Fall ist, wird der Großmarkt keine Rolle spielen."

Gastronomie lässt liefern

Auch der von der FDP-Fraktion bestellte Sachverständige Otto Strecker von der Firma AFC Consulting in Bonn, kam zu einem eher ernüchternden Schluss. "Zur Wahrheit dazu" gehöre, dass es besonders in der Gastronomie "einen großer Trend zu Zustellhändlern" gebe: Lieferdienste, die im Lauf des Tages die benötigten Lebensmittel direkt in den Laden liefern. Gastronomen kauften immer weniger vor Ort auf dem Großmarkt.

Für Einzelhändler seien solche Zustellhändler ebenfalls zunehmend attraktiver. "Das bedeutet auch, dass man nicht um drei Uhr morgens zum Großmarkt fahren muss - wenn man dafür überhaupt noch das Personal findet." Dadurch gehe die Nachfrage auf den Großmärkten zurück, so der Sachverständige, "da beißt die Maus keinen Faden ab".

Zudem hätten viele Gebäude auf den Großmärkten einen hohen Investitionsbedarf, neue Investoren seien daher schwierig zu finden. "Daher wird es in Zukunft wohl weniger Großmärkte geben."

"Händler könnten Großmarkt selber betreiben"

Gemüsestand auf dem Wochenmarkt am Siegfriedplatz in Bielefeld

Kein Wochenmarkt ohne Großmarkt?

Dennoch sehe er in der Runde der Lebensmittelverbände offenbar "ein großes Interesse, die Großmärkte zu erhalten", merkte Strecker milde an. Was dafür zu tun sei? Vielleicht fänden sich private Investoren, vielleicht seien Fördergelder oder Zinsvergünstigungen möglich. Händler könnten auch selber zu Großmarktbetreibern werden, schlug Strecker vor. In Hannover sei das bereits der Fall.

Auch Clara Dorn vom Ernährungsrat war zuversichtlich, dass es für die regionalen Erzeuger andere Modelle gäbe, um ihr frisches Obst und Gemüse zu verkaufen. "Unsere Landwirte stecken keinesfalls den Kopf in den Sand", sagte sie. Viele seien "total bereit, zukunftsplanend Konzepte zu entwickeln". Abnehmer wie Kantinen, Kitas oder Krankenhäuser müssten sagen, was sie brauchen und was sie bezahlen können. "Dazu müssen aber die Kommunen ihre Verantwortung wahrnehmen."

Welche Zukunft hat der Großmarkt?

WDR 5 Westblick - aktuell 29.01.2024 05:23 Min. Verfügbar bis 28.01.2025 WDR 5


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Neue Ideen sind gefragt

Dem musste dann auch Uwe Kluge, Vorsitzender des Verbands Deutsche Frischemärkte, zustimmen. Er sehe durchaus Chancen für kreative Ideen, sagte er. Liefertrucks könnten zum Beispiel vom Großmarkt aus die Betriebe beliefern. Er sehe die Kommunen in der Pflicht: Wenn solch ein "Startup" gar keine Fläche hat, wie es in Köln bald der Fall sei, dann sei das problematisch.

Unterm Strich, das wurde bei der Anhörung klar, müssen die Händler auf den Großmärkten NRWs ihre Zukunft auf die Dauer möglicherweise selbst in die Hand nehmen. Mit neuen Mietkonzepten, neuen Liefer- und Verkaufsstrategien. Die Zeit dränge, sagte Kluge. Daher sein Appell in die Runde: "Ideen bündeln und schnell handeln!"