SS-Massaker von Oradour
Kein Prozess gegen 89-jährigen Kölner
Stand: 09.12.2014, 12:27 Uhr
SS-Männer töteten 1944 über 600 Menschen in Oradour-sur-Glane - ein heute 89 Jahre alter Kölner soll als 19-Jähriger an dem Massaker beteiligt gewesen sein. Das Kölner Landgericht will jedoch kein Verfahren eröffnen. Denn eine Verurteilung sei unwahrscheinlich.
Das Landgericht in Köln geht davon aus, dass dem Rentner eine aktive Beteiligung nicht mehr nachweisbar ist, wie es am Dienstag (09.12.2014) mitteilte. Der Mann habe zwar nie bestritten, als Mitglied des SS-Panzergrenadier-Regiments 4 "Der Führer" beim Massaker im französischen Dorf Oradour-sur-Glane am 10. Juni 1944 vor Ort gewesen zu sein. Stichhaltige Beweise dafür, dass er selbst Menschen getötet oder aktiv bei der Ermordung der 624 Dorfbewohner geholfen habe, sieht das Gericht aber nicht. Deshalb wurde nach Auskunft des Gerichtes die Eröffnung eines Hauptverfahrens gegen den Mann abgelehnt.
Die für die Aufarbeitung von NS-Verbrechen zuständige Staatsanwaltschaft in Dortmund hatte den Kölner im Januar vor der Kölner Jugendkammer angeklagt - weil er zur Tatzeit 19 Jahre alt war. "Wir haben nun eine Woche Zeit für eine sogenannte sofortige Beschwerde gegen die Entscheidung des Gerichts", sagte der zuständige Oberstaatsanwalt Andreas Brendel am Dienstag zu WDR.de. Ihm sei der Beschluss allerdings noch nicht zugegangen, erst von diesem Zeitpunkt an laufe die Frist. Ob die Staatsanwaltschaft dagegen vorgehe, könne er erst sagen, wenn er die Begründung im Detail kenne.
Männer, Frauen, Kinder
Dem Kölner Rentner wirft die Staatsanwaltschaft vor, gemeinsam mit anderen Kompaniemitgliedern den Tod von 25 Männern verursacht zu haben. So sollen er und ein weiterer Maschinengewehrschütze die Männer in einem Weinlager niedergeschossen haben, bevor die Überlebenden von anderen Soldaten durch Pistolenschüsse und das Inbrandsetzen der Scheune getötet worden seien.
Danach soll der Angeklagte zur Kirche gegangen sein. Darin waren mehrere hundert Frauen und Kinder des Ortes eingesperrt. Angehörige der 3. Kompanie sollen einige von ihnen zunächst mit Sprengstoff, automatischen Waffen und Handgranaten getötet haben. Anschließend wurde die Kirche angezündet. Dadurch sei der Tod der übrigen Frauen und Kinder verursacht worden. Der Angeklagte soll bei ihrer Ermordung geholfen haben, "indem er entweder in Sichtweite der Kirche Absperr- und Bewachungsaufgaben übernahm oder Brennmaterial in die Kirche trug", so die Staatanwaltschaft.
Angeklagter bestreitet Beteiligung
In einer Vernehmung habe der Angeschuldigte eingeräumt, in Oradour gewesen zu sein, sagte der Dortmunder Oberstaatsanwalt Brendel. Er habe aber bestritten, an den Tötungshandlungen aktiv beteiligt gewesen zu sein. Laut Anklage wurden am Tattag insgesamt 642 Einwohner von Oradour-sur-Glane getötet, darunter 254 Frauen und 207 Kinder.