Patienten müssen Behandlungsfehler nachwiesen
WDR aktuell. 17.08.2023. 10:02 Min.. Verfügbar bis 17.08.2025. WDR. Von Cengiz Ünal.
Gutachten zu Behandlungsfehlern: Fast 2.700 Patienten mit gesundheitlichen Schäden
Stand: 17.08.2023, 13:39 Uhr
Bei gut 3.200 Behandlungen, die den gesetzlichen Krankenkassen zur Begutachtung vorgelegt wurden, haben die Gutachter Behandlungsfehler festgestellt. Bei fast 2.700 Fällen führten die Fehler zu Schäden bei den Patienten.
Gutachter der Krankenkassen haben im vergangenen Jahr in 2.696 Fällen Behandlungsfehler festgestellt, die zu gesundheitlichen Schäden bei Patienten führten. Es wurden 13.059 fachärztliche Gutachten erstellt, nachdem Patientinnen und Patienten sich wegen vermuteter Behandlungsfehler bei den Kassen beschwert hatten. Das teilte der Medizinische Dienst der Kassen in seiner jährlichen Statistik am Donnerstag mit.
Die Zahlen bewegen sich in etwa auf dem Niveau der Vorjahre. Insgesamt wurde in 3.221 Gutachten festgestellt, dass ein Behandlungsfehler vorlag. Das entspricht jedem vierten Gutachten, das erstellt wurde. In fast jedem fünften Fall (2.696) führte der Fehler zu einem gesundheitlichen Schaden, in 84 Fällen führte er zum Tod oder trug wesentlich dazu bei.
Dunkelziffer bei Behandlungsfehlern sehr hoch
Zwei Drittel aller von Patienten erhobenen Vorwürfe bezogen sich der Statistik zufolge auf stationäre Leistungen vorrangig in Krankenhäusern, ein Drittel auf Arztpraxen. Am häufigsten ging es um Operationen. Hier seien Fehler für Patienten leichter zu erkennen und würden daher auch eher gemeldet als beispielsweise Medikationsfehler.
Dr. Stefan Gronemeyer, Vorstandsvorsitzender Medizinischer Dienst Bund
Der Medizinische Dienst wies darauf hin, dass die Zahlen lediglich seine Begutachtungszahlen und -ergebnisse zeigten. Es gehe nur um Fälle, in denen Patientinnen und Patienten reagiert hätten, wenn eine Behandlung nicht ihren Erwartungen entsprochen habe. Die Dunkelziffer liege deutlich höher, sagte der Vorstandsvorsitzende des Medizinischen Dienstes, Stefan Gronemeyer.
AOK-Bundesverband kristisiert Hürden bei Überprüfung
Dr. Carola Reimann
"Nur etwa drei Prozent aller unerwünschten Ereignisse werden nachverfolgt", sagte die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Carola Reimann in diesem Zusammenhang. Aus der Beratung der Versicherten wisse man, dass Patientinnen und Patienten, die einen Behandlungsfehler vermuteten, nach wie vor große Probleme hätten, ihre Rechte durchzusetzen. "Es gibt zu hohe Hürden bei der Beweisführung, oft lange Verfahrensdauern und Probleme bei der Schadensregulierung", so Reimann.
Um Patienten, die befürchten, dass ihr Arzt einen Fehler bei der Behandlung gemacht hat, zu unterstützen, gibt die Verbraucherzentrale auf ihrer Website Tipps, an wen man sich wann wenden sollte. Sie empfiehlt, zunächst die eigene Krankenkasse zu kontaktieren.
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung gibt es in Deutschland pro Jahr knapp 17 Millionen Behandlungsfälle in Krankenhäusern und mehr als 550 Millionen Behandlungsfälle in Arztpraxen.
Mit Material der Agentur dpa.
Über dieses Thema berichtet der WDR am 17. August 2023 auch im Hörfunk.