Thomas Geisel, 18.03.2020

Düsseldorfer Ex-OB wechselt zur Wagenknecht-Partei

Stand: 04.01.2024, 14:45 Uhr

Am Montag will Sahra Wagenknecht für ihre geplante Partei das Spitzenpersonal für die Europawahl vorstellen. In Berlin auf dem Podium dabei: Der ehemalige Oberbürgermeister der Stadt Düsseldorf, Thomas Geisel, bis jetzt SPD.

Von Christoph Ullrich Christoph Ullrich

Es ist eine Einladung, die im politischen Düsseldorf Aufsehen erregt. Am Montag will Sahra Wagenknecht in der Bundespressekonferenz in Berlin ihr Spitzenpersonal für die Abstimmung im Juni vorstellen. Als letzter von sechs Namen steht der von Thomas Geisel auf dem Zettel.

Von 2014 bis 2020 Oberbürgermeister

Der SPD-Politiker hatte bei der Kommunalwahl 2020 sein Amt als Oberbürgermeister verloren und musste die Amtskette für die Verwaltungsspitze in der Landeshauptstadt an CDU-Mann Stephan Keller übergeben. Während seiner Amtszeit von 2014 an war Geisel nicht unumstritten. Mit seiner forschen Art eckte der passionierte Läufer häufig auch in der eigenen Partei an.

Die Niederlage bei der Kommunalwahl - so heißt es dem Vernehmen nach - hat Geisel nie wirklich überwunden. Seit dem vergangenen Sommer gab es in Düsseldorfer Medien mehrfach Gerüchte, Geisel plane bei der Kommunalwahl 2025 einen Comeback-Versuch. Seine Partei, die SPD, erteilte aber solchen Plänen im Vorhinein eine Absage. Nach WDR-Informationen hatte Geisel auch eine unabhängige Kandidatur erwogen. Dazu soll es mit Unternehmen in Düsseldorf Gespräche über eine finanzielle Unterstützung gegeben haben.

Geisel wird Spitzenkandidat für das BSW

In welcher Form er für die neue Partei, das "Bündnis Sahra Wagenknecht" (BSW), antreten werde, dazu wollte sich Geisel auf Nachfrage zunächst nicht äußern. In einer Mail an Freunde und SPD-Mitglieder bestätigt Geisel jedoch seinen Übertritt. Das Schreiben liegt dem WDR vor. Darin schreibt der 60-Jährige, dass er gemeinsam mit Fabio di Masi die Spitzenkandidatur zur Europawahl übernehmen werde.

Der SPD werde er nach 40 Jahren den Rücken kehren. Er warf der Partei vor, "Identitätspolitik an die Stelle einer Politik der Chancengerechtigkeit zu setzen." So sei nicht mehr die individuelle Leistung für die Verteilung staatlicher Funktionen und gesellschaftlicher Ressourcen maßgeblich, "sondern Geschlecht, Herkunft, Hautfarbe oder sexuelle Identität und Orientierung", schreibt Geisel.

Deutliche Kritik an Russland-Politik

Außerdem übt Geisel Kritik an der Russland-Politik der SPD. Das Land führe zwar einen völkerrechtswidrigen Krieg in der Ukraine, allerdings beteilige sich die Sozialdemokratie, an Wirtschaftssanktionen gegen Russland, "die offenkundig in erster Linie dem eigenen Land Schaden zufügen". Schon in der Vergangenheit hatte Geisel dies in ähnlichen Worten kritisiert. In einem Artikel auf seinem Blog warnte er kurz nach Kriegsbeginn im Frühjahr 2022 vor der ukrainischen Rhetorik in dem Konflikt und weiteren Waffenlieferungen. Nach heftiger Kritik nahm er den Beitrag wieder offline.

Über sein Verhältnis zu Sahra Wagenknecht schreibt Geisel, dass er sie schon lange kenne. Er sei überzeugt, dass die ehemalige Politikerin der Linke und ihre neu gegründete Partei für eine "linke Ordnungspolitik" stehen, "die die unternehmerische Freiheit auf der Grundlage von Wettbewerb und fairer Sozialpartnerschaft ermöglicht und wertschätzt".

SPD reagiert enttäuscht aber auch gelassen

Die Düsseldorfer SPD-Chefin Zanda Martens reagierte enttäuscht auf Geisels Entscheidung. Es sei "schade, dass man so seine politische Leistung und Biografie zunichte macht und sich ins Abseits stellt", sagte die Bundestagsabgeordnete dem WDR. Dabei habe er als Oberbürgermeister "viel Gutes geleistet", so Martens.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende im Landtag, Jochen Ott, sagte im WDR-Interview, dass er den Schritt ebenfalls bedauere. "Ich glaube er hatte schlicht Langeweile und wusste nicht, was er dieses Jahr machen sollte. Da hat er sich dann wohl gedacht 'komm, geh ich mal in eine andere Partei'", so Ott.

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