Welches Potenzial hat die Wagenknecht-Partei?
Aktuelle Stunde. 08.01.2024. 03:49 Min.. UT. Verfügbar bis 08.01.2026. WDR. Von Alexa Schulz.
Wagenknecht-Partei geht mit viel NRW-Personal an den Start
Stand: 08.01.2024, 15:49 Uhr
Jetzt ist es offiziell: Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) hat sich am Montag als Partei gegründet. Die Vorstellung fand in Berlin statt - viele Parteivorstände kommen jedoch aus NRW.
Von Rainer Striewski
24 Stunden zuvor war er noch ordentliches SPD-Mitglied. Am Montagmittag sitzt Thomas Geisel nun neben Sarah Wagenknecht in der Bundespressekonferenz in Berlin, um die Gründung einer neuen Partei bekanntzugeben.
Er könne sich nicht mehr daran erinnern, dass das Land sich jemals in einem so schlechten Zustand befunden hätte, begründet der ehemalige Düsseldorfer Oberbürgermeister sein neues Engagement. Seine Ziele sind hoch gesteckt: Zusammen mit dem früheren Linken-Politiker Fabio De Masi will er die neue Wagenknecht-Partei in den anstehenden Europawahlkampf führen.
Wagenknecht führt eigene Partei an
Neben Geisel sitzt mit Christian Leye noch ein weiterer NRW-Politiker auf dem Podium der Bundespressekonferenz - und damit im Führungsteam der neuen Partei. Leye war bei der Landtagswahl 2017 Spitzenkandidat der Linken in NRW, zog 2021 dann über die Landesliste der Linken in den deutschen Bundestag ein. Jetzt ist er Generalsekretär des BSW.
Angeführt wird die am Montag gegründete Partei von Sarah Wagenknecht selber. Sie bildet zusammen mit Amira Mohamed Ali, der früheren Chefin der Linksfraktion im Bundestag, die Doppelspitze der neuen Bewegung. Zum stellvertretenden Vorsitzenden wurde der Unternehmer und Hochschulprofessor Shervin Haghsheno gewählt, Schatzmeister wird der Unternehmer Ralph Suikat. Partei-Geschäftsführer ist Lukas Schön, der früher die Geschäfte des NRW-Landesverbands der Linken geführt hatte.
Düsseldorfer SPD bedauert Geisels Entscheidung
Dass Thomas Geisel die neue Partei personell unterstützen wird, war erst letzte Woche bekannt geworden. Am Sonntag hatte er dann seinen Austritt aus der SPD beantragt - nach 40 Jahren Mitgliedschaft. Über seinen Antrag muss laut Partei noch formell entschieden werden. Geisel war von 2014 bis 2020 Düsseldorfer Oberbürgermeister - und in dieser Zeit nicht unumstritten.
Dennoch reagierte die Düsseldorfer SPD-Chefin Zanda Martens enttäuscht auf Geisels Entscheidung. Es sei "schade, dass man so seine politische Leistung und Biografie zunichte macht und sich ins Abseits stellt", sagte die Bundestagsabgeordnete dem WDR. "Ich glaube er hatte schlicht Langeweile und wusste nicht, was er dieses Jahr machen sollt", kommentierte der SPD-Fraktionsvorsitzende im Landtag, Jochen Ott, die Entscheidung seines früheren Parteifreundes.
Wagenknecht: "Viele fühlen sich im Stich gelassen"
Sie und ihre Mitstreiter hätten die neue Partei gegründet, um "Unfähigkeit und Arroganz" in der Berliner Regierungspolitik zu überwinden, sagte Wagenknecht am Montag. Gerade mit Blick auf die Lage in Ostdeutschland werde immer wieder vor einer Gefährdung der Demokratie gewarnt. Damit würde aber "Ursache und Wirkung verwechselt". Denn viele Menschen fühlten sich von der Politik "im Stich gelassen".
Programmatisch will sich die Partei vorerst am Gründungsmanifest des gleichnamigen Vereins orientieren. Bis zur Bundestagswahl 2025 soll dann ein detailliertes Programm erarbeitet werden, so Wagenknecht. Der erste BSW-Parteitag ist für den 27. Januar in Berlin geplant. "Wir streben an, mittelfristig eine Volkspartei zu sein", erklärte Fabio De Masi am Montag die weiteren Ziele.
Erfolg hängt von Programm ab
Die Politologin Ursula Münch ist da skeptisch. Zwar gäbe es zwischen Kapitalismuskritik und einer gewissen Migrationsskepsis einen relativ großen Personenkreis, der von der Partei ansprechbar wäre. Aber natürlich müsse das Angebot programmatisch gut sein, betonte Münch im WDR. Die neue Partei brauche zudem ein gutes personelles Angbot. "Ob da eine einzelne Person dazu ausreicht, das sehe ich so nicht."
Mitgliederzahl (vorerst) beschränkt
Die neue Partei hat 44 Gründungsmitglieder. Insgesamt sollen es in einem ersten Schritt nicht mehr als 450 Mitglieder werden, um Strukturen in allen Bundesländern zu schaffen, erklärte Wagenknecht bei der Vorstellung. Aber: "Förderer und Unterstützer kann jeder sofort werden", betonte die neue Co-Parteivorsitzende.
Wagenknecht und neun weitere Bundestagsabgeordnete waren im Oktober vor allem wegen großer Differenzen über Inhalte aus der Partei die Linke ausgetreten. Das "Bündnis Sahra Wagenknecht" wurde zunächst als Verein gegründet, um die Partei vorzubereiten. Sie sammelte nach Angaben ihres Schatzmeisters bislang 1,4 Millionen Euro an Spenden als Startkapital.