eSport mit Fortnite, Dota 2 und Co. - Junge Millionäre, alte Diskussion
Stand: 28.08.2019, 10:10 Uhr
- Deutscher Olympischer Sportbund sieht eSport nicht als Sport
- Neues Gutachten stützt DOSB-Position in weiten Teilen
- eSport-Bund strebt DOSB-unabhängige Strukturen an
- Mediziner weist auf Suchtgefahren des eSports hin
Konsolenspiele seien kein Sport, findet der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) weiterhin - und kann sich dabei auf ein neues Gutachten stützen. Dieses hatte der DOSB selbst beim Düsseldorfer Juristen Peter Fischer in Auftrag gegeben. Der Begriff Sport sei "durch die langjährige Rechtsprechung im traditionellen Sinne der Anforderungen an die Körperlichkeit konkretisiert", heißt es laut Deutscher Presse-Agentur in dem Dokument. Jegliches Spiel an der Konsole falle nicht unter diesen und sei "kein Sport im Sinne des geltenden Rechts".
Bei der Entscheidungsfindung zu diesem Thema hat sich der DOSB auch mit dem eSport-Bund Deutschland (ESBD) ausgetauscht. Deren Präsident Hans Jagnow äußert sich im Interview mit Sport inside enttäuscht über die ablehnende Haltung. "Das wird dem DOSB sehr schnell auf die Füße fallen, weil es den Einstieg in die Zukunft für viele verwehrt. Da müssen wir Angebote schaffen, vielleicht auch über den DOSB hinweg, und uns dort als klare Sportart positionieren in einem System, das immer weniger vom DOSB abhängt."
DFB und UEFA führen eSport-Wettbewerbe ein
Andere Sportverbände, die teilweise auch im DOSB organisiert sind, sind offener gegenüber dem eSport. So ruft etwa der Deutsche Fußball-Bund einen eigenen ePokal ins Leben und kündigt an, an der virtuellen UEFA-Europameisterschaft, die 2020 erstmals stattfinden wird, teilnehmen zu wollen.
Wohl auch um solche Bestrebungen nicht zu torpedieren, unterscheidet der DOSB zwischen Sportartensimulationen wie dem Fußballspiel FIFA, die sich eng am eigentlichen Sport orientieren, und den von ihm als "eGaming" bezeichneten sportfernen Spielen wie Counter Strike, Fortnite oder Dota 2.
In dieser Frage stellt sich das nun vorliegende Gutachten gegen den DOSB. Diese Unterscheidung sei rechtlich nicht belastbar. ESBD-Präsident Jagnow äußert sich ähnlich: "Es ist eher die Repräsentation eines Bauchgefühls zu sagen: 'Alles was nach Sport aussieht, das könnte auch mit dem Sport zu tun haben. Alles was nicht aussieht nach traditionellen Sportarten ist für uns ein Kunstwort eGaming.'"
eSport-Vereine streben Status der Gemeinnützigkeit an
Der eSport-Bund Deutschland will auch erreichen, dass eSport als gemeinnützig gilt und damit unter anderem steuerliche Vorteile nutzen kann. Jagnow verweist auf die "wichtige gesellschaftliche Arbeit", die auch eSport-Vereine leisteten. "Die Vereine führen die eSportlerinnen und -Sportler in Sozialräumen zusammen."
Psychiater berichtet von spielsüchtigen Jugendlichen
Kritiker verweisen hingegen auf das hohe Suchtpotenzial. So berichtet Frank Fischer, Oberarzt der Kinder- und Jugendklinik "Auf der Bult" in Hannover, von spielsüchtigen Jugendlichen auf seiner Station, die von einer großen Karriere als eSportler träumen. "Sie sind der festen Überzeugung, viel Geld zu haben und sehr erfolgreich zu sein, sind aber eigentlich gar nicht mehr in der Lage, sich den Schnürsenkel zuzubinden und trauen sich nicht mehr in die Schule. Wenn man diesen Jugendlichen den Strom abstellt, zeigen sie massive Entzugssymptome."
In der Pubertät baut das Gehirn viele neue Nervenverbindungen auf, bei Spielsüchtigen aber nur die, "die ich in diesem Spiel die ganze Zeit trainiere", sagt Fischer. "Damit wird ein Gehirn massiv auf sehr einseitige Fähigkeiten trainiert auf Kosten von sozialen Fähigkeiten, die dann in dieser Zeit nicht mehr entwickelt werden."
eSport-Bund fordert klare Strukturen
Jagnow räumt ein, dass eSport, "wie viele andere gesellschaftliche Bereiche auch", über das Angemessene hinaus gespielt werden könne. "Aber man kann nicht einfach sagen: 'Deswegen ist das kein Sport und deswegen muss ich mich nicht damit beschäftigen. Sondern man muss Verantwortung übernehmen, klare Strukturen und Angebote schaffen, um Menschen beizubringen, wie guter eSport aussieht." Klar sei, dass 12 oder 14 Stunden spielen am Tag nicht die Leistung steigere, sondern unverantwortlich sei. "Das sehen inzwischen auch die Profispieler."
Sport inside berichtet in dem Film "Junge Millionäre - alte Diskussionen" über die immer weiter steigenden Preisgelder in Spielen wie Fortnite oder Dota 2 und über die Frage nach der Anerkennung von eSport als Sportart. Der Beitrag ist zu sehen bei Sport inside ab 22.55 Uhr im WDR-Fernsehen und schon jetzt in der WDR-Mediathek.
Quelle: red