So kompliziert ist die 15-Kilometer-Regel

Stand: 12.01.2021, 20:32 Uhr

Die neue NRW-Regionalverordnung für besonders von Corona betroffene Städte und Kreise sorgt für Verunsicherung. Wie berechnet man das, welche Grenzen gelten wann? Wir versuchen das zu klären.

Seit Dienstag können Hotspots in NRW mit einer 7-Tage-Inzidenz über 200 in Absprache mit dem Land eine Bewegungsgrenze von 15 Kilometern festlegen. Diese kurzfristig eingeführte Regelung sorgt für einige Fragen in den betroffenen Kommunen. Viele sind verunsichert, weil ihnen nicht klar ist, was genau erlaubt und verboten ist.

Es ist auch nicht einfach: Es gibt unterschiedliche Grenzen, die beachtet werden müssen und auch die Richtung der Fahrt ist entscheidend, will ich also raus aus der betroffenen Stadt oder rein in die Kommune. Wir haben das virtuelle Maßband rausgeholt.

Grenze des Wohnortes - nicht die Kreisgrenze entscheidet

Innerhalb des Kreises dürfen sich die Bewohner laut neuer Verordnung des NRW-Gesundheitsministeriums frei bewegen. Verlassen sie aber den Kreis, gilt eine 15-Kilometer-Regel - und wird dann ab dem Wohnort gerechnet.

Das heißt im Nachbarkreis oder in der Nachbarstadt darf man sich dann nur aufhalten, wenn dabei der 15 Kilometer Radius um den jeweiligen Wohnort nicht überschritten ist. Die 15-Kilometer-Rechnung beginnt also nicht an der Kreisgrenze, sondern an der Grenze des Wohnortes. Mit Wohnort ist nicht die Wohnanschrift des jeweiligen Bürgers gemeint, sondern die politische Grenze der jeweiligen Stadt.

Wohnortsgrenze gilt auch für Fahrten in den Kreis

Umgekehrt gilt die Regel genauso für Menschen, die den betroffenen Kreis besuchen wollen. Auch hier muss die Entfernung von der Grenze der eigenen Stadt bis hin zum Zielort in der von den Beschränkungen betroffenen Stadt gemessen werden. Ziel der räumlichen Beschränkungen ist es laut Ministerium, "das Infektionsgeschehen einzudämmen und nicht in andere Gemeinden zu exportieren".

Konkrete Distanzen am Beispiel Recklinghausen

Das Beispiel des großen Kreises Recklinghausen macht klar, dass die Verordnung zu komplizierten Beschränkungen führen kann. Innerhalb des Kreises dürfen sich die Bewohner frei bewegen, also dürfen die Gladbecker zum Beispiel nach Haltern am See oder nach Waltrop fahren, beide Städte sind etwa 30 Kilometer entfernt.

Zusätzlich dürfen die Gladbecker noch 15 Kilometer von ihrer Stadtgrenze aus fahren, also zum Beispiel in den Essener Süden oder auch nach Oberhausen.

Die Menschen aus Waltrop dürfen auch nach Gladbeck fahren, da sie sich noch innerhalb des Kreises bewegen. Weil aber für Fahrten außerhalb des Kreises die 15 Kilometer-Regel von der Grenze des Wohnortes gilt, dürfen sie nicht in die Stadt Herne, die für die Bürger aus Waltrop knapp außerhalb dieser Reichweite liegt - aber viel näher als Gladbeck.

Kompliziert? Ja. Eigentlich müsste jetzt jeder Bürger und jede Bürgerin zum Kartografen werden.

Welche Ausnahmen von der Regel gibt es?

Die Beschränkung der Bewegungsfreiheit ist rechtlich umstritten - und die Vorschrift des Landes enthält vielleicht auch deshalb etliche Ausnahmeregelungen. Die Regelung gilt nicht für "berufliche, dienstliche, ehrenamtliche und vergleichbare Besorgungen". Auch Schulbesuche, Kitas und Notbetreuung sind ausgenommen. Besuche bei und von engen Familienmitgliedern, Lebensgefährten und vergleichbar nahestehenden Personen sind ebenfalls weiterhin erlaubt.

Auch pflegerische und medizinische Besuche bleiben unberührt. Zudem gilt die Einschränkung der Grundrechte laut Verordnung des Landes auch nicht für "Fahrten aus ähnlich gewichtigen und unabweisbaren Gründen".

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