Die Linke im Aufbruch - ohne Wagenknecht
Stand: 17.11.2023, 08:26 Uhr
Ab Freitag trifft sich Die Linke zum Bundesparteitag in Augsburg - ohne Sahra Wagenknecht und ihre Mitstreiter aus NRW. Gerade erst hat die Partei die Auflösung ihrer Bundestagsfraktion beschlossen. Gelingt trotzdem ein Aufbruch?
Von Daniela Junghans
Der 23. Oktober 2023 wird gewiss in die Geschichte der Partei Die Linke eingehen: An diesem Tag stellte Sahra Wagenknecht ihr neues Bündnis vor und erklärte gemeinsam mit neun weiteren Bundestagsabgeordneten den Austritt aus der Partei, die (mit ihrer Vorläuferin PDS) jahrzehntelang Wagenknechts politische Heimat gewesen war. Für viele Mitglieder war es ein Schock, für manche Funktionäre der Partei aber auch eine Erleichterung, weil endlich das kräftezehrende Warten auf eine Entscheidung der linken Gallionsfigur ein Ende hatte.
Optimismus in NRW
Linken-Landeschef Sascha Wagner
So sieht das auch Sascha Wagner, der hiesige Linken-Landeschef, der betont, dass man in NRW jetzt vor allem nach vorne schauen wolle. Nach dem Ende des innerparteilichen Konflikts habe man nun die Möglichkeit, sich wieder auf Themen und Inhalte zu konzentrieren. Wagners Landesverband hat mit dem Austritt der Wagenknecht-Gruppe vier seiner sechs Bundestagsabgeordneten verloren: Neben Sahra Wagenknecht haben auch der ehemalige Landeschef Christian Leye aus Duisburg, die Bochumer Bundestagsabgeordnete Sevim Dagdelen und der Aachener MdB Andrej Hunko die Partei verlassen.
Der Mitgliederverlust hält sich dagegen in Grenzen. Auch, weil der Konflikt um Wagenknecht schon in den vergangenen Jahren für Austritte in NRW gesorgt hat: rund 2.000 Mitglieder seien gegangen, nicht nur, aber oft auch wegen des Umgangs mit Wagenknecht, darauf hatte Wagner bereits im Oktober verwiesen. Darunter seien Mitglieder gewesen, die nicht länger mit Wagenknecht in einer Partei sein wollten. Aber es gab auch solche, die die ständigen innerparteilichen Anfeindungen gegen die Linken-Spitzenfrau, die zur Bundestagswahl noch auf dem ersten Listenplatz in NRW stand, nicht mehr mittragen wollten.
Migration und Klima im Fokus
Knapp einen Monat nach Wagenknechts Ankündigung wollen die Linken in Augsburg beweisen, dass sie nicht geschwächt, sondern gestärkt in die Zukunft gehen. Im Mittelpunkt steht die Europawahl. Die Partei wird über das Wahlprogramm diskutieren und auch die Liste beschließen.
Zu den Hauptthemen gehören Migration und Klimapolitik. Das zeigt ein Blick in den Entwurf fürs Europa-Wahlprogramm, aber auch auf die angedachte Personalplanung. Denn für die ersten Plätze hat die Bundesspitze der Partei bereits einen Vorschlag gemacht, der deutlich zeigt, in welche Richtung sich die Linke entwickeln will. Direkt hinter dem Parteivorsitzenden Martin Schirdewan soll die Seenotretter-Kapitänin und Umweltaktivistin Carola Rackete antreten, auf Listenplatz 2. Rackete, die kein Linken-Mitglied ist, soll zusätzliche Wähler bringen, vor allem aus dem urbanen, akademischen Milieu.
NRW-Kandidatin auf Platz 3
Direkt hinter ihr will Özlem Demirel antreten, ehemalige NRW-Landeschefin und bereits seit 2019 Mitglied des Europäischen Parlaments. Die Düsseldorferin kam als Kind mit ihren kurdischen Eltern nach Deutschland, auch ihr liegt das Thema Migration sehr am Herzen. Dass Demirel einen so prominenten Platz bekommen soll, sorgt für Freude in der Düsseldorfer Landesgeschäftsstelle der Linken. Denn anders als die gerade ausgetretenen Bundestags-Politiker gilt die Europa-Abgeordnete als eng verbunden mit dem NRW-Landesverband.
Für den anstehenden Wahlkampf ist das wichtig. Die Partei will sich endlich wieder geschlossen präsentieren und so mehr Wähler für sich gewinnen. Gleichzeitig wird die Europawahl aber auch zeigen, wie gut die Linke ohne Wagenknecht klarkommt und ob die Abspaltung ihr langfristig eher nutzen oder schaden wird.