Hörbuchcover: "Die sieben Monde des Maali Almeida" von Shehan Karunatilaka

"Die sieben Monde des Maali Almeida" von Shehan Karunatilaka

Stand: 07.12.2023, 12:00 Uhr

Der Kriegs-Fotograf und Spieler Maali Almeida stellt überrascht fest, dass er tot ist. Doch warum? Maali hat sieben Monde Zeit, das als Geist herauszufinden. Eine Rezension von Christian Kosfeld.

Shehan Karunatilaka: Die sieben Monde des Maali Almeida
Gelesen von Hans Löw.
Goya Lit, 2023.
Download,13 Std. und 26 Mi. Laufzeit, 25 Euro.

"Die sieben Monde des Maali Almeida" von Shehan Karunatilaka

Lesestoff – neue Bücher 07.12.2023 05:45 Min. Verfügbar bis 30.11.2024 WDR Online Von Christian Kosfeld


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"Die Frau schlägt ein wuchtiges Buch auf. [...] „Erst müssen wir Ihre Angaben prüfen. Name?“ „Malinda Albert Kabalana.“ [...] „Danke. Religion?“ „Keine.“ „Wie albern. Todesursache?“ „Kann mich nicht erinnern.“ „Seit Eintreten des Todes vergangene Zeit?“ „Weiß nicht.“ „Aiyo.'"

Colombo, Anfang der 90er Jahre. Der Kriegs-Fotograf und Spieler Maali Almeida stellt überrascht fest, dass er tot ist. Er findet sich in einer Zwischenwelt wieder, die einer sonderbaren Einwanderungs-Behörde ähnelt. Bevölkert ist sie von den Geistern der Toten, und das sind viele in den Zeiten des Bürgerkriegs in Sri Lanka. Auch er wurde ermordet. Doch wie, von wem und warum, das weiß er – wie auch alle anderen Geister – nicht. Maali hat sieben Monde, sieben Zwischenwelt-Tage Zeit, das herauszufinden, und kann durch Colombo geistern. Wurde er wegen seiner brisanten Kriegs-Fotos umgebracht, die er in einem Karton unter seinem Bett versteckt hat?

"Du hast Fotos von dem Minister, der zusah, während die Bestien von '83 tamilische Häuser anzündeten und deren Bewohner abschlachteten. Du hast Porträts von verschollenen Journalisten und verschwundenen Aktivisten, gefesselt und geknebelt und gestorben in der Haft. Du hast körnige, aber eindeutige Aufnahmen eines Majors der Streitkräfte, eines Tiger-Kommandanten und eines britischen Waffenhändlers, die an einem Tisch sitzen und sich einen Krug Kokoswasser teilen."

Der Geist Maali beobachtet Balal Ajith und Kottu Aiya, die gegen Geld Leichen verschwinden lassen. Er begegnet Toten, wie dem Gewerkschaftler Sena Pathirana oder der Rechtsanwältin Ranee Sridharan. Und er ist als dabei, als sein Lebensgefährte DD, seine Freundin Jaki und seine Mutter ihn bei den Ermittlern Cassim und Ranchagoda als vermisst melden.

"'Sein Vater war Singhalese. Ich bin Burgherin. Wir sind Sri Lanker. Gibt es da ein Problem?“ „Kein Problem, Madam. Kein Problem.“ Ranchagoda lacht so steif, dass es wie Schnauben klingt: „In den Krankenhäusern haben Sie schon nachgefragt?“ „Ja. Und in den Casinos“, sagt Jaki. „Er spielt wieder?“, fragt DD. „Er ist Spieler?“, fragt Detective Cassim. DD sagt nein, und Jaki sagt ja, und deine liebe Mutter schüttelt den Kopf und starrt ihre Handtasche an. „Kommen Sie am Donnerstag wieder“, sagt ASP Ranchagoda mit einem Nicken, während der Detective seinen Stift über ein Papier schiebt, das niemand lesen wird. „Bis dahin können wir nichts tun. Es gibt so viele Vermisstenfälle heutzutage.'"

Offenbar hat Maali Fotos von Kriegsverbrechen gemacht, an denen sehr unterschiedliche Gruppen interessiert sind. Da ist der schwule Barkeeper Chaminbda, der ihn zuletzt lebend gesehen hat, der ehrlose Justizminister Cyril Wijeratne, die tamilische Aktivistin Elsa Mathangi, den schmierige Johnny Gilhooley von Associated Press. Im Geisterreich ist Maali trifft zudem Wesen wie den Seher „Crow Uncle“, ermordete Journalisten und das Höllenwesen Naraka, das der Mythologie entsprungen ist.

Shehan Karunatilakas Roman sprudelt vor Energie, Einfallsreichtum und Ideen. Mit dem Hörbuch kann man Hans Löw elf Stunden lang durch diese fantastische Erzähl-Welt folgen. Löw findet die schwierige Balance von Witz und Schrecken. Und ihm gelingt es, spannungsreichen Krimi, politische Chronik, mythische Geschichten und Schwarzen Humor miteinander verbinden. Das ist große Erzählkunst.

"Du willst dem Universum dieselbe Frage stellen wie jeder andere. Warum werden wir geboren, warum sterben wir, warum muss überhaupt irgendetwas sein? Und das Universum braucht nichts zu antworten als: „Keine Ahnung, lass mich in Ruhe, du Arschloch.“ Das Leben nach dem Tod ist genauso verwirrend wie das Leben davor, das 'Dazwischen' ist genauso willkürlich wie das 'Daunten'. Also denken wir uns Geschichten aus, weil wir im Dunkeln Angst haben."