Banksy-Graffiti: Person mit Gasmaske und Feuerlöscher

Versuchter Diebstahl von Banksy-Werk in der Ukraine: Wem gehören Graffiti?

Stand: 03.12.2022, 15:19 Uhr

In Kiew hat die Polizei den Diebstahl eines Graffito des Streetart-Künstlers Banksy aus einer Hausfassade gerade noch verhindert. Hat solche Kunst überhaupt einen Besitzer?

Von Andreas Poulakos

Die Polizei in der ukrainischen Hauptstadt Kiew hat am Freitag offenbar knapp den Diebstahl eines berühmten Wandgemäldes verhindert. Nachbarn im Kiewer Vorort Hostomel hatten acht Männer um die Mittagszeit dabei beobachtet, wie sie das Werk des berühmten Streetart-Künstlers Banksy aus der Wärmedämmung einer Hausfassade herausschnitten, und die Polizei alarmiert.

Die Beamten nahmen die mutmaßlichen Diebe fest und beschlagnahmten das Bild, auf dem eine Frau mit Lockenwicklern und Gasmaske zu sehen ist. Das ukrainische Kulturministerium prüft nun, was mit dem Gemälde geschehen soll.

Verbeugung vor dem ukrainischen Volk

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Täter schnitten das Bild aus der Wand

Banksy hatte die Ukraine im November besucht und mehrere Werke auf Hausfassaden hinterlassen. Der Streetart-Künstler, der seine Identität bewusst geheim hält, wollte damit seine Unterstützung für das ukrainische Volk demonstrieren. Was die Männer mit dem gestohlenen Bild vorhatten, ist noch nicht geklärt. Allerdings erzielen Banksy-Werke auf internationalen Kunstauktionen immer wieder hohe Millionenbeträge. Der Verdacht liegt nahe, dass die mutmaßlichen Täter das Werk auf dem Schwarzmarkt verkaufen wollten.

Es wäre nicht das erste Mal, dass Banksy-Graffiti auf dem Kunstmarkt landen. Erst im Februar 2021 ließ ein Hausbesitzer im britischen Nottingham ein Banksy-Werk aus seiner Hauswand heraustrennen. Das Bild eines Mädchens, das einen Fahrradschlauch als Hula-Hoop-Reifen nutzt, wurde für einen sechsstelligen Betrag an eine Galerie verkauft.

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Verschwunden: Banksy-Werk in Lowestoft

Ähnliches ereignete sich wenige Monate später in der englischen Küstenstadt Lowestoft: Auch dort verschwand das Bild eines kleinen Mädchens mit einem Brecheisen von der Wand eines Elektronikladens. Britischen Medien zufolge soll der Hausbesitzer mit dem Verkauf rund zwei Millionen Pfund verdient haben.

Scharfer Kritiker des kommerziellen Kunstmarkts

Im Sinne des Künstlers sind solche Verkäufe nicht. Banksy gilt als scharfer Kritiker des kommerziellen Kunstmarkts und lehnt die Präsentation seiner Werke in Museen und Galerien ab. Berühmt wurde Banksy für eine Aktion im Auktionshaus Sotheby's im Jahr 2018: Unmittelbar nachdem sein Werk "Girl with Balloon" für mehr als eine Milllion Pfund an einen Bieter gegangen war, zerstörte sich das Bild automatisch mithilfe eines im Rahmen versteckten Schredders.

Juristen sprechen von "aufgedrängter Kunst"

Wenn Banksy-Werke aus dem öffentlichen Raum verschwinden, gibt es immer wieder wütende Proteste. Doch Hausbesitzer sind zumindest in Deutschland juristisch auf der sicheren Seite. Das Recht spricht in diesem Zusammenhang von "aufgedrängter Kunst". Das heißt: Weil der Hausbesitzer keine Erlaubnis für die Bemalung seines Eigentums gegeben hat, kann er damit zunächst einmal verfahren wie er möchte. Er kann das Kunstwerk zerstören - und nach Ansicht der allermeisten Juristen sogar verkaufen.

Im Jahr 2007 hatte ein Sprayer die Bundesrepublik Deutschland auf Schadenersatz verklagt, weil sie Elemente der Berliner Mauer der UNO geschenkt hatte, auf denen er sich künstlerisch betätigt hatte. Der Bundesgerichtshof lehnte die Klage ab. Aufgedrängte Kunst dürfe grundsätzlich weiterveräußert werden, weil sonst der Eigentümer auf "unerträgliche Weise in seinem grundrechtlich geschützten Recht, mit der Sache nach Belieben zu verfahren" beschränkt würde (Aktenzeichen: I ZR 42/04).

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