DeepSeek: KI-Modell aus China als Alternative zu ChatGPT

02:15 Min. Verfügbar bis 27.01.2027 Von Jörg Schieb

DeepSeek: KI-Modell aus China als Alternative zu ChatGPT?

Stand: 28.01.2025, 15:14 Uhr

Die KI-Modelle eines kleinen chinesischen Anbieters sind kostengünstig und leistungsstark: DeepSeek entpuppt sich als ernsthafte Alternative zu bekannten Chatbots. WDR-Digitalexperte Jörg Schieb erläutert, was die KI aus China kann – und was das für die Branche bedeutet.

Von Jörg Schieb

DeepSeek: KI-Modell aus China als Alternative zu ChatGPT

Die KI-Branche ist in hellem Aufruhr: Ein vergleichsweise kleines Startup aus China namens "DeepSeek" hat in den letzten Tagen gleich mehrere beeindruckende KI-Modelle vorgestellt, die sich in Tempo und Fähigkeiten nicht hinter den großen Modellen von OpenAI, Meta oder Google nicht verstecken müssen.

DeepSeek übertrumpft ChatGPT O1

Im Gegenteil: Das neue DeepSeek R1 sei "einer der erstaunlichsten und beeindruckendsten Durchbrüche, die er je gesehen habe – "und als OpenSource ein tiefgreifendes Geschenk an die Welt”, kommentiert Marc Andreessen, einer der einflussreichsten Tech-Investoren im Silicon Valley.

Das am 20. Januar von DeepSeek vorgestellte KI-System "R1" schlägt den bisher "intelligentesten" Chatbot ChatGPT O1 (der nur zahlenden Kunden zur Verfügung steht) in diversen "Benchmarks" (Leistungsvergleich im Labor) in gleich mehreren Disziplinen – arbeitet aber zu fünf Prozent der Kosten.

Die Tatsache, dass ein KI-Unternehmen aus China in wenigen Monaten Entwicklungszeit einen KI-Chatbot entwickeln kann, der die eines Milliarden-Dollar-Konzerns wie OpenAI, aber auch das KI-Modell "LLama" von Meta schlägt, beunruhigt die KI-Branche in den USA. Das setzt die Anbieter enorm unter Druck.

Zensur und Kontrolle

Allerdings klammert der neue Chatbot Themen aus, auch wenn man DeepSeek im Westen benutzt. Die KI unterliegt strengen staatlichen Kontrollen und Zensurvorschriften. Bei Fragen zu kritischen Themen wie den Ereignissen auf dem Tiananmen-Platz 1989 verweigert das System die Antwort mit dem standardisierten Text “Sorry, that’s beyond my current scope. Let’s talk about something else”. Übersetzt heißt das etwa "Tut mir leid, das geht über meine derzeitigen Möglichkeiten hinaus. Lass uns über etwas anderes reden".

Interessanterweise zeigt sich in Tests, die Tech-Experten durchgeführt haben, dass DeepSeek die Fakten zu diesen Themen durchaus kennt - die Antworten werden jedoch nach wenigen Sekunden durch eine Zensur-Technologie gelöscht.

Diese eingebaute Zensur ist nicht nur ein technisches Feature, sondern entspricht den chinesischen Vorgaben, dass KI-Modelle “wesentlichen sozialistischen Werten” entsprechen müssen. Auch westliche KI-Modelle wie Google Gemini verfügen über Einschränkungen bei bestimmten politischen Themen, allerdings basieren diese eher auf selbst auferlegten ethischen Richtlinien als auf staatlicher Zensur (etwa Genderthemen).

DeepSeek: ein Chatbot mit bemerkenswerten Fähigkeiten

Das gerade vorgestellte "Deepseek R1" ist ein KI-basiertes Dialogsystem (Chatbot), das auf großen Sprachmodellen ("Large Language Models", LLM) aufbaut und unterschiedliche Nutzergruppen im Blick hat. Entwickelt wurde es von einem internationalen Team, das zuvor an verschiedenen Forschungsinstituten tätig war und die Lernprozesse künstlicher Intelligenz verfeinern wollte.

Im Gegensatz zu ChatGPT, das im Wesentlichen auf Informationen aus einem festgelegten Datenzeitraum zurückgreift (Trainingszeitraum), bekommt DeepSeek regelmäßig aktuelle Datensätze hinzugefügt und ist so also stets aktuell.

