Festnahme in Castrop-Rauxel: Keine Giftstoffe gefunden, Antrag auf Haftbefehl
Stand: 08.01.2023, 19:11 Uhr
Anti-Terror-Ermittler haben in Castrop-Rauxel einen 32-Jährigen und seinen Bruder festgenommen. Der Verdacht: Der Mann soll einen islamistischen Anschlag mit einer chemischen Bombe vorbereitet haben.
Bei der Durchsuchung im Ruhrgebiet wegen eines möglicherweise geplanten Anschlags haben die Ermittler in der Wohnung des Verdächtigen keine Giftstoffe gefunden. Das sagte ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf am Sonntagmorgen. Am Sonntagabend gab die Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf dann bekannt, dass beide Festgenommenen dem zuständigen Amtsgericht mit Antrag auf Erlass eines Haftbefehls vorgeführt würden. Gegen den 32-jährigen M. J. und den 25-jährige J. J. bestehe nach derzeitigem Stand "der dringende Tatverdacht der Verabredung zu einem Verbrechen, nämlich einem Mord".
Die Verabredung zu einem Mord, so informiert die Behörde weiter, werde mit einer Freiheitsstrafe von drei bis zu fünfzehn Jahren bestraft.
Festnahme in der Nacht
In der Nacht zum Sonntag waren auf richterliche Anordnung die Wohnräume des 32-Jährigen in Castrop-Rauxel durchsucht worden. Das hatten die Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf, die Polizei Recklinghausen und die Polizei Münster am frühen Morgen mitgeteilt. Der iranische Staatsangehörige, so hieß es, sei verdächtig, sich für die Tat die Giftstoffe Cyanid und Rizin besorgt zu haben. Der 32-Jährige und sein jüngerer Bruder wurden festgenommen.
Der Einsatzort war um Mitternacht weiträumig abgesperrt. Polizei, Feuerwehr und Rettungskräfte waren mit einem Großaufgebot vor Ort. Zahlreiche Einsatzkräfte trugen Schutzanzüge.
Beweise werden ausgewertet
"Der Beschuldigte ist verdächtig, eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet zu haben", teilten die Ermittler am Morgen mit. "Die Durchsuchung dient der Auffindung entsprechender Giftstoffe und anderer Beweismittel." In der Wohnung seien Beweismittel sichergestellt worden und würden nun ausgewertet. Ob der Verdächtige einem Haftrichter vorgeführt werde, sei noch nicht entschieden.
Gegenüber der Deutschen Presseagentur (DPA) soll der Generalstaatsanwalt gesagt haben, dass der Hinweis auf die Anschlagsgefahr mit einer chemischen Bombe von einer US-amerikanischen Sicherheitsbehörde gekommen sei. Die DPA will zudem "aus Sicherheitskreisen" erfahren haben, dass er Anhänger einer sunnitischen islamistischen Terrorgruppe sei.
Ein Großaufgebot von Polizei und Feuerwehr war vor Ort
Wegen der biologisch-chemischen Gefahren für die Einsatzkräfte waren laut dem Bericht auch Mitarbeiter des Robert Koch-Instituts (RKI) als Berater vor Ort. Ferner seien mehrere Mitarbeiter des Bundeskriminalamtes (BKA) und ein Entschärfer-Kommando im Einsatz gewesen. Das BKA wollte sich nicht zu dem Einsatz äußern und verwies auf die Generalstaatsanwaltschaft.
Rizin und Cyanid: Tödliche Gifte und biologische Waffen
Bereits 2018 war ein Paar in Köln festgenommen worden, das mit Rizin eine biologische Waffe herstellen wollte. Beide wurden später zu langen Haftstrafen verurteilt.
Rizin
Rizin wird laut dem Robert Koch-Institut in der Kriegswaffenliste unter "Biologische Waffen" aufgeführt. Es wird aus den Samen der Rizinuspflanze hergestellt, die auch als Wunderbaum bekannt ist. Es ist zwar kompliziert, aus den Rizinussamen das Gift zu gewinnen - gelingt es jedoch, kann dies hochgefährlich werden. Je nach Art der Aufnahme ist die Wirkung tödlich - und zwar bereits nach 36 bis 72 Stunden.
Die Symptome einer Vergiftung reichen von Kopfschmerzen über Krämpfe bis hin zu Leber- und Nierenversagen. Dabei sind die Inhalation und das direkte Eindringen des Toxins in den Körper wie etwa durch Stich- oder Schnittverletzungen besonders gefährlich. Ein spezifisches Gegenmittel gibt es nicht, die Behandlung erfolgt immer symptomatisch. Ansteckend ist eine Rizin-Vergiftung nicht.
Cyanid
Cyanide - vor allem das als Zyankali bekannte Kaliumcyanid - werden schon seit langer Zeit für gezielte Vergiftungen verwendet. Sie wirken nicht nur bei Verschlucken, sondern auch nach Einatmen über die Lunge. Beim Kontakt von Cyaniden mit Wasser entsteht Blausäure (Cyanwasserstoff), die für ihren typischen Bittermandelgeruch bekannt ist. Die Atemgifte wirken sehr schnell, die Opfer sterben an Atemlähmung.
Cyanide werden unter anderem zur Härtung von Stahl, bei der Kunststoffherstellung und bei der Synthese organischer Verbindungen eingesetzt. Cyanverbindungen führen immer wieder zu Massensterben von Fischen und anderen Wasserlebewesen, wenn sie etwa aus Bergwerken in Gewässer gelangen. Zu Vergiftungen beim Menschen kann es etwa nach dem Verzehr von Bittermandeln oder Aprikosenkernen kommen. Es gibt auch ungiftige Cyanide, die unter anderem als Lebensmittelzusatz verwendet werden.