Wüst im Land der aufgehenden Solarkraft: Energieproduktion in Japan
Stand: 09.06.2023, 14:18 Uhr
In Fukushima sorgt ein Solarkraftwerk für Strom, in Osaka untersuchen Forschende, wie aus Algen Wasserstoff wird. NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst schaut sich die Projekte auf seiner Japan-Reise an.
Von Jochen Trum
Die Sonne brennt, sie steht fast senkrecht über Soma, einer Stadt an der japanischen Pazifikküste. Gute Bedingungen für die 1.600 Solarkollektoren, mit denen hier in einer Pilotanlage Wasserstoff gewonnen wird. Ministerpräsident Hendrik Wüst besuchet am Mittwoch die Präfektur Fukushima.
Die Region hat sich nach der Katastrophe durch das Beben, den Tsunami und das Reaktorunglück 2011 viel vorgenommen. Sie will bis 2025 ihren Energiebedarf vollständig aus erneuerbaren Quellen decken. Schon jetzt ist sie eigenen Angaben zufolge bei 87 Prozent.
Kreislauf der Energieversorgung
Die Versuchsanlage des Konzerns IHI setzt dabei vor allem auf eine Kombination verschiedener Techniken. Das Solarkraftwerk liefert den Strom, der erzeugt Wasserstoff, beliefert eine Müllverbrennungsanlage ebenso wie ein Klärwerk, verfügt über Speichertechnik und erzeugt am Ende Strom und Methan für Autos, sowie Pellets zur Düngung für die Landwirtschaft. So entsteht ein Kreislauf aus dem Zusammenspiel der verschiedenen Technologien. Darin liegt das Besondere des IHI Soma Green Energy Center.
Japan, arm an Rohstoffen aber energiehungrig, setzt sehr auf Wasserstoff als Energie der Zukunft. Die Windkraft steht weniger im Vordergrund. Das Land verfügt über eine gut ausgebaute Gas-Infrastruktur, die man nicht abschreiben will. Von Erdgas über Biogas will Japan zu Wasserstoff gelangen. Hier in der Region Fukushima lässt sich das studieren.
Heizkraftwerke aus NRW in Japan
Seit zehn Jahren gibt es eine Partnerschaft Nordrhein-Westfalens mit Fukushima. "Weil wir diese Themen miteinander teilen, weil wir auf Innovationen setzen", sagt Hendrik Wüst, "ist es auch klug, dass wir im April diese Partnerschaft mit Fukushima verlängert und erweitert haben auf das Thema Wasserstoffproduktion."
Auch Christian Grotholt begutachtet die Anlage. Der Chef der Firma 2G Energy AG aus dem Kreis Borken gehört zur Wirtschaftsdelegation, die mit Wüst diese Woche Japan bereist. Sein Unternehmen hat auf der Insel bereits 200 Blockheizkraftwerke, so groß wie ein Übersee-Container, verkauft. Auch die können mit Erdgas, mit Biogas oder später mit Wasserstoff betrieben werden. Weil sie ab 45 Wohneinheiten auch Wärme liefern, haben sie einen hohen Wirkungsgrad, so der Ingenieur. Toyota, Yanmar und lokale Energieversorger gehören zu den Kunden.
Kombination ermöglicht Umstieg auf Wasserstoff
Für Grotholt machen es die Japaner richtig. In Deutschland wünscht er sich in der Debatte um die Energiewende mehr Offenheit für Blockheizkraftwerke. Denn in Verbindung mit Photovoltaik und Wärmepumpen erlaube diese Technologie, allmählich von Erdgas auf Wasserstoff umzusteigen. "Großkraftwerke sind in Kombination mit den Photovoltaik- und Windkraftanlagen oftmals nicht flexibel genug zu betreiben", sagt er.
Neue Groß-Gaskraftwerke zu planen und genehmigen, dauere bis zu sechs Jahre, der Bau weitere zwei. "Besser wäre der Ausbau regelbarer, erneuerbarer Kraftwerkskapazität in dezentraler Form." Dafür sieht der Firmenchef derzeit in der deutschen Politik, die die Energiewende vor allem mit Strom bewerkstelligen will, wenig Verständnis.
Elektrolyseure erzeugen Wasserstoff
Algen als Energielieferant
Auch in Osaka, Japans zweitgrößter Stadt, geht es am Donnerstag vor allem um Wasserstoff. An der hiesigen Universität forschen Fachleute daran, wie sich aus Algen Wasserstoff gewinnen lässt. "Wir machen Grundlagenforschung", sagt Professor Thomas Happe. Er kommt von der Ruhr-Uni Bochum und findet in Osaka optimale Bedingungen für die Photobiotechnologie.
Ein Kooperationsprojekt ganz nach dem Geschmack des Ministerpräsidenten, der sichtlich beeindruckt die High-Tech-Anlage bestaunt, mit der die Forschenden hier experimentieren.
Erstmal Windkraft statt Wasserstoff
Noch ist Wasserstoff in der Menge, in der er für die Energiewende gebraucht wird, nicht verfügbar. Vielleicht gelingt es in Osaka, einen Durchbruch zu erzielen. Das kann aber auch Thomas Happe nicht versprechen. Bis dahin kommt es auf die Technologie an, die da ist.
Im fernen Düsseldorf hatten kurz zuvor die Fraktionen von CDU und Grünen in Düsseldorf angekündigt, dass nun der pauschale 1000-Meter-Abstand für die Windkraft gestrichen wird, Photovoltaik auch auf Freiflächen kommen kann. Der Weg zur klimaneutralen Industrieregion ist noch weit, dagegen sind die 15 Stunden Rückflug aus Japan ein Klacks.
Über dieses Thema berichten wir am 09.06.23 bei WDR5 "Westblick".