Der Topf ist leer: Lindner weitet Haushaltssperre aus

Aktuelle Stunde 21.11.2023 UT Verfügbar bis 21.11.2025 WDR Von Henry Bischoff

Haushaltssperre: Was bedeutet das für die Förderung der Wärmepumpe?

Stand: 21.11.2023, 16:19 Uhr

Die Umwidmung der Corona-Gelder für den Klima- und Transformationsfonds war verfassungswidrig. Was bedeutet das nun für Fördergelder wie für die Wärmepumpe?

Von Oliver Scheel

Die Bundesregierung ist in Not. Die Kreditermächtigungen über die 60 Milliarden Euro aus der Corona-Krise dürfen nicht für den Klima- und Transformationsfonds (KTF) verwendet werden und fehlen nun somit einfach in der Budgetplanung. Das Bundesfinanzministerium reagierte auf dieses Loch in der Kasse, griff zu einer harten Maßnahme und verfügte eine Haushaltssperre für nahezu den gesamten Bundeshaushalt.

Das Urteil aus Karlsruhe und die Folgen - was bedeutet die Haushaltssperre?

Was war passiert? Das Bundesverfassungsgericht hatte der Bundesregierung am Mittwoch 60 Milliarden Euro gestrichen, weil die Übertragung nicht genutzter Corona-Kredite auf den Klima- und Transformationsfonds verfassungswidrig war. Das Geld fehlt der Regierung jetzt.

Was aber bedeutet nun die Haushaltssperre, die von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) verhängt wurde? "Die Haushaltssperre sorgt dafür, dass ab sofort, von den Ministerien keine neuen Verbindlichkeiten eingegangen werden können. Es ist vor allem eine Vorsichtsmaßnahme in einer angespannten unklaren Haushaltslage. Für die Bürgerinnen und Bürger gibt es zunächst keine unmittelbaren Auswirkungen", erklärt WDR-Politikexperte Philipp Menn.

Was ist mit den Förderprogrammen zum Beispiel für die Wärmepumpe?

Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) versprach, dass die mit dem neuen Heizungsgesetz geplanten Förderungen auch ausgezahlt werden. Nur neue Ausgaben seien erst möglich, wenn der neue KTF-Finanzplan aufgestellt sei.

Das glaubt auch die Verbraucherzentrale NRW. Reinhard Loch, Bereichsleiter Energie, sagte dem WDR: "Wir gehen davon aus, dass die Zusagen gültig bleiben. Der Verbraucher muss sich auf den Auftrag verlassen können." Dass Verbraucher schon einen Handwerker bestellt haben und jetzt plötzlich keine Förderungen bekommen, könne auch gar nicht passieren. "Es wird ja erst ein Antrag gestellt und dann ein Auftrag erteilt", so Loch. Die Logik sei so konzipiert, dass so etwas nicht passieren könne.

Tatsächlich empfiehlt die Verbraucherzentrale auch weiterhin, die Förderung zu beantragen: "Zurückziehen kann man immer noch. Wir gehen davon aus, dass das so durchlaufen wird. Einzig die ambitionierte Förderung für 2024, also die Förderhöchstsätze, könnten zurückgeschraubt werden", glaubt Loch.

Was bedeutet die aktuelle Lage nun für den Klima- und Transformationsfonds?

Der bisherige Wirtschaftsplan sieht für 2024 Ausgaben von 57,6 Milliarden Euro vor. Von 2024 bis 2027 werden insgesamt 211,8 Milliarden Euro bereitgestellt. Aus dem Topf kommen unter anderem Gelder für Elektromobilität und die Deutsche Bahn sowie zur Ansiedelung von Halbleiter-Fabriken. Auch Wasserstoffprojekte, Förderungen für erneuerbare Energien und klimafreundliche Heizungen kommen aus dem Topf. 60 Milliarden Euro fehlen nun.

Einige fest eingeplante Projekte stehen nun auf der Kippe. Für die Bahn-Infrastruktur sind im KTF allein für das kommende Jahr vier Milliarden Euro eingeplant, bis 2027 sind es 12,5 Milliarden Euro. Die sogenannte Strompreiskompensation - eine Entlastung für besonders energieintensive Unternehmen von den Kosten durch den CO2-Preis - sollte aus dem KTF bezahlt werden. Ab kommendem Jahr waren dafür mindestens 2,6 Milliarden Euro vorgesehen. Auch Subventionen für den Aufbau von Batteriezellenfabriken sollten aus dem KTF finanziert werden. Ein prominentes Beispiel ist das geplante Werk des schwedischen Herstellers Northvolt im schleswig-holsteinischen Heide.

Welche Lösungen sind denkbar?

Die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) forderte im Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) einen "Wettbewerb der Ideen", wie "die notwendigen Zukunftsinvestitionen geleistet werden können". Sie wies darauf hin, dass das Urteil neben dem Klimaschutz auch massiv den Wirtschaftsstandort Deutschland betrifft. "Die Zukunft der Stahl- und Chemieindustrie, künftige Wasserstoffinfrastruktur oder Industrieansiedlungen haben nichts mit 'grünem Milieu' zu tun, sondern es geht um viele, viele tausend gutbezahlte Industriearbeitsplätze in Deutschland – auch in CDU-regierten Bundesländern", sagte die SPD-Politikerin.

Die Umweltorganisation Greenpeace regt an, Subventionen für den Bau von Chipfabriken und die Strompreisbremse aus dem KTF herauszunehmen. Allein wenn klimaschädliche Subventionen und Steuervergünstigungen abgebaut würden, könnten 50 Milliarden Euro eingespart werden.

Unsere Quellen:

  • Agenturen AFP, Reuters, dpa
  • Verbraucherzentrale NRW
  • Greenpeace
  • WDR-Korrespondenten