Wie ein Intensivmediziner um das Leben seiner Patienten kämpft

Stand: 27.04.2021, 14:55 Uhr

Auf den Intensivstationen liegen viele junge Patienten, die schwer an Corona erkrankt sind. Ein Gespräch mit Prof. Thorsten Wahlers, Direktor der Klinik herzchirurgische Intensivmedizin der Uniklinik Köln.

Der Mediziner Thorsten Wahlers steht in der Kölner Uniklinik vor einem Intensivzimmer. Im Bett an Maschinen angeschlossen liegt ein 29-jähriger Mann. Seit einer Woche wird der Covid-Patient dort behandelt - eingeliefert mit schwerster Luftnot.

Erst, so berichtet Wahlers, habe man versucht, seine Lunge zu unterstützen. Doch das half nicht. Auch das Beatmen mit einer Maske schlug nicht an. Am Ende mussten die Ärzte eine ECMO-Maschine anschließen, die das Blut mit Sauerstoff auffüllt. Wahlers gehen solche Fälle nah.

WDR: Was ist das Erschütternde an diesen Krankheitsverläufen?

Wahlers: Ein Herzchirurg operiert normalerweise ein Herz, und ein paar Tage nach der Operation ist der Patient fast gesund, weil wir das Problem korrigiert haben. Ein Patient mit Covid liegt im Durchschnitt 14 Tage auf der Intensivstation. Dann ist er entweder gestorben oder die Lunge so viel besser, dass er die Station verlassen kann. Ich hätte in der gleichen Zeit sieben Patienten mit einer Herz-OP versorgen können. Ein Dilemma.

WDR: Wie viel mussten Sie von Ihrem normalen Geschäft jetzt schon reduzieren?

Wahlers: Die Hälfte dieser Station ist mit Covid-Patienten belegt. Das heißt, dass wir unsere Operationen um die Hälfte reduzieren mussten. Intensivbetten braucht man in so einer großen Stadt wie Köln für alles - für Unfälle, für Herzinfarkte, für plötzliche andere Erkrankungen. Durch diese Pandemie fehlen Intensivbetten. Mit einem Herzinfarkt kann man das Problem bekommen, dass ein Intensivbett in Köln nicht mehr verfügbar ist.

WDR: Wie geht es jetzt mit dem jungen Patienten weiter?

Wahlers: Wie das hier weiter geht, weiß ich nicht. Laut Statistik hat er eine 60 bis 70-prozentige Gefahr zu sterben, weil sich die Lunge nicht mehr erholen wird. Für die restlichen 30 Prozent kämpfen wir. Ich kämpfe, indem ich Therapievorgaben mache, die Schwester kämpft am Bett, indem sie ihn alle acht Stunden dreht. Es ist ein extremer Pflegeaufwand, aber auch ein psychischer Aufwand für das Pflegepersonal.

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