Schiene oder Straße: Minister streiten über Ausbau-Prioritäten

Stand: 09.12.2022, 17:30 Uhr

Die Ampel-Koalition streitet darüber, wer beim Infrastruktur-Ausbau mehr Priorität bekommen soll. Die Schiene oder die Straße? Das betrifft auch Bau-Projekte in NRW.

Es brauche mehr "Tempo beim Infrastrukturausbau", heißt es im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung. Aber wo genau? Eher bei der Schiene oder der Straße? Soll also eher der Bahn- oder der Auto-Verkehr profitieren? Darüber schwelt schon seit Wochen ein Streit zwischen den Bundesministerien Umwelt und Verkehr. Am Freitag versuchte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), bei einem Treffen den Streit zu schlichten. Betroffen sind auch Projekte in Nordrhein-Westfalen wie die Rahmedetalbrücke.

Umweltministerin fordert mehr klimaschonenden Verkehr

Im Kern geht es beim Streit zwischen Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) und Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) um die Zukunft von Beschleunigungsverfahren im Bereich Verkehr. Das Umweltressort hatte zuletzt immer betont, dass vor allem klimaschonende Infrastruktur schneller geplant und gebaut werden müsse - zum Beispiel Schienen.

Das Verkehrsressort machte in den Diskussionen deutlich, dass der Ausbau von Autobahnen und anderen Straßen ebenfalls wichtig sei - auch um den Ansprüchen der Logistikbranche gerecht zu werden. "Wir haben in Deutschland über 4.000 marode Autobahnbrücken, und deswegen müssen wir unsere Autobahnen in Ordnung bringen", betonte Verkehrsminister Wissing am Freitag im ARD-"Morgenmagazin".

Ampel-Vorhaben: Mehr Investitionen in Schienen

Es geht bei dem Streit indirekt auch ums Geld. Im Koalitionsvertrag haben sich die Ampel-Parteien darauf verständigt, "erheblich mehr in die Schiene als in die Straße investieren". Das war der Vorgänger-Regierung schon in ihrem letzten Jahr gelungen.

Allerdings war es davor lange Zeit umgekehrt. Und nun bemüht sich der Verkehrsminister, dass das Straßennetz nicht zu kurz kommt. Wird der Ausbau des Schienennetzes in Zukunft also doch wieder an Bedeutung verlieren?

Beispiel Rahmedetalbrücke: Sie soll sechsspurig werden

gesperrte Talbrücke Rahmede, Lüdenscheid, NRW, A45

Die Rahmedetalbrücke muss neu gebaut werden.

Die Diskussion über Beschleunigungsverfahren betrifft zum Beispiel den Bau der neuen Rahmedetalbrücke an der A45 in Lüdenscheid. Die Brücke muss nicht nur ersetzt werden, weil die alte marode und daher längst gesperrt ist. Die neue Rahmedetalbrücke soll auch sechsspurig gebaut werden.

Man müsse eine Brücke bauen, "die auch für die zusätzlichen Verkehre der Zukunft ausreicht", so Wissing. Das macht das Planungs- und Genehmigungsverfahren aber weitaus aufwendiger.

Aufwendige Verfahren auch bei NRW-Schienenprojekten

Auf dem Bild sind die Schienen der Betuwelinie und ein Güterzug zu sehen.

Die "Betuwe"-Linie wird umfassend ausgebaut.

Auf der anderen Seite stehen Schienenprojekte wie der Ausbau der Bahnstrecke Emmerich-Oberhausen, "Betuwe"-Linie genannt, der bereits in vollem Gange ist. Die Strecke ist laut Deutscher Bahn die zentrale Verbindung zwischen den niederländischen Nordseehäfen und dem Ruhrgebiet und gilt als eine Lebensader für den europäischen Güterverkehr.

Die rund 73 Kilometer lange Strecke wird dreigleisig ausgebaut, stückweise sogar um ein viertes Gleis ergänzt. Auch bei Schienenprojekten wie diesem ist das Planungs- und Genehmigungsverfahren aufwendig - mehr Tempo würde den Ausbau des Schienenverkehrs schneller voranbringen.

Wissing: Straße "nicht per se klimaschädlich"

Im "Morgenmagazin" legte Wissing nach. "Eine Straße ist ja nicht per se klimaschädlich, wenn die Fahrzeuge einen klimaneutralen Antrieb bekommen."

Dieses Element beinhaltet Daten von Twitter. Sie können die Einbettung auf unserer Datenschutzseite deaktivieren.

Das Gespräch am Freitag zwischen Wissing, Lemke und Scholz hat zwar noch keine Einigung gebracht. Es sei aber konstruktiv verlaufen. Man sei optimistisch, einer Einigung näherzukommen, hieß es von einer Sprecherin der Bundesregierung.

Weitere Themen