Botswana droht Deutschland mit 20.000 Elefanten

Aktuelle Stunde 03.04.2024 03:24 Min. Verfügbar bis 03.04.2026 WDR Von Raphael Markert

20.000 Elefanten für Deutschland: Was hinter dem Angebot aus Botswana steckt

Stand: 03.04.2024, 19:55 Uhr

Der Präsident von Botswana will Deutschland 20.000 wilde Elefanten überlassen. Nett gemeint ist das schwergewichtige Geschenk allerdings nicht. Wir klären, was hinter dem provokanten Vorschlag steckt.

Wie wäre die Vorstellung, in Deutschland frei laufende Elefanten zu sehen? Die Faszination für die großen Grauen ist aus der Entfernung mit Sicherheit riesig und bei einem Safariurlaub stillt der Anblick die Abenteuerlust vieler Touristen. Mit ihnen tatsächlich zu leben, ist in Deutschland aber wohl kaum vorstellbar. Und genau das ist gerade ein Argument in einem ungewöhnlichen Zoff. Aber von vorne.

Der sehr verärgerte Präsident von Botswana hatte Deutschland in einem Interview ein Angebot gemacht. Mokgweetsi Masisi wolle dem Land 20.000 wilde Elefanten zukommen lassen. Aus Ärger um ein EU-Gesetz, das Deutschland verschärfen will. Die deutsche Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) gilt nämlich als Befürworterin weiterer Einfuhrbeschränkungen für Jagdtrophäen.

Überpopulation der Dickhäuter - auch durch Schutzprogramme

Der botswanische Präsident Mokgweetsi Masisi

Der botswanische Präsident Mokgweetsi Masisi

In seinem Land herrsche eine Überpopulation dieser Tierart - Elefanten würden auch Menschen bedrohen. Masisi argumentiert, wenn Deutsche so mit wilden Elefanten leben müssten wie die Menschen in Botswana, ohne sie jagen zu dürfen, dann könnten sie ihn verstehen. Die Jagd sei wichtig, um die steigende Zahl der Elefanten unter Kontrolle zu halten. Zum Hintergrund: Seit 2019 versteigert Botswana regelmäßig Lizenzen, um Elefanten abzuschießen. Davor war es ein paar Jahre lang verboten.

Die Bestände von Elefanten haben sich in dem afrikanischen Land mittlerweile stark erholt - auch weil Schutzprogramme laufen. Heute geht man von 130.000 Tieren aus - so viele wie sonst nirgendwo in Afrika. Zum Vergleich: In den 60er-Jahren sollen es nur 10.000 Tiere gewesen sein. Botswana ist doppelt so groß wie Deutschland und hat nur ungefähr so viele Einwohner wie Hamburg.

Elefantenherde beim Überqueren des Sambesi durch das Wasser in Sambia.

Zu viele Elefanten in Botswana?

Aber: Elefanten brauchen auch viel Platz und viel Nahrung. Das führt unweigerlich auch zu Zusammenstößen mit Menschen. Die Tiere zerstören Wassertanks und Zäune, zertrampeln Felder. Und wenn sie sich bedroht fühlen, können sie auch auf Menschen losgehen. Der gelegentliche Abschuss müsse sein, so der Präsident. Botswana habe bereits 8.000 Elefanten an das Nachbarland Angola abgegeben. 

Zoodirektor: "70.000 Elefanten zuviel"

Rückenwind bekommt der Präsident von Botswana auch aus NRW: Das afrikanische Land habe 70.000 Elefanten zu viel, sagt Arne Lawrenz, Direktor des Wuppertaler Zoos und außerdem Koordinator für das Zuchtprogramm afrikanischer Elefanten. Die Tiere hätten sich massiv verbreitet, weil seit Jahren die Population nicht kontrolliert werde. "Man kann eine Population nur über die Jagd kontrollieren. Das hört sich schlimm an, aber wir Menschen haben es verbockt, weil wir den Lebensraum zu klein gemacht haben und weil wir sie gut schützen."

Ein Elefant fresse um die 100 Kilo am Tag, damit zerstörten die vielen Tiere nicht nur ihren eigenen Lebensraum sondern auch die Landschaft der Menschen. Das dürfe man nicht zulassen. Das sei ein Hilferuf aus Botswana. Deshalb sei es richtig, dass die Elefanten dort rausgenommen werden müssten, sagt Lawrenz. "Wir schaffen es hier noch nicht einmal das Wisent anzusiedeln, weil die den Wald auffressen. Und der Wolf macht uns Probleme."

Jagd als Einkommensquelle

Der Ton zwischen Deutschland und Afrika hatte sich auch verschärft, weil Botswana auch befürchtet, dass dem Land durch weitere Beschränkungen für die Einfuhr von Jagdtrophäen hohe finanzielle Einbußen entstehen könnten.

Diese wegfallende Einnahmequelle treibt auch den Umweltminister von Botswana um. Ende März appellierte er an die Bundesregierung, keine Verschärfungen zur Einfuhr von Jagdtrophäen zu beschließen. Minister Mthimkhulu betonte, dass die Praxis für die Bevölkerung eine sehr wichtige Einkommensquelle sei. Etwa 50 Gemeinden würden pro Jahr mit umgerechnet rund zwei Millionen Euro von der Jagd profitieren. Pro erlegtem Tier kann eine Jagdtrophäe durchaus 20.000 Euro einbringen.

Tierschützer fordern Importverbote

Derweil stehen sich die Parteien unversöhnlich gegenüber. Denn: Tierschützer fordern seit langem Importverbote für Jagdtrophäen bedrohter Arten in die Bundesrepublik. Deutschland ist mit Abstand der größte Importeur von Jagdtrophäen international geschützter Tierarten in der EU. Laut der Organisation Pro Wildlife wurden zwischen 2016 bis 2023 Trophäen von 4.904 Tieren international geschützter Arten nach Deutschland eingeführt, darunter 171 Leoparden, 168 Flusspferde, 147 Giraffen und 166 Elefanten.

Erst im August 2023 hatten mehr als 75.000 Menschen eine Petition gegen die Trophäenjagd unterzeichnet. Gemeinsam mit Pro Wildlife, PETA und 19 weiteren Tier- und Artenschutzorganisationen appellieren sie, die Einfuhr von Jagdtrophäen bedrohter und geschützter Tierarten, wie Elefanten, Löwen, Nashörner, Leoparden und Flusspferde, nach Deutschland umgehend zu unterbinden. 

Die Tierschutzorganisation "Future for Elephants" spricht bei der Trophäenjagd auch von negativen Folgen für den Genpool. Da bei Jagden in der Regel eher die Elefanten-Bullen mit den größten Stoßzähnen gejagt werden, könnten die starken Tiere ihre Gene nicht weitergeben.

Ministerium: "Jagd in Botswana von Verbot nicht betroffen"

Doch welche Auswirkungen hätte die Beschränkung von Einfuhren der Trophäen auf die Jagd? Keine, sagt eine Sprecherin des Umweltbundesminisiteriums. Eine weitere Verschärfung auf EU-Ebene würde Elefanten gar nicht betreffen. Die Tiere seien ohnehin schon als gefährdet gelistet. Es gehe eher um neue Einfuhrregeln für Giraffen oder Krokodile. Sie machte außerdem deutlich, dass es der EU nicht darum gehe, Jagdverbote auszusprechen.

Vor knapp zwei Jahren hatte Bundesumweltministerin Steffi Lemke angekündigt, die Importe nach Deutschland weiter einschränken zu wollen. Eine Gesetzesinitiative der Bundesregierung dazu liegt aber nach wie vor nicht vor.

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