Rechtsextreme Sportvereine: Kinder für Propaganda missbraucht

Stand: 30.08.2019, 08:08 Uhr

Die rechtsextreme Partei "Der Dritte Weg" setzt Sport für Propagandazwecke ein, will "Kinder wehrhaft machen". Thüringens Innenminister spricht gegenüber "Sport inside" von einer Instrumentalisierung von Jugendlichen.

Erfurt, Stadtteil Herrenberg, hier hat der sogenannte "Dritte Weg" seine Parteizentrale. Hier befinden sich auch die Trainingsräume der Kampfsportler "Arbeitsgruppe Körper und Geist". Das nationale Lager habe am Kampfsport "ein großes Interesse", sagt Mathias Fischer, der zweite Vorsitzende der Partei Der Dritte Weg gegenüber "Sport Inside". Und deshalb spreche Der Dritte Weg auch schon Kinder an - damit sie "gesund" und vor allem "wehrhaft" werden. "Selbstverteidigungskurse" heißt das offiziell bei den Parteistrategen.

"Es sind ja nicht ganz ungefährliche Zeiten. Es gibt gerade im Jugendbereich immer wieder Nachrichten, dass Schüler gemobbt werden, zum Beispiel in der Schule", sagt Fischer. "Das sind alles Entwicklungen, wo wir versuchen, mit einer Arbeitsgemeinschaft 'Körper und Geist' den Körper zu stählen und natürlich auch das Geistige im Hintergrund mit zu fördern."

Der Dritte Weg mit Sportabzeichen

Auf der Internetseite des Dritten Weges präsentieren Trainer und Kinder stolz ihre Urkunden mit dem Logo des Landessportbunds Thüringen. Der Dritte Weg hatte sie zum Deutschen Sportabzeichen in Erfurt geschickt - als handele es sich bei ihm um einen ganz normalen Sportverein. Die jungen Athleten werden für ihre Urkunden auf der Webseite mit einem Hitler-Zitat gefeiert: "Deutsche Jugend, flink wie Windhunde, zäh wie Leder, hart wie Kruppstahl."

Dem Stadtsportbund Erfurt und Landessportbund gelang es zum wiederholten Male nicht, diese Propaganda-Aktionen des Dritten Weges zu unterbinden. In diesem Jahr hatte man sogar eigene Sicherheitskräfte engagiert, um zu verhindern, dass Kinder in Shirts des Dritten Wegs antreten. Sie hätten sich irgendwie eingeschmuggelt, vermutet der Geschäftsführer des Landessportbundes, Rolf Beilschmidt. "Ich glaube schon, dass das auch ein Thema ist, um mit dem Sport in die Mitte der Gesellschaft zu kommen und zu sagen: 'Unsere Jungs, unsere Kinder machen Sport', um den ein oder anderen damit auch zu fangen. Das ist einfach zu verurteilen, hier werden Kinder instrumentalisiert."

Sport als Teil der Strategie

Der Dritte Weg ist entstanden aus dem Freien Netz Süd, einer offen gewalttätigen Nazigruppierung, die im Juli 2014 verboten wurde. Die Partei ist insbesondere in Süd- und Ostdeutschland tätig. Sie steht als besonders gewaltbereit unter Beobachtung des Verfassungsschutzes. Sportvereine, insbesondere Kampfsportvereine, sind integraler Bestandteil der Strategie der Neonazis.

"So versucht man, dieses Gift des Rassismus und des Faschismus wieder in die Gesellschaft zu infiltrieren", sagt Thüringens Innenminister Georg Maier. "Gerade Jugendliche sind affin, was Sport anbelangt, auch Kampfsport. Ein bisschen die Muckis zeigen und so." Rechtsextremismus lebe ganz stark vom Körperkult, sagt Frank Nürnberger, Brandenburgs Verfassungsschutzchef. "Der gesunde Germane, der kräftige Germane, der den Lebenskampf führen kann und sich auch auf den Tag X vorbereitet."

"Auf den Endkampf vorbereiten"

Trainieren für den Tag X? Auf der Homepage der Partei des Dritten Weges heißt es dazu: Die Sportgruppe sehe sich als "Teil einer Bewegung zur völkischen Wiedergeburt unserer Nation". Man wolle "dazu beitragen, das ganze Volk wieder wehrhaft zu machen". "Der Tag X, das heißt die Überwindung der freiheitlichen, demokratischen Grundordnung", sagt Nürnberger. "Und natürlich sind die Kampfsport-Szene und der damit verbundene Körperkult auch ein ganz wesentliches Thema, um sich auf diesen Endkampf vorzubereiten."