Radtke soll an der CDA-Spitze auf Laumann folgen

Stand: 23.06.2024, 13:01 Uhr

20 Jahre lang hat NRW-Sozialminister Laumann die CDU-Arbeitnehmervereinigung als Chef geprägt. Im September wählt die CDA einen neuen Bundesvorsitzenden. Nun gibt es einen Vorschlag für die Nachfolge.

Von Martin TeiglerMartin Teigeler

Dennis Radtke aus Bochum-Wattenscheid will Nachfolger von Karl-Josef Laumann an der Bundesspitze der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft Deutschlands (CDA) werden. Am Wochenende nominierte der CDA-Landesvorstand in Düsseldorf Radtke einstimmig für den Bundesvorsitz. Gegenkandidaten gibt es bislang nicht.

Laumann will Generationswechsel

Der bald 67-jährige Laumann hatte in der vergangenen Woche angekündigt, auf dem CDA-Bundeskongress im September nicht erneut zu kandidieren. "Ich mache das jetzt seit gut 20 Jahren und bin sehr dankbar. Jetzt ist es aber Zeit, den Generationswechsel einzuleiten", sagt Laumann. Er will sich in der CDU auf seinen Posten als Bundesvize konzentrieren. Und Minister in NRW ist der Münsterländer ja auch noch.

Radtke sagte am Sonntag zu seiner Nominierung: "Die Fußstapfen, die Karl-Josef Laumann hinterlässt, sind riesig." Jetzt gehe es darum, eine gute Mannschaft aufzustellen.

Die CDU müsse mit "einem Angebot für Arbeitnehmer in den Bundestagswahlkampf gehen", sagte Radtke. Er wolle sich um Arbeitsplätze in der Industrie und um Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen kümmern.

Scharfe Abgrenzung nach rechts

Der 45-jährige Radtke ist seit 2019 Landesvorsitzender der CDA. Der gelernte Industriekaufmann und frühere IG-BCE-Gewerkschaftssekretär sitzt seit 2017 im Europaparlament. Seit vielen Jahren fordert er ein klareres soziales Profil der Union.

Radtke steht für eine strikte Abgrenzung nach rechts zur Werte-Union und zur AfD. Auch das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) sieht er sehr kritisch. AfD und BSW seien "Putins willige Helfer in Deutschland". Es gehe bei den anstehenden Landtagswahlen im Osten um die "Grundfesten von Christdemokratie und die Stabilität unserer Demokratie".

Der Europaabgeordnete ist streitlustig und meinungsstark - auch bei X (ehemals Twitter). Dort postete er etwa augenzwinkernd einen KI-generierten Wahlkampfsong. Seine direkte Ansprache ist der Rhetorik Laumanns nicht unähnlich - aber natürlich mit mehr Revier-Sound. Zur Begrüßung sagt er "Glück auf!". Manchmal klingt Radtke ein wenig wie ein Darsteller aus einer Ruhrgebiets-Filmkomödie der 1990er.

Kein Merz- und kein Söder-Freund

Seine politischen Gegner auch in der eigenen Partei geht Radtke zuweilen frontal an. Das macht ihm nicht nur Freunde. Mancher in der CDU lästert auch über Radtkes Twitterei. Für viele in der Partei sei er "vor allem Nervensäge und Provokateur", schrieb die "FAZ" vor ein paar Jahren über ihn.

Zu CDU-Chef Friedrich Merz wird Radtke ein distanziertes Verhältnis nachgesagt. Die "Welt" nannte ihn sogar mal den "Anti-Merz". Auch mit CSU-Chef Markus Söder ist der Wattenscheider schon aneinander geraten. Im unionsinternen Streit um die Kanzlerkandidatur verteidigte Radtke 2021 Armin Laschet: "Wenn Söder die CDU zerstören will, dann darf die Gründung der CDU in Bayern kein Tabu mehr sein."

Hendrik Wüst steht Radtke näher, obwohl der Ministerpräsident ja erst relativ spät in seiner Karriere das Soziale entdeckte. Zu Angela Merkel äußerte sich Radtke früher kritisch. Erst seit die damalige CDU-Chefin von ihrem neoliberalen Kurs Mitte der Nullerjahre abrückte, gilt Radtke als Merkel-Unterstützer. Als andere in der Union noch die Beschlüsse des Leipziger Parteitags feierten, forderte Radtke bereits einen gesetzlichen Mindestlohn.

Radtke ist verheiratet und Vater einer Tochter und eines Sohnes. Er liebt klassische Musik und wollte mal Pianist werden. Er ist Fan von Wattenscheid 09 und Bayer Leverkusen. Der Vielleser (3.000 Bücher hat er zuhause) war einst in der SPD - der Partei seiner Großväter. Sogar an der Spargelfahrt des Seeheimer Kreises hat Radtke mal teilgenommen. "Andere haben in der Jugend Fenster eingeschmissen, ich war halt in der SPD", scherzte er. 2002 wechselte er zur CDU.

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