Bahn-Bilanz: "Experiment 9-Euro-Ticket geglückt"

Stand: 28.07.2022, 13:31 Uhr

Die Bahn hat in den vergangenen Monaten deutlich mehr Fahrgäste gezählt. Ein Grund ist das 9-Euro-Ticket. Aber volle Züge, fehlendes Personal und ein marodes Schienennetz zeigen auch: Das System Bahn ist für eine solche enorme Nachfrage noch nicht ausgelegt.

Von Christina Höwelhans

725 Millionen Fahrgäste sind nach Angaben der Deutschen Bahn im ersten Halbjahr dieses Jahres im Regionalverkehr in Deutschland unterwegs gewesen. Mit Vor-Corona-Zeiten ist das noch nicht vergleichbar, aber es waren 60 Prozent mehr Fahrgäste als im gleichen Zeitraum des vergangenen Jahres. Das 9-Euro-Ticket gibt es zwar erst seit Juni, dennoch liegt nahe, dass es die Nachfrage ordentlich angekurbelt hat.

Allein die Deutsche Bahn hat bislang rund 19 Millionen der vergünstigten Monatstickets verkauft. "Das Experiment 9-Euro-Ticket ist geglückt", so Bahnchef Richard Lutz bei der Halbjahres-Pressekonferenz des Konzerns. Lutz räumte allerdings auch ein, dass das Schienennetz derzeit an vielen Stellen marode sei und dadurch viele Baustellen entstanden sind. Das sorgt für Verspätungen und Ausfälle.

Gewerkschaften: Hohe Belastung für Bahnpersonal

Die Gewerkschaften betonen, dass das 9-Euro-Ticket die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bahn an ihre Belastungsgrenzen gebracht habe. Von der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG heißt es deshalb, dass das 9-Euro-Ticket nicht verlängert werden könne. Die Lokführergewerkschaft GDL sieht die Bahn durch das 9-Euro-Ticket ebenfalls überlastet. "Das tut dem System nicht gut, weil es sowieso schon auf Verschleiß gefahren wird", so GDL-Chef Claus Weselsky im RBB-Inforadio. Die Belastung zeigt sich auch in fehlendem Personal: Im Großraum Köln mussten deshalb am vergangenen Wochenende mehrere S-Bahn-Linien ganz ausfallen.

Uneins sind die Gewerkschaften bei der Frage, welche Preise die Nahverkehrstickets künftig haben sollten. GDL-Chef Weselsky fordert ein bundesweites Ticket zu einem angemessenen Preis: "Wir vehökern hier etwas." Die EVG dagegen kann sich vorstellen, dass der Nahverkehr langfristig kostenlos wird - dafür müsse aber erst das Angebot ausgebaut werden.

Das 9-Euro-Ticket gilt noch im Juli und August und ermöglicht bundesweit Fahrten im Nahverkehr für je einen Monat. Bund und Länder diskutieren über eine Nachfolgeregelung.

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