Unterschiede zu ChatGPT

Im Benchmark (Leistungstest) schneidet DeepSeek erstaunlich gut ab

Im Benchmark (Leistungstest) schneidet DeepSeek erstaunlich gut ab

Die Entwickler betonen, dass DeepSeek sich in technischer Hinsicht in einigen Details deutlich von ChatGPT abheben soll. Ein wesentlicher Unterschied zeigt sich im Umgang mit sensiblen Informationen. DeepSeek will Daten nach eigenen Angaben stärker filtern und auf potenzielle Fehleingaben hinweisen. Das System ermöglicht außerdem flexible Erweiterungen, bei denen Firmen oder Forschungseinrichtungen eigene Datenbanken integrieren können – ähnlich den Erweiterungen, wie es sie auch für ChatGPT gibt.

Während ChatGPT eher Alltagsfragen abdeckt, richtet sich DeepSeek besonders an solche Anwendungen, in denen präzise Fachauskünfte gefragt sind. Dazu gehören zum Beispiel medizinische, juristische oder technische Themen, bei denen eine exakte und verlässliche Antwort wesentlich sein kann. Hier müssen sich Nutzer darauf verlassen können, dass die KI nicht "halluziniert", also Antworten erfindet.

Einsatzbereiche und Kosten

Ob Privatpersonen oder Unternehmen: DeepSeek steht prinzipiell allen kostenlos zur Verfügung. Eine kostenfreie Basisversion im Web (chat.deepseek.com) erlaubt allgemeine Abfragen. Wer mag und über die technischen Fähigkeiten verfügt, kann sich auch eine lokale Version auf dem eigenen Rechner einrichten.

Die Nutzung ist auch in Deutsch möglich, allerdings gibt es hier mitunter noch Schwierigkeiten, da DeepSeek im Wesentlichen für Chinesisch und Englisch entwickelt wurde.

DeepSeek: Es gibt auch eine kostenlose DeepSeek-App

DeepSeek: Es gibt auch eine kostenlose DeepSeek-App

Für professionelle Einsätze existieren kostenpflichtige Lizenzmodelle, die einen erweiterten Funktionsumfang bieten. Hierzu zählen etwa das Anbinden eigener Datenspeicher oder spezielle Sprachpakete für die Arbeit in mehrsprachigen Teams. DeepSeek ist erkennbar dafür gemacht, für spezielle Aufgaben im Unternehmensumfeld eingesetzt zu werden.

Funktionsweise und Technik

DeepSeek nutzt so wie andere Chatbots sogenannte neuronale Netze, die Sprache in Kontext und Bedeutung zerlegen. Besonders ist die Einbeziehung mehrerer Datenquellen: Neben öffentlich verfügbaren Texten können eigene Fachpublikationen oder Dokumente hinzugefügt werden. Das System lernt im laufenden Betrieb und soll durch wiederholtes Training stets auf dem aktuellen Stand bleiben.

Ein Schwerpunkt ist die Transparenz der verwendeten Quellen: DeepSeek verweist gezielt auf mögliche Unsicherheiten bei Quellen und verweigert Antwortversuche, sollten relevante Informationen nicht eindeutig sein. Dadurch entsteht ein Dialogmodell, das im Idealfall präzisere Treffer ermöglichen soll als vergleichbare KI-Angebote.

Datenschutz und Datenfluss

Natürlich spielt beim Einsatz einer chinesischen Anwendung auch die Frage nach dem Datenschutz eine große Rolle. Bei der Nutzung von DeepSeek muss zwischen zwei Varianten unterschieden werden: Bei Verwendung der offiziellen App (auf dem Smartphone) oder Website werden die Nutzerdaten auf Servern in der Volksrepublik China gespeichert, wie es in den Nutzungsbedingungen explizit festgehalten ist.

Eine Kontrolle darüber, welche Daten mit chinesischen Servern ausgetauscht werden, ist dabei nicht möglich. Anders verhält es sich bei der Open-Source-Version: Diese kann vollständig lokal und offline betrieben werden, wodurch keine Daten nach China übertragen werden.

Für Nutzer, die auf Datenschutz wert legen, bietet die App “Private LLM” eine Möglichkeit, DeepSeek R1 komplett offline auf dem eigenen Rechner zu verwenden, wobei die Datenverarbeitung ausschließlich lokal erfolgt. So lässt sich die KI kostenlos nutzen, ohne das Risiko, dass Daten abfließen.

Bedeutung als Alternative

Mit DeepSeek wächst das Angebot an KI-Systemen (Chatbots), ein Bereich, der bislang vor allem von wenigen großen Plattformen wie ChatGPT oder Gemini von Google dominiert wird. Die Auswahl an konkurrenzfähigen KI-Modellen wird größer. Das setzt die KI-Unternehmen weiter unter Druck, schneller besser zu werden – und die KI-Modelle günstig anzubieten.

Unsere Quellen:

  • The Verge
  • MIT Technology Review
  • DeepSeek