Künstler Demnig bei der Stolpersteinverlegung in Mecklenburg-Vorpommern im September

Pogromnacht-Gedenken: Neue Stolpersteine in NRW

Stand: 09.11.2024, 12:23 Uhr

Am Jahrestag der Pogromnacht vom 9. November 1938 gibt es in NRW viele Gedenkveranstaltungen. In Dinslaken hat Künstler Gunter Demnig weitere Stolpersteine verlegt - trotz Anfeindungen, die er anderswo schon erlebt hat.

Von Jörn Seidel

Kommunen und jüdische Gemeinden, aber auch private Initiativen und Vereine erinnern am Samstag an die Ereignisse vor 86 Jahren, als Juden getötet, verletzt und verschleppt, Synagogen niedergebrannt und jüdische Geschäfte verwüstet wurden. Auf dem heutigen Gebiet von NRW wurden damals mindestens 127 Menschen ermordet. 

Neue Stolpersteine in Dinslaken

Aus diesem Anlass hat der Kölner Künstler Gunter Demnig in Dinslaken mehrere neue Stolpersteine verlegt. Organisiert wurde die Aktion vom Verein "Stolpersteine für Dinslaken". Sie erinnern an die NS-Opfer Horst Lieblein, Johann Brzechwa und Ludwig Rech sowie die Familien Elkan, Isaacson und Bernhard.

"Das Prinzip Spurenlegen, das ist das Wichtigste und das ist auch für die Angehörigen wichtig", sagte Demnig am Samstag dem WDR. "Denn das ist auch etwas, was mir der Rabbi von Köln mitgegeben hat:

"Ein Mensch ist erst vergessen, wenn der Name vergessen ist." Gunter Demnig, Stolperstein-Erfinder
Künstler Gunter Demnig hält zwei "Stolpersteine" in seinen Händen.

Künstler Gunter Demnig hält zwei Stolpersteine in der Hand.

Demnig hat seit 1996 rund 113.000 Stolpersteine in mehr als 30 Ländern Europas verlegt. Allein in NRW gibt es etwa 15.000 Stolpersteine. Aktuell sei er wieder auf einer zweiwöchigen Tour unterwegs, um rund 300 neue Stolpersteine zu verlegen, sagt Demnig.

Morddrohungen und antisemitische Anfeindungen

Die Genehmigungsverfahren für die Stolpersteine seien inzwischen einfacher als früher geworden, sagt der 77-Jährige. Allerdings sei jetzt häufig Polizei dabei, wegen der "letzten Vorkommnisse". Damit spielt er auf eine Stolperstein-Verlegung in Pforzheim im Mai an, als die anwesenden Juden, teils angereist aus Israel, antisemitisch beschimpft wurden - von einem Palästinenser, wie Demnig sagt.

Ansonsten gebe es bei den Verlegungen "eigentlich kaum Angriffe", sagt Demnig. Er selbst habe in den drei Jahrzehnten seiner Stolperstein-Tätigkeit allerdings drei Morddrohungen erhalten. 

Weitere Gedenkveranstaltungen zur Pogromnacht

Neue Stolpersteine werden am Samstag auch in Ibbenbühren verlegt. Darüber hinaus gibt es rund um den Jahrestag viele weitere Gedenkveranstaltungen - etwa in Köln, Düsseldorf, Gütersloh, Bottrop, Hagen, Essen, Ratingen, Solingen, Wesel, Ahlen, Mülheim an der Ruhr, Kleve, Lippstadt, Gelsenkirchen, Rheinbach und Krefeld. Darunter sind Lesungen, Kranzniederlegungen und Gedenkgottesdienste.

In Tönisvorst am Niederrhein laden die Stadt und die weiterführenden Schulen zu einem Lichterzug durch die Innenstadt ein. In Langenfeld ruft der Verein Kulturgut zur gemeinsamen Reinigung der im Stadtgebiet verlegten Stolpersteine auf. Die neue NRW-Antisemitismusbeauftragte Sylvia Löhrmann (Grüne) spricht am Samstagabend bei der zentralen Gedenkfeier der Stadt Hagen ein Grußwort.

In der Landeshauptstadt fand die zentrale Gedenkstunde wegen des Schabbats - des jüdischen Ruhetags am Samstag - bereits am Freitag statt. Neben Löhrmann nahmen daran auch der Düsseldorfer Oberbürgermeister Stephan Keller (CDU) und Landtagspräsident André Kuper (CDU) teil. 

Es sei kaum auszuhalten, "dass heute in unserem Land Synagogen einen stärkeren Schutz brauchen und dass der Antisemitismus wieder auf den Straßen präsent ist - aus verschiedenen