Was der "Digital Markets Act" für Verbraucher bedeutet

02:17 Min. Verfügbar bis 07.03.2026 Von Jörg Schieb

Digital Markets Act: Was bringen die neuen EU-Regeln für Verbraucher?

Stand: 07.03.2024, 15:01 Uhr

Die Macht der großen Digitalkonzerne beschneiden - das ist das Ziel des "Digital Markets Act" (DMA). Welche Folgen und Vorteile das für Verbraucher hat, erklärt WDR-Digitalexperte Jörg Schieb.

Von Jörg Schieb, WDR-Digitalexperte.Jörg Schieb

Lange Zeit haben die großen Digitalkonzerne grundsätzlich nur nach eigenen Regeln gespielt: Die "Nutzungsbedingungen" der Anbieter waren wie ein Gesetz. Das will die EU mit dem "Digital Markets Act“" (DMA) zusammen mit dem "Digital Services Act" (DSA) ändern. Während der DSA vor allem "Soziale Netzwerke" betrifft, dreht sich im DMA alles um Wettbewerb und mehr Rechte für die Verbraucher.

Verbraucher haben viele Vorteile

Für Verbraucher bedeutet der "Digital Markets Act" im Wesentlichen nur Vorteile: Mehr Auswahl, bessere Preise und bessere Sichtbarkeit von kleineren Anbietern und Diensten, die bislang oft untergegangen sind. Aber mit der Umsetzung der neuen EU-Regeln sind auch einige Umstellungen verbunden. Möglicherweise betreffen sie Gewohnheiten der Verbraucher, denn die großen Anbieter müssen einiges verändern, wenn sie hohe Bußgelder vermeiden wollen.

Betroffen sind vor allem die bekannten Namen: Apple, Google, Microsoft, Alfabet (darunter fallen alle Google-Dienste wie Youtube sowie die Suchmaschine), aber auch der Meta-Konzern mit Facebook, Instagram und Co. Ebenso Elon Musks X (früher Twitter) und TikTok. Sie alle dürfen den Wettbewerb nicht mehr behindern.

Apple-Kunden bemerken am schnellsten Veränderungen

Am schnellsten werden User Veränderungen bei Apples App-Store sehen, für iOS, also iPhone und iPad. Bislang fährt Apple da ein strenges Regiment, entscheidet alleine, welche Regeln gelten, was die Apps dürfen und was nicht – und vor allem kassiert das Unternehmen bis zu 30 Prozent Provision bei allen Zahlungen. Das wird sich ändern. Es wird alternative App-Stores geben, etwa von Games-Anbietern oder großen Unternehmen.

Die ersten alternativen App-Stores gibt es bereits

Die ersten großen Anbieter haben bereits alternative App-Stores angekündigt, darunter der bekannte Games-Entwickler "Epic Games", den die meisten durch das populäre Online-Game "Fortnite" kennen. Epic Games liegt im Dauer-Clinch mit Apple – und war einer der Ersten, der mit einem eigenen App-Store an den Start geht. Aber auch der Anbieter der Software "MacPaw" will einen eigenen Store starten – und dort Gebühren kassieren.

App-Entwickler haben jetzt die Wahl: Sie können alles belassen, wie es ist und ihre Anwendungen wie bisher ausschließlich über Apples App-Store vertreiben, müssen dann aber von ihren dort mit digitalen Gütern und Abos erzielten Einnahmen 15 bis 30 Prozent Provision zahlen.

Oder sie machen von den neuen Store-Regeln Gebrauch und eröffnen einen eigenen Store. In diesem Fall gelten andere Konditionen: Die Gebühren sinken dann auf zehn bis 17 Prozent. Darüber hinaus müssen sie eine allgemeine "Fee" (Gebühr) bezahlen. Ob diese neuen Regeln mit dem EU-Recht zu vereinbaren sind, wird sich noch zeigen.

Für Benutzer bedeutet das aber: Mehr Auswahl – und vielleicht auch günstigere Preise. Allerdings müssen sie auch flexibler werden, also in verschiedenen Stores suchen.

Apps aus fremden App-Stores potenziell ein Risiko

Prima für alle, die wissen, was sie tun. Doch zur Ehrlichkeit gehört dazu: Einfacher wird es nicht, wenn Apps aus dritten Quellen geladen werden – und auch nicht sicherer. Apple überwacht streng, wie die Apps aussehen und was sie tun. Apps mit „Schadcode“, also Programme, die Schaden anrichten, gibt es in der iOS-Welt bislang kaum. Das wird sich jetzt ändern. Wenn User in alternativen App-Stores Apps laden, müssen sie wissen, dass das mit einem größeren Risiko behaftet ist – zumindest theoretisch – als sich am App-Store von Apple zu orientieren. Es ist eine Frage des Vertrauens.

