Energiekosten: Sportvereine fühlen sich allein gelassen

Stand: 12.09.2022, 22:13 Uhr

Die Sportvereine haben zwei harte Corona-Jahre hinter sich. Doch einfacher wird es für die Vereine auch jetzt nicht. Sie fühlen sich von der Politik mit den explodierenden Energiekosten allein gelassen.

Die im Zuge des Angriffs auf die Ukraine enorm gestiegenen Energiepreise könnten den Breitensport in diesem Winter hart treffen. Nach den Corona-Jahren mit vielen verlorenen Mitgliedern ist eine dringend nötige Erholungsphase nicht in Sicht. Die Politik hat noch keine Hilfen angeboten - im dritten Entlastungspaket der Bundesregierung spielt der Sport keine Rolle. So fürchten sich viele Vereine vor Mietsteigerungen oder höheren Energiekosten bei eigenen Räumen.

Beim Breitensportverein MTV Köln rechnet Vorstandsmitglied Holger Dahlke im kommenden Jahr mit einer Verdopplung, wenn nicht gar einer Verdreifachung der Energiekosten für seinen Verein im Vergleich zum Jahr 2019. Das gehe dann knapp in den sechsstelligen Bereich.

Holger Dahlke vom MTV Köln

Holger Dahlke

Man denke daher darüber nach, wie man etwa durch die Regulierung von Wasser- und Raumtemperatur im eigenen Sportzentrum "effizienter unterwegs" sein könne. Aber: "Das wird insgesamt nicht möglich sein, durch Sparmaßnahmen auch nur ansatzweise diese Mehrkosten zu kompensieren", sagt Dahlke. Weil "gemeinnützige Vereine" Aufgaben übernehmen, die weder der Staat noch die Privatwirtschaft erledigen, hoffe man nun auf Unterstützung. Dass diese den Sportvereinen im dritten Entlastungspaket noch nicht zuteilwurde, könne auf einer Fehleinschätzung der Politik beruhen: "Vielleicht traut man den Vereinen zu viel zu. Vielleicht sind die Sportvereine auch zu leise", so Dahlke.

Dahlke sieht weitere Beitragserhöhungen kritisch

Die Unterstützung, die man bisher in der Corona-Pandemie und jetzt bei den Energiekosten erfahren habe, sei "nicht wirklich auskömmlich". Ohne das Engagement der Mitarbeiter und Ehrenamtler sowie das Verständnis der Mitglieder stünde man bereits vor einer Situation, "die nicht mehr lösbar wäre". Weiteren Beitragserhöhungen - eine hätten die Mitglieder zu Jahresbeginn mitgetragen - sieht Dahlke sehr skeptisch, weil für die Mitglieder außerhalb des Vereins auch vieles teurer geworden sei.

Der Sport bleibt im dritten Jahr wieder - so wie es jetzt aussieht - auf der Strecke. Uwe Wessel, Vizepräsident des Rheinischen Turnerbundes
Eine Frau schwimmt in einem Schwimmbecken.

Simone Rehm

Tatsächlich sind Hobby-Sportlerinnen wie Simone Rehm, die das Schwimmbecken des MTV mehrmals wöchentlich nutzt, zu Opfern bereit, weil sie fürchtet, dass das Bad ganz schließen könnte: "Wenn es ein paar Euro sind - okay. Wenn es irgendwann ganz utopisch wäre, ginge das natürlich nicht mehr", so Rehm. "Das Vereinsleben ist sehr wichtig für die sozialen Kontakte." Das sollte gefördert werden, lautet daher auch ihr Appell an die Politik.

Turnerbund hat 30.000 Mitglieder verloren

Uwe Wessel, Vizepräsident des Rheinischen Turnerbundes, fühlt sich mit den 1.060 Vereinen, für die sein Verband zuständig ist, von der Politik allein gelassen. Man habe wegen Corona schon mehr als 30.000 Mitglieder verloren. Jetzt die steigenden Energiekosten zu kompensieren sei "nicht machbar". Der Landesportbund NRW hatte seine Mitglieder in der vergangenen Woche in Übereinstimmung mit dem DOSB dazu aufgefordert, "in den kommenden Monaten mindestens 20 Prozent Energie einzusparen, um pauschale Schließungen von kommunalen Schwimmbädern und Sportstätten zu vermeiden". Das sei mal nicht so eben möglich, sagt Wessel.

Ein Mann beim Trainieren

Ein Mann beim Trainieren

Für Vereine mit eigenen Hallen seien die bevorstehenden Kostensteigerungen nicht zu stemmen. Vereine, die keine Gewinne erwirtschaften dürfen, hätten eben kein "großes Sparbuch", mit dem sich diese Mehrkosten auffangen ließen. Die Politik müsse jetzt reagieren. Das nächste Jahr werde für die Vereine schwer: "Wenn die Kosten da extrem hochgehen, weiß ich nicht, wie die Vereine sich noch über Wasser halten sollen", so Wessel.

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