Es wird ernst heute, denn die Spitzengremien von CDU und Grüne in Nordrhein-Westfalen entscheiden bis zum frühen Abend darüber, ob sie tatsächlich gemeinsam in Koalitionsverhandlungen gehen. Schwarz-Grün gilt als wahrscheinlichste Option für die nächste Regierung in NRW. Es wäre die erste Koalition dieser Art.
Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU), der das Amt erst vor sieben Monaten vom gescheiterten Kanzlerkandidaten Armin Laschet übernommen hatte, könnte dann mit einem neuen Partner weiter regieren.
Eckpunkte auf zwölf Seiten
CDU und Grüne hatten am Freitag ihre Sondierungsgespräche beendet und in einem zwölfseitigen Papier die Eckpunkte für eine mögliche Koalition vorgelegt. Die Delegationsrunden beider Parteien empfehlen darin die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen.
Der Schwarz-Grüne-Verhandlungsfahrplan
Die Grünen beginnen bereits um 14 Uhr mit der Sitzung des Landesparteirats. In Essen kommen dazu etwa 100 Delegierte zu einem sogenannten kleinen Parteitag zusammen.
Bei der CDU tagt der erweiterte Landesvorstand ab 16.30 Uhr. Anschließend will sich NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst äußern. Geplant ist das gegen 18 Uhr, dann wollen auch die Grünen fertig sein.
Politikwissenschaftler: Alternativregierung positioniert sich gegen Ampel
Das schwarz-grüne Sondierungspapier zeige deutlich: Hier positioniert sich eine Alternativregierung gegen die Ampel in Berlin, sagte Politikwissenschaftler und Publizist Albrecht von Lucke gegenüber dem WDR. "Das Papier ist keine Niederlage der CDU - sondern vielmehr die Einsicht von Wüst und der CDU, dass man grüne Positionen übernehmen muss, um ein ambitioniertes Programm umzusetzen."
CDU und Grüne in NRW: Das steht im Sondierungspapier
Das Sondierungspapier für eine mögliche Koalition von CDU und Grünen in NRW ist fertig. Ein Überblick über die wichtigsten Punkte aus dem zwölf Seiten umfassenden Papier.
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Erwartbares und Überraschungen
Das zwölfseitige Papier, das Basis für Koalitionsverhandlungen ist, beinhaltet viele zu erwartende Punkte, aber auch einige Überraschungen. Dass Schwarz-Grün am Kohleausstieg 2030 festhalten will, war erwartet worden. Auch, dass noch nicht dem Bagger zum Opfer gefallene Dörfer erhalten bleiben sollen, zeichnete sich bereits vor der Wahl ab.
Eine Überraschung ist jedoch das Vorhaben, das Wahlalter auf 16 Jahre zu senken. Dagegen hatte sich vor allem die CDU gesperrt, während die Grünen hier mit SPD und FDP sich schon länger dafür ausgesprochen hatten. Da für die Absenkung eine Zwei-Drittel-Mehrheit des Landtags notwendig ist, ist die Meinungsänderung der CDU ein Durchbruch.
Schuldenbremse ja, aber...
In der Finanzpolitik will man die Schuldenbremse wieder einhalten, allerdings nicht auf Investitionen in die Infrastruktur verzichten. Dazu soll vor allem die NRW-Bank als Förderbank stärker ins Spiel kommen. Mit kommunalen Wohnungsbaugesellschaften und Genossenschaften sollen zudem die steigenden Mieten gesenkt werden.
Insgesamt überwiegen in dem Papier grüne Inhalte. Teile des Volksbegehren Artenschutzes sollen umgesetzt werden. 1.000 neue Windräder sollen entstehen, ohne die bisherige Abstandsregel von 1.000 Metern. Der ÖPNV voll soll vor allem für Jüngere günstiger werden. Und in der Innenpolitik soll das umstrittene Versammlungsgesetz wissenschaftlich evaluiert und die Stelle für einen unabhängigen Polizeibeauftragten geschaffen werden. Außerdem legen sich beide Seiten darauf fest, dass Rechtsextremismus die derzeit größte Gefahr sei.
Wüst: Versöhnung vermeintlicher Gegensätze
Beide Seiten äußerten sich zufrieden mit den gefundenen Kompromissen. Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) sprach von einer "Versöhnung von vermeintlichen Gegensätzen", in denen Kraft für die Zukunft liege. Ein neues Bündnis sei eine Chance für NRW. Grünen-Parteichefin Mona Neubaur sagte, man habe eine belastbare Grundlage erarbeiten können.