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Beim Arzt extra bezahlen - was bringen IGel-Leistungen?
Stand: 03.12.2024, 15:03 Uhr
Die IGeL-Leistungen sind ein Milliardengeschäft. Warum bezahlen die Krankenkassen nicht für alle Untersuchungen? Brauche ich sie?
Von Daniel Schwingenheuer
Die Krankenversicherung deckt die Kosten, die beim Arzt entstehen. So einfach ist es nicht. In fast jeder Praxis liegen Flyer über sogenannte Individuelle Gesundheitsleistungen (kurz IGeL). Ultraschalluntersuchungen der Gebärmutter und der Eierstöcke zur Krebsfrüherkennung bei Frauen, ein großes Blutbild oder eine Vitamin-D-Messung zur Gesundheitsvorsorge. Alles Leistungen, die Praxen als Zusatzangebot anbieten können.
Was sind IGeL-Leistungen?
Es ist vorgeschrieben welche Leistungen die Krankenkassen in Deutschland bezahlen müssen. Definiert wird das im Sozialgesetzbuch V. Darüber hinaus gibt es aber viele Behandlungen, die als nicht notwendig betrachtet werden.
Dazu gehören zum Beispiel einige Vorsorgeuntersuchungen, Impfungen für Reisen oder Spezialimplantate bei Grauem Star. Auch wenn die Krankenkassen dafür nicht aufkommen, wollen die Arztpraxen diese Leistungen anbieten. Die Kosten dafür müssen die Patientinnen und Patienten selbst tragen.
Wie teuer sind die IGeL-Leistungen?
Das ist unterschiedlich und kann auch zwischen den Praxen variieren. Die Ultraschalluntersuchung der Eierstöcke und der Gebärmutter bei Frauen wird nur bei einem konkreten Verdacht auf eine Krebserkrankung von der Krankenkasse übernommen. Bei der Vorsorge gilt sie als IGeL-Leistung und kostet zwischen 25 und 53 Euro. Sie ist die Zusatzuntersuchung, die am häufigsten verkauft wird.
Auf Platz zwei der häufigsten IGeL-Leistungen ist die Augeninnendruckmessung. Dieser Druck kann zu Grünem Star führen. Auch dabei geht es um die Früherkennung. Der Test kostet zwischen 20 und 40 Euro. Und auf Platz drei ist das große Blutbild zur Gesundheitsvorsorge. Das kostet um die 100 Euro.
Was ist das Gute an Individuellen Gesundheitsleistungen?
Durch die IGeL-Leistungen wird das Spektrum der möglichen Behandlungen und Untersuchungen größer. Hätten Praxen lediglich die Möglichkeit über die Krankenkassen abzurechnen, würden einige neue oder auch alternative Behandlungen womöglich nicht angeboten. Wer möchte, kann sich auch bei Vorsorgeuntersuchungen gründlicher durchchecken lassen.
Wie sinnvoll sind IGeL-Leistungen?
Das ist umstritten. Der Medizinische Dienst Bund hat einen neuen IGeL-Report herausgegeben. Darin werden 56 IGeL-Leistungen nach ihrem Nutzen und ihrem Schaden verglichen. Nur drei IGeL-Leistungen wurden "tendenziell positiv" bewertet. In die höchste Kategorie "positiv" kam keine der Leistungen.
Mehr als die Hälfte der IGeL-Behandlungen wurde hingegen in die Kategorien "tendenziell negativ" und "negativ" eingeordnet. Der IGeL-Report weist darauf hin, dass beispielsweise die Ultraschalluntersuchung der Gebärmutter und der Eierstöcke bei Frauen in einigen Fällen sogar falsch-positive Ergebnisse geliefert habe. Einige Frauen wurden also behandelt, obwohl sie gar keinen Krebs hatten. In dem Fall ist der Schaden dieser IGeL-Leistung höher als der Nutzen.
Im Einzelfall kann diese Bewertung sicherlich anders ausfallen. Dr. Peter Ledwon ist Gynäkologe und bietet den Test auch in seiner Praxis an.
Die Verbraucherzentralen bewerten vor allem den Umgang mit IGeL-Leistungen als problematisch. Susanne Punsmann von der Verbraucherzentrale NRW kritisiert, dass viele Ärzte zu den teureren IGeL-Leistungen raten würden. "Es wird das Teurere angeboten, weil man sagt, das Andere hilft nicht. Manchmal wird auch gar nicht so viel erklärt. Dann ist der Patient bereit, in die Tasche zu greifen."
Wie entscheide ich mich richtig?
Das ist für viele Nicht-Mediziner häufig schwierig. Susanne Punsmann empfiehlt, Ärztinnen und Ärzte konkret nach Alternativen zu den IGeL-Leistungen zu fragen und sich die Unterschiede erklären zu lassen. Wer sich über konkrete Untersuchungen informieren möchte, könne sich auch die Ergebnisse vom IGeL-Monitor des Medizinischen Dienst Bund dazu anschauen.
Unsere Quellen:
- Interview mit Susanne Punsmann, Verbraucherzentrale NRW
- Interview mit Dr. Peter Ledwon, Gynäkologe
- IGeL-Report 2024
Über dieses Thema berichtet der WDR auch im WDR Fernsehen und im WDR Radio am 03.12.24.