Sabotage gegen die Bahn: Was wir wissen - und was wir nicht wissen

Stand: 13.10.2022, 17:43 Uhr

Wer ist verantwortlich für die Sabotage bei der Bahn, die am Samstag vor allem in Norddeutschland zu Chaos im Zugverkehr führte? Was wir bislang wissen - und was nicht.

Am Samstag standen viele Züge in Deutschland still. Unzählige Reisende strandeten, auch in NRW. Was wir bislang über die Ursachen und Folgen wissen - und was nicht.

Was wir bislang wissen

Was wir über die Ursachen wissen

Unbekannte hatten am Samstag wichtige Kommunikationskabel der Deutschen Bahn zerstört. Gleich zwei Stellen waren betroffen. Die Bundespolizei bestätigte dem WDR, dass mit Herne einer der Tatorte in Nordrhein-Westfalen liegt. Der andere Tatort sei Berlin-Hohenschönhausen.

Dass es ein gezielter Angriff war, scheint gesichert. Nach Einschätzungen aus Sicherheitskreisen setzt das Vorgehen Insiderwissen über die Bahn voraus.

Der Staatsschutz in Bochum geht von einer "politisch motivierten Tat" aus. Das sagte ein Polizeisprecher der Deutschen Presse-Agentur. Man habe eine größere Ermittlungsgruppe gebildet, bestehend aus 10 Einsatzkräften. Nun hat die Bundesanwaltschaft das Ermittlungsverfahren übernommen - und mit den polizeilichen Ermittlungen das Bundeskriminalamt beauftragt.

Nach WDR-Informationen haben die Täter in unmittelbarer Nähe vom Herner Bahnhof einen Kabelschacht geöffnet und das Kabel durchgeschnitten, das für die Funkverbindung zuständig ist. Die Ermittler haben nun keine leichte Aufgabe. Da das gekappte Kabel sofort wieder repariert werden musste, sind dadurch auch mögliche Spuren verwischt.

Was wir über die Folgen wissen

Vor allem in Norddeutschland, aber auch im Zugverkehr in Nordrhein-Westfalen, war es am Samstag zu Ausfällen und Verspätungen gekommen. Die Bahn musste den Zugverkehr zeitweise einstellen.

Menschen im Bielefelder Bahnhofgebäude

Die heftige Störung traf Nordrhein-Westfalen mitten in den Herbstferien. Viele Reisende waren am Samstagmorgen an den Bahnhöfen gestrandet - unter anderem in Köln, Münster und Bielefeld.

Wer seine Reise am Samstag wegen der Auswirkungen der Störung verschieben wollte oder musste, kann laut Bahn das schon gebuchte Fernverkehrsticket bis einschließlich sieben Tage nach Störungsende flexibel nutzen. Sitzplatzreservierungen könnten kostenlos storniert werden, so die Bahn weiter.

Was wir nicht wissen

Wer steckt hinter der Tat?

Zu den möglichen Tätern gibt es weiter keine offiziellen Informationen. Grundsätzlich gibt es viele potenzielle Täter, meint Manuel Atug von der AG KRITIS, einer unabhängigen Arbeitsgruppe zur Verbesserung der IT-Sicherheit und Resilienz unserer kritischen Infrastrukturen. Die Bahn sei als politisches Ziel in der Vergangenheit mehrfach angegriffen worden. Im WDR-Interview zählt Atug weiter auf: "Das kann von Militär- und Geheimdiensten, die natürlich so etwas als Missionsziel immer haben, die ganze Bandbreite abdecken - aber auch Verschwörungstheoretiker, Querdenker."

Was ist das Motiv?

Die Hintergründe der Tat seien derzeit noch nicht bekannt, hatte Bundesverkehrsminister Wissing im WDR-Interview erklärt. Für den Vorfall in Berlin übergab die Bundespolizei die Ermittlungen an den Staatsschutz des Landeskriminalamtes, wie eine Polizeisprecherin erklärte. Obwohl ein politischer Hintergrund nicht auszuschliessen ist, werde dennoch in alle Richtungen ermittelt.

Gibt es eine Verbindung zu den Gaspipelines oder zur Krim-Brücke?

IT-Sicherheitsexperten zufolge könnte es bei der gezielten Sabotage am Kabelnetzwerk der Deutschen Bahn einen Zusammenhang mit der mutmaßlichen Sabotage an den Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 oder mit der Zerstörung der Krim-Brücke geben. Es könnte sich auch um einen Testlauf gehandelt haben, "um die Auswirkungen einer solchen Sabotage zu sehen", sagte Michael Wiesner von der AG Kritis der Funke Mediengruppe. In diesem Jahr habe die AG Kritis vermehrt Cyberangriffe registriert, etwa auf den Energiesektor.

Welche Konsequenzen werden nun gezogen?

Grünen-Chef Nouripour fordert nach der Bahn-Sabotage Verbesserungen beim Schutz der kritischen Infrastruktur, zu der unter anderem Energieversorgung, Telekommunikation oder Verkehr gehören. "Nancy Faeser und ihr Innenministerium müssen hier schnellstens einen Gesetzentwurf vorlegen", verlangt Nouripour.

Bundesverkehrsminister Wissing stellt im WDR-Interview klar: "Die Bahn verfügt über ein großes Netz, weitverzweigt in Deutschland. Klar ist, dass nicht überall jemand präsent sein kann." Aus Sicht des FDP-Politikers haben die Sicherheitsmechanismen nach der Sabotage funktioniert. Im WDR bekräftigte Wissing aber auch seine Forderung, die Infrastruktur stärker in den Blick zu nehmen und sie zu einem Verfassungsziel zu erklären. "Sie ist für uns eine ganz wesentliche Grundlage, um sicher zu leben."

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Über dieses Thema berichten wir am 9.10.2022 auch in den WDR Hörfunk-Nachrichten und im WDR-Fernsehen.