Ab 2035: Aus für Verbrennungsmotoren in der EU

Stand: 09.06.2022, 09:18 Uhr

Das EU-Parlament hat beschlossen, dass Autobauer ab 2035 nur noch Autos und Transporter auf den Markt bringen dürfen, die keine Treibhausgase ausstoßen.

Bevor eine solche Regelung in Kraft treten kann, muss das Parlament noch mit den EU-Staaten darüber verhandeln. Ende des Monats wollen die EU-Staaten ihre Positionen zu dem Verbot für den Verkauf von Benzin- und Dieselautos festlegen. Dann müssen die beiden EU-Institutionen noch einen Kompromiss finden, damit es in Kraft treten kann. 

Verkaufsstopp für Verbrenner ab 2035

Deutschland hat sich schon zum Ausstiegsdatum 2035 bekannt. Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) hatte im Namen der Bundesregierung im März in Brüssel gesagt, man stehe hinter dem Ziel, bis 2035 mit Verbrennungsmotoren bei Autos und Transportern abzuschließen. Auch mehrere große Auto-Hersteller, darunter Mercedes und Ford, hatten im November auf der Weltklimakonferenz in Glasgow einen Verkaufsstopp für Verbrenner in den führenden Märkten ab 2035 gefordert.

Nach der Abstimmung sagte der deutsche Grünen-Abgeordnete Michael Bloss am Mittwoch: "Damit haben wir uns für die Zukunft des Automobilstandort Europa entschieden." Künftig würden die besten Elektroautos und neuesten Batterien aus Europa kommen. Die Abgeordneten sprachen sich auch dafür aus, dass keine klimafreundlichen synthetischen Kraftstoffe angerechnet werden können. Mit diesen könnte ein klassischer Verbrenner klimaneutral betrieben werden.

Verkehrsexperte: Technologien werden ausgebremst

"Schade", findet das Thomas Koch vom Karlsruher Institut für Technologie. Dem WDR sagte Koch am Donnerstag, die Entscheidung bedeute auch, dass viele Zukunftstechnologien für die Autoindustrie ausgebremst werden: "Man wünscht keine Wasserstoff-Motoren. Man wünscht auch keine CO2-neutralen Kraftstoffe." Das komme einem Verbot dieser Technologien gleich. Das Argument, dass nicht genug alternative Kraftstoffe für den Individualverkehr produziert werden können, lässt Koch nicht gelten. Er hält eine ausreichende Produktion in absehbarer Zeit für möglich.

Kritik von der CDU

Kritik kam auch von der CDU. "Grüne, Liberale und Sozialdemokraten setzen leider lieber alles auf die Karte Elektromobilität", sagte der CDU-Europaabgeordnete Jens Gieseke. Er fürchtet nach eigenen Worten um die Wettbewerbsfähigkeit Europas und zahlreiche Arbeitsplätze. Er räumte aber ein: "Das Verbrennerverbot 2035 wird wohl nicht mehr zu verhindern sein."

Teil des Klimapakets "Fit for 55"

Der Gesetzesentwurf ist Teil des EU-Klimapakets "Fit for 55", das darauf abzielt, klimaschädliche Emissionen bis 2030 um 55 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 zu senken und bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen. Ein anderer Part des ambitionierten Klimapaktes war am Mittwoch vom EU-Parlament zunächst abgelehnt worden.

Dabei ging es um ein Verfahren, das den CO2-Ausstoß von Firmen senken soll. Der CO2-Emissionshandel sollte eigentlich auch auf Gebäude und Verkehr ausgeweitet werden. Das Gesetz wurde jetzt aber zurück an den Umweltausschuss verwiesen, um einen neuen Kompromiss zu finden, der von einer Mehrheit getragen werden kann.

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"Ich halte das für eine Schande", sagte der Abgeordnete Peter Liese (CDU), der für die Verhandlung des Dossiers im EU-Parlament zuständig ist. "Wie bei vielen anderen Gelegenheiten in diesem Bericht haben die extreme Rechte, die Sozialdemokraten und die Grünen zusammen gestimmt." Für die Grünen und Sozialdemokraten war der Vorschlag teilweise nicht ehrgeizig genug.

Im Emissionshandel müssen Teile der Industrie oder Stromproduzenten für den Ausstoß von klimaschädlichen Gasen wie Kohlendioxid (CO2) bezahlen. Geplant war unter anderem die Ausweitung des Systems auf weitere Branchen - mit Ausnahmen für private Haushalte - sowie eine schnellere Reduktion der Emissionen.

Stärkere Reduzierung von Flugzeug-Emissionen

Dagegen hat sich das Parlament für eine stärkere Reduzierung von Flugzeug-Emissionen ausgesprochen. Die Mehrheit der Abgeordneten stimmte dafür, den europäischen Emissionshandel auf alle Flüge anzuwenden, die von einem Flughafen in der EU sowie in Island, Liechtenstein oder Norwegen starten. Ausnahmen soll es für Flughäfen in EU-Regionen "äußerster Randlage" geben. Zudem soll es ab 2025 keine kostenlosen Emissionszertifikate mehr für den Luftverkehr geben.

Worüber wurde abgestimmt?

  • Eines der wichtigsten Vorhaben ist eine Verschärfung des EU-Emissionshandels. Bis 2030 sollen kostenlose Zertifikate auslaufen und stattdessen entsprechende Abgaben für Gebäude und Straßenverkehr eingeführt werden.
  • Weiter geht es um Rechtsvorschriften für jenen Treibhausgas-Ausstoß, der nicht unter das Emissionshandelssystem fällt und etwa 60 Prozent aller freigesetzten Gase ausmacht. Dazu zählen Straßenverkehr, Heizung und Klimatisierung von Gebäuden und die Landwirtschaft. Auch die Einbindung von Luft- und Schifffahrt ist geplant.
  • Viele betreffen wird ein ab 2035 geplanter Zulassungsstopp für Kraftfahrzeuge mit Verbrennungsmotor.
  • Ein sogenanntes CO2-Grenzausgleichssystem (CBAM) soll Waren von außerhalb der EU mit einer Art Emissions-Zöllen belegen. Damit soll die europäische Industrie vor Wettbewerbsnachteilen geschützt und eine Verlagerung der Produktion in Staaten mit laxeren Klimavorgaben verhindert werden.
  • Weitere Vorschläge, über die abgestimmt wird, beziehen sich auf einen 72 Milliarden schweren Klima-Sozialfonds zur Entlastung besonders betroffener Haushalte und Kleinunternehmen, eine Stärkung CO2-bindender Naturräume wie Wäldern und Mooren.

Wie geht es weiter?

Nach den Abstimmungen am Mittwoch muss das Parlament sich noch mit den EU-Staaten auf eine Linie einigen. Die angenommenen Texte stellen das Mandat des Parlaments für die folgenden Verhandlungen mit den EU-Regierungen im Rat über die endgültigen Gesetze dar. Fünf weitere Gesetzesvorschläge des Industrie- und Energieausschusses folgen später.

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