So will die Politik die Gasversorgung sichern: Was heißt das für die Verbraucher?

Stand: 08.07.2022, 16:59 Uhr

Das verabschiedete Gesetzespaket zur Energiesicherheit in Deutschland soll angesichts des Ukraine-Krieges unter anderem die Gasversorgung regeln. Was bedeutet das für die Verbraucher?

Von Dominik Reinle

Nächste Woche beginnen Wartungsarbeiten an der Pipeline Nord Stream 1 - dann wird das Gas abgestellt. Am 22. Juli soll die Wartung abgeschlossen sein. Die große Frage ist: Fährt Russland die Gaslieferung danach wieder hoch?

Gesetzespaket zur Energiesicherheit beschlossen

Um auf eine mögliche Gasblockade Putins vorbereitet zu sein, haben Bundestag und Bundesrat ein Gesetzespaket zum Ausbau der Erneuerbaren und zur Energiesicherheit in Deutschland verabschiedet.

Die Kernpunkte: Energiefirmen dürfen bei einer Gasmangellage höhere Preise weiterreichen. Außerdem können künftig Kohlekraftwerke aus der Reserve geholt werden, um bei der Stromerzeugung Gas einzusparen. Zudem werden Staatshilfen für strauchelnde Energiekonzerne erleichtert.

Schutz für Unternehmen

Beim Energiesicherungsgesetz geht es zum einen darum, die Energieunternehmen vor einer Pleite zu bewahren. Zum anderen sollen die Verbraucher vor horrenden Gas-Rechnungen geschützt werden. Das Gesetz, das 1975 vor dem Hintergrund der Ölkrise eingeführt wurde, bildet dafür die Basis und ist nun reformiert worden.

Der neu geschaffene Paragraf 29 des Gesetzes soll es dem Bund ermöglichen, bei Gasfirmen wie Uniper einzusteigen, die ins Straucheln geraten sind. Das Instrument wurde bereits während der Corona-Pandemie genutzt, als der Staat bei Lufthansa eingestiegen ist. Ziel ist es, einen Kollaps der Energiewirtschaft zu vermeiden und so auch eine Preisexplosion zu verhindern.

Uniper stellt Antrag auf Staatshilfe

Anlass dürfte die schwierige Lage des Uniper-Konzerns sein. Der angeschlagene Gasimporteur stellte nach der Drosselung russischer Gaslieferungen bei der Bundesregierung am Freitag einen Antrag auf Stabilisierungsmaßnahmen.

"Politisch ist klar: Wir werden nicht zulassen, dass ein systemrelevantes Unternehmen in Insolvenz geht und infolgedessen der globale Energiemarkt in Turbulenzen gerät", erklärte Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne).

Wie es die Verbraucher treffen könnte

Für die Verbraucher könnte es trotzdem ungemütlich werden. Der Paragraf 24 des Energiesicherungsgesetzes sieht vor, dass Energieversorger gestiegene Beschaffungskosten eins zu eins an die Haushalte weitergeben können.

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Alternativ dazu könnte künftig dazu auch der neu geschaffene Paragraf 26 genutzt werden. Dieser regelt den sogenannten Umlagemechanismus. Damit sollen die höheren Gaspreise auf alle Kunden gleichmäßig verteilt werden können - unabhängig vom jeweiligen Gasanbieter.

Die beiden Paragrafen 24 und 26 stehen gleichberechtigt nebeneinander. Welcher zum Einsatz kommt, entscheidet die Bundesregierung. Ob und wann eines der beiden Instrumente aktiviert wird, ist offen. Das reformierte Gesetz soll erst mal nur mehr Handlungsoptionen schaffen.

Preisanpassungen müssen nicht zum Einsatz kommen

Die neuen Stabilisierungsmaßnahmen für Energieunternehmen könnten dabei helfen, "dass Preisanpassungsmechanismen nicht zum Einsatz kommen müssen", hatte das Wirtschaftsministerium im Vorfeld mitgeteilt. Der Bundesrat forderte in einer Entschließung Maßnahmen zum Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher.

Ähnlich äußerte sich der Verbraucherzentrale Bundesverband. Während Verbraucher durch die mögliche Preisweitergabe "das volle Risiko der explodierenden Gaspreise tragen, soll es für Unternehmen einen staatlichen Rettungsschirm geben", erklärte der Verband. "Eine gerechte Lastenverteilung sieht anders aus." Die Regierung müsse mit weiteren Entlastungspaketen oder über einen Lastenausgleich innerhalb der Umlage gegensteuern.

Ersatzkraftwerke bereithalten: Länger Energie aus Kohle

Bundesregierung und Bundestag befassten sich auch mit dem neuen "Gesetz zur Bereithaltung von Ersatzkraftwerken". Dieses Gesetz soll Vorsorge treffen für einen akuten Gasmangel. Die Bundesregierung ermöglicht dadurch, dass Kohlekraftwerke zumindest zeitweise wieder stärker genutzt werden können.

Kohle-Meiler, die eigentlich schon in der Reserve sind, sollen demnach wieder regulär ans Netz gehen können, um Gaskraftwerke bei der Stromproduktion zu ersetzen. Ziel ist es, Erdgas hauptsächlich für die Wärmeerzeugung oder den Einsatz in der Industrie zu reservieren.

Kraftwerksbetreiber wie RWE und Steag kündigten bereits an, Reserve-Blöcke in NRW-Kohlekraftwerken wieder hochfahren zu wollen - unter anderem in Niederaußem, Neurath und Bergkamen. Dies stellt die Unternehmen vor Probleme: Diese reichen von fehlendem Personal und zu geringen Kohlevorräten bis zu rechtlichen Hürden.

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