Die Landeszentrale für politische Bildung (LzpB) begegnet einem im Alltag eher weniger. Hier und da sieht man sie in Schulprojekten oder man kann bei ihr günstig Bücher erstehen. Nicht wenige im Landtag sprechen daher auch gerne mal von einer "besser Buchhandlung" - und das ist durchaus so spöttisch gemeint, wie es klingt.
Natürlich ist die Landeszentrale mehr als das und ein zentraler Pfeiler der politischen Bildung des Landes. Sie gibt zum Beispiel auch den alljährlichen Demokratiebericht heraus, der methodisch sauber durchaus die Defizite aufdeckt, die Politik in der demokratischen Vermittlung von Inhalten hat. Auch wir im WDR kooperieren in Schulprojekten gerne mit der vom Grundgedanken her unabhängigen Instanz.
Modernisierungs-Ansatz entwickelt sich zu Machtspiel
Allerdings tobt seit zwei Jahren ein heftiger Streit genau um die Frage der Unabhängigkeit. Warum? Es begann mit den Koalitionsverhandlungen von Schwarz-Grün. In ihren Vertrag schrieben beide Seiten rein, die Landeszentrale zu modernisieren. Angesichts von Gefahren durch Social Media ist das ein richtiger Ansatz.
Daraus wurde aber schnell ein Machtspiel. Die Grünen sahen in dem Ansatz die Möglichkeit - so mein Eindruck - den Leiter der LzpB zu ersetzen. Der ist von der CDU und gilt parteiübergreifend als anerkannter Analyst. Und er hat auch schon mal Kritik daran geübt, dass es die Grünen vielleicht etwas damit übertrieben, sich als einzige Retter der Demokratie zu sehen. (Was sie strategisch ja inzwischen als Fehler sogar einräumen.)
Und von der CDU-Seite? Da hat man die Modernisierung wohl auch etwas überdehnen wollen. Organisatorisch ist die Landeszentrale an das Wissenschaftsministerium angedockt. Dass sie überhaupt in den Bereich der Regierung, also eines Ministeriums fällt, hatte einst die SPD auf den Weg gebracht. Allerdings war es bis heute guter Brauch, dass die Leitung der Institution sich immer einer Freiheit in den Entscheidungen gewiss sein konnte.
Einfluss der Landesregierung
Genau das stand aber infrage, als wir vom WDR berichteten, dass es einen Kahlschlag bei den Stellen der Landeszentrale geben sollte und die Leute künftig bei einer Stabsstelle für Extremismus-Prävention arbeiten sollten, angesiedelt bei der Staatssekretärin des Wissenschaftsministeriums. Sprich: mit direktem Zugriff des Ministeriums.
Das hat zu einem Aufschrei in der Szene der politischen Bildung geführt, wie ich ihn nicht erwartet habe. Die Folge waren Anhörungen im Landtag, wo es für die Landesregierung teils deutliche Kritik hagelte. Auch die bundesweite Berichterstattung ließ die Regierung nicht in besonders gutem Licht erscheinen.
Am Ende wurde eine Kommission eingerichtet, die dann noch mal prüfen sollte, ob es vielleicht nicht einen anderen Weg geben könnte. Am Dienstag hat sie ihren Abschlussbericht vorgelegt. Der kommt zum Schluss, dass die Landeszentrale für politische Bildung in NRW die geringste Unabhängigkeit von der jeweiligen Landesregierung hat. In anderen Bundesländern ist das anders geregelt.
Schleswig-Holstein als Vorbild
NRW soll jetzt das neue Schleswig-Holstein werden. Zumindest wird das Modell empfohlen, das es dort gibt. Da gehört die politische Bildung zum Landtag und es gibt einen vom Parlament gewählten Beauftragten, der politisch unabhängig sein soll. "Nur dem Gesetz verpflichtet", heißt es darin so schön. Alle Beteiligten von CDU, Grünen bis SPD und FDP haben mit einem gewissen Wohlwollen den Bericht zur Kenntnis genommen. So bekommen die Grünen ihren Willen und die Zentrale wird beim Landtag angesiedelt. Die CDU hat einen Ausstieg aus dem angerichteten Schaden aufgezeigt bekommen und auch die sozialliberale Opposition ist bereit, an der Neugestaltung zu arbeiten.
Womit wir bei der Lehre aus dem Schlamassel wären. Es gibt sie nämlich, die Geschichten, wo die Politik durch Streit zu einem für alle achtbaren Ergebnis kommt. Mal schauen, wie die Landeszentrale am Ende des Jahres aussieht und wo sie dann unter wessen Leitung angesiedelt ist.
Dieser Text erscheint auch als Editorial in "18 Millionen - Der Newsletter für Politik in NRW". Jeden Freitag verschicken wir die Themen, die NRW bewegen – an politisch Interessierte, Aktive, Gewählte, und Politik-Nerds.
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