Teures Cum-Ex-Gerichtsgebäude bleibt wohl leer - Ermittlungen stocken

Lokalzeit aus Köln 18.07.2024 03:12 Min. Verfügbar bis 18.07.2026 WDR Von Jochen Hilgers

Teures Cum-Ex-Gerichtsgebäude bleibt wohl leer - Ermittlungen stocken

Stand: 18.07.2024, 06:02 Uhr

Die ermittelnde Staatsanwaltschaft Köln kommt in den Cum-Ex-Ermittlungen nicht mehr voran - obwohl für 45 Millionen Euro extra ein neues Gerichtsgebäude in Siegburg gebaut wird.

Von Jochen Hilgers

1.700 Beschuldigte, zahlreiche verdächtige Finanzinstitute und bisher gerade mal elf abgeschlossene Verfahren. Die ermittelnde Staatsanwaltschaft Köln kommt in den Cum-Ex-Ermittlungen offenbar nicht mehr voran. Und das obwohl in Siegburg ein eigenes Gerichtsgebäude für Cum-Ex-Verfahren gebaut wird. Jetzt regt sich Ärger in der Politik.

Neue Gerichtssäle werden vorerst wohl leer bleiben

Sollte es einen Wettbewerb zwischen den Bauarbeitern, die am neuen Gerichtsgebäude arbeiten, und den 40 ermittelnden Staatsanwältinnen und Staatsanwälten geben, dann wäre dieser längst entschieden. Der Bau, in dem sich unter anderem drei große Gerichtssäle befinden werden, steht vor der Fertigstellung. Weitere Anklagen, die Gerichtsverfahren nach sich ziehen, lassen auf sich warten. Die Gerichtssäle werden vorerst wohl leer stehen. 

Und so bestätigt die Pressesprecherin des Bonner Landgerichts auch, was Prozessbeobachter schon lange vermuten: "Ursprünglich haben wir mit mehreren hundert Verfahren gerechnet und rechnen damit auch immer noch", so Gerlind Keller, "wann und ob diese Anzahl dann auch tatsächlich eingeht, können wir im jetzigen Zeitpunkt nicht sagen, das ist abhängig von der Staatsanwaltschaft."

Keine Prognose möglich

Informationen darüber, dass zeitnah neue Anklagen eingehen würden, gebe es laut der Gerichtssprecherin nicht. Dabei hat das Landgericht personell stark aufgestockt und weitere Strafkammern nur für Cum-Ex gebildet.

Die Staatsanwaltschaft Köln, die als Schwerpunktstaatsanwaltschaft die Ermittlungen führt, äußert sich nur schriftlich: "Bei der Staatsanwaltschaft Köln sind rund 135 sog. Cum/Ex-Verfahren gegen ca. 1.700 Beschuldigte unter anderem aus mehreren Dutzend Finanzinstituten anhängig. Ob und mit wie vielen weiteren Verfahren zu rechnen ist, und wann die intensiven und umfangreichen Ermittlungen im gesamten Komplex abgeschlossen sein werden, lässt sich nicht prognostizieren."

Signal an die ehrlichen Steuerzahler

Eine Hängepartie droht. Der SPD-Landtagsabgeordnete Sven Wolf fordert daher, dass die Ermittler dringend Unterstützung bekommen. Das sei am Ende auch ein wichtiges Signal an die ehrlichen Steuerzahler, dass man die Unehrlichen nicht einfach laufen lasse. Und es sei auch ein wichtiges Signal des Staates, dass man sich nicht einfach Steuergelder rauben lasse.

Auch WDR-Wirtschaftsredakteur Ulrich Ueckerseifer, der die Finanzszene und die Cum-Ex-Verfahren seit Jahren beobachtet, hofft auf einen Abschluss der Verfahren: "Es ist schon wichtig, dass man die Betrüger auch ins Gefängnis steckt. Das ist wichtig für das Gerechtigkeitsempfinden."

Ueckerseifer hat darüber hinaus einen praktikabel scheinenden Vorschlag. Die "kleinen Fische" solle man vielleicht auch ohne Prozess gehen lassen mit Geldstrafen und mit dem Einziehen der Schadenssummen. Da käme ordentlich was in die Staatskasse, sagt der erfahrene Journalist. 

45 Millionen Baukosten sollen sich lohnen

Zunächst fallen aber erst Kosten an. Rund 45 Millionen Euro werden in das Siegburger Cum-Ex-Gerichtsgebäude investiert. Elf Platanen und vier Nussbäume mussten gefällt werden. Dieser Einsatz soll sich langfristig lohnen, auch wenn es derzeit nicht danach aussieht. Im Moment arbeiten im Gebäude die Brandschützer. In welcher Phase die unzähligen Ermittlungsverfahren stecken, wissen nur die betreffenden Staatsanwältinnen und Staatsanwälte. Um in der Bausprache zu bleiben: Vielleicht sind sie ja noch mit dem Rohbau beschäftigt. Die Bauarbeiter jedenfalls haben die Nase weit vorne.

Unsere Quellen:

  • WDR-Reporter vor Ort
  • Landgericht Bonn
  • Staatsanwaltschaft Köln