Christian Lindner

"Sollen sie doch Porsche fahren": Ermittlungen wegen Fake-FDP-Plakaten

Stand: 22.08.2022, 12:11 Uhr

Ein angebliches Wahlplakat kritisiert die Haltung von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) in der Entlastungsdebatte. In Düsseldorf wird in der Sache jetzt ermittelt.

Seine Hochzeit auf Sylt, die umstrittenen Kontakte zu Porsche-Chef Blume oder die Aussagen über eine "Gratismentalität" mit Blick auf eine mögliche Verlängerung des 9-Euro-Tickets: Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) wird oft vorgeworfen, ihm fehle es an Mitgefühl für Menschen, die ihr Leben angesichts der Inflation und anderer Belastungen nur schwer finanzieren können. Diese Kritik treibt nun ein Plakat auf die Spitze, das wie ein Wahlplakat daherkommt.

Plakat mit angeblichem Lindner-Zitat

In Online-Netzwerken sorgt es für viel Diskussion. Auf dem Plakat, das optisch den FDP-Plakaten aus dem Bundestagswahlkampf gleicht, werden Lindner diese Worte in den Mund gelegt:

#9EuroTicket: Kein Geld für ÖPNV? Sollen sie doch Porsche fahren.

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Polizei Düsseldorf zu Plakaten: Staatsschutz ermittelt

Wo dieses Plakat überall hängt, lässt sich nicht sagen. Aber dass in Düsseldorf mehrere Plakate entdeckt und gesichert wurden, bestätigte die Polizei auf WDR-Anfrage. Der Staatsschutz habe Ermittlungen aufgenommen, wie es bei möglichen Straftaten rund um Wahlplakate üblich sei. Zunächst prüfe man aber, ob überhaupt eine Straftat vorliege.

Außenwerber Ströer mit Sitz in Köln, dem die Werbeflächen gehören, die für die Fake-Plakate ohne Erlaubnis genutzt worden sind, bestätigte am Montag auf WDR-Anfrage die Vorfälle. Wie häufig diese Plakate allerdings aufgehängt wurden, sei nicht bekannt, so ein Sprecher.

Lindner-Statement zu 9-Euro-Ticket

Christian Lindner machte im ARD-Sommerinterview am Sonntag deutlich, dass er eine Fortsetzung des 9-Euro-Tickets weiterhin ablehnt.

Als Argument führt er dazu unter anderem an: "Viele linke Gruppen, Antifa zum Beispiel und andere," hätten kürzlich vor der FDP-Parteizentrale für eine Verlängerung des 9-Euro-Tickets demonstriert.

Genauer erläuterte er diese Aussage nicht. Lindner sagte jedoch auch: Die FDP versuche in der Ampel-Koalition, Versuche von den Grünen und Teilen der SPD zu verhindern, "die Politik in Deutschland weiter nach links zu rücken".

Knappe Antwort der FDP-Parteizentrale zur Fake-Plakat-Aktion

Ein FDP-Sprecher antwortete auf Anfrage des WDR zu der Fake-Plakat-Aktion: „Die Berichte über die angesprochenen Plakate und über von der Polizei veranlasste Ermittlungen haben wir zur Kenntnis genommen. Grundsätzlich sind gefälschte Plakate für uns kein Mittel des demokratischen Meinungsaustauschs.“

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Gruppe "Dies Irae" ruft zu Spenden für Fake-Plakate auf

Hinter der Plakat-Aktion soll die Gruppe "Dies Irae" stecken, die auch schon zuvor mit satirischen Plakaten über Politiker wie Altkanzler Schröder oder Ex-Innenminister Seehofer Aufmerksamkeit erregt hat.

"Dies Irae" bezeichnet das als "Adbusting": Das steht für das kreative Verfremden von Werbeplakaten und Werbeslogans. Unter anderem auf ihrem Instagram-Account ruft "Dies Irae" dazu auf, die Aktion mit den Fake-FDP-Plakaten finanziell zu unterstützen.

Diskussion in den sozialen Medien

Manche finden die Plakate mit der gefälschten Lindner-Aussage einfach nur witzig. Ganz anders sieht das ein ehemaliger Bundestagsabgeordneter der Grünen. Volker Beck findet die Kampagne "toxisch" und "ekelhaft".

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Und Beck twittert weiter: "Ich finde wir brauchen dringend einen preiswerteren und weniger umständlichen ÖPNV und das Gleiche für die Bahn." Über den Weg dahin würde er gerne mit Finanzminister Lindner, Verkehrsminister Wissing und der FDP diskutieren. Aber nicht so.

Ähnliche Aktion 2017 von den Grünen: #lindnersprueche

Allerdings kam eine ähnliche Aktion gegen Lindner vor ein paar Jahren nicht etwa von einer Adbusting-Gruppe, sondern von den Grünen selbst. Unter dem Hashtag #lindnersprueche und mit verfremdeten Aussagen auf Wahlplakaten wollten sie im Wahlkampf 2017 auf die angebliche soziale Kälte der Liberalen hinweisen.

Auf dem Twitter-Account von Grünen-Chefin Ricarda Lang findet man noch immer eines dieser Motive. Der Spruch darauf:

"Kostenlose S-Bahn? Sollen sie doch S-Klasse fahren." Spruch einer Fake-FDP-Werbung der Grünen 2017

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"Dies Irae" hat bereits mit einer ironischen Antwort bei Twitter auf die WDR-Berichterstattung reagiert:

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Sowohl das aktuelle Plakat als auch das Motiv von Ricarda Lang bezieht sich auf eine Aussage, die Marie Antoinette in den Mund gelegt wird. Die Frau des französischen Königs Ludwig XVI. soll im 18. Jahrhundert auf den Protest hungernder Untertanen mit dem verständnislosen Satz "wenn sie kein Brot haben, sollen sie doch Kuchen essen" reagiert haben. Auch wenn das Zitat laut Fachleuten so nie gefallen ist, hält es sich bis heute hartnäckig.