Eltern aufgepasst: Warnungen für Downloads gibt es bei dritten Stores nicht

Auch Eltern von Minderjährigen müssen wachsam sein. Wer die iPhones und iPads der Kleinen entsprechend einrichtet, bekommt mitgeteilt und wird erst gefragt, ob der vom Nachwuchs begehrte App-Download in Ordnung geht. Das ändert sich jetzt: Wenn Kinder und Jugendliche Apps aus dritten Stores laden, gibt es diese Warnungen nicht mehr.

Apple Geräte mit iOS 17.4 an neue EU-Regeln angepasst

Apples Geräte wurden mit dem Update auf iOS 17.4 an die neuen EU-Regeln angepasst. Inklusive der Möglichkeit, Apps aus dritten Quellen – Apple nennt sie Marktplätze – zu laden. Die Funktion ist standardmäßig aktiviert.

Funktion zum Abschalten gut versteckt

Wer sich selbst und vor allem seine Kinder vom dem Download aus dritten App-Stores schützen möchte – oder dem Nachwuchs genau dieses Schlupfloch verwehren möchte, kann die App-Marktplätze abschalten. Und so funktionierts:

Dazu (nach dem Update) in die Konfiguration gehen. Die Option ist leider gut versteckt unter dem Punkt „Bildschirmzeit“. Hier sind prinzipiell die meisten Jugendschutzeinstellungen und die „Kindersicherung“ anzutreffen.

So lassen sich App-Marktplätze deaktivieren

Das Deaktivieren für App-Marktplätze findet sich unter „Einstellungen“ > „Bildschirmzeit“ > „Beschränkungen“ > „App-Installationen & Käufe“

Sollte die Option noch nicht angeboten werden, so wird es spätestens in wenigen Tagen der Fall sein und/oder es ist ein Update von iOS erforderlich.

Freie Wahl bei Browser und Suchmaschine

Deutlich mehr Auswahl gibt es auch beim Browser und Suchmaschinen. So werden alle Nutzer von Chrome oder Apples Safari auf Apple-Geräten ab dieser Woche ein Pop-up-Hinweis präsentiert bekommen, in denen mehrere Optionen angeboten werden. User können verschiedene Browser auswählen, die sie standardmäßig benutzen können, natürlich die populären wie Safari oder Chrome, aber auch Microsoft Edge oder Firefox. Dasselbe gilt für die Suchmaschinen, auch hier wird mehr Auswahl angeboten – und plötzlich sind kleinere wie das in puncto Datenschutz vorbildliche DuckDuckGo oder die ökologische Suchmaschine Ecosia zu sehen.

WhatsApp muss sich für andere Messenger öffnen

Aber auch bei den Messengern wird sich einiges ändern. WhatsApp wird sich öffnen müssen: Interoperabilität wird das genannt. Künftig können WhatsApp-Nutzer prinzipiell auch mit Usern anderer Messenger wie Signal, Threema oder Telegram Nachrichten austauschen.

Interoperabilität kommt: Zumindest prinzipiell können Nutzer künftig auch mit anderen Messenger-Apps Nachrichten mit WhatsApp austauschen

Nachrichten schicken zwischen Messengern soll möglich werden.

Ob die App-Entwickler alternativer Messenger das allerdings umsetzen werden, ist eine andere Frage. Es gibt nämlich Datenschutzbedenken: Wer sich mit dem Meta-Konzern verbindet, so die Sorge, liefert bei dem Konzern Daten ab – und möglicherweise werden eigentlich anonyme User dann für Meta sichtbar. Hier gibt es aktuell Diskussionen.

Doch der Digital Markets Act bricht – zumindest prinzipiell – den "Netzwerkeffekt": Man wird nicht mehr gezwungen sein, WhatsApp zu benutzen, nur um mit Menschen kommunizieren zu können, die WhatsApp verwenden.

Mehr Auswahl für User

Es gibt noch viele andere Veränderungen. Große Suchmaschinen wie Google müssen künftig auch die Ergebnisse spezialisierter Suchmaschinen deutlich prominenter anzeigen, etwa die Preise von Flügen oder Hotels – und nicht nur die Google-eigenen Dienste in den Vordergrund stellen. Ganz grundsätzlich ist es Google nicht mehr gestattet, die eigenen Dienste prominenter in der Suchmaschine anzuzeigen.

Längst nicht alles wird sofort umgesetzt werden. Aber die Richtung stimmt: Verbraucher bekommen deutlich mehr Rechte und auch mehr Auswahl.

Verwendete Quellen:

  • dpa
  • EU-Kommission
  • Apple Inc.

Über den Autor

Jörg Schieb, WDR-Digitalexperte.

WDR-Digitalexperte Jörg Schieb

Jörg Schieb, Jahrgang 1964, ist WDR-Digitalexperte und Autor von 130 Fachbüchern und Ratgebern. Er beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der Digitalisierung und deren Auswirkungen auf unseren Alltag.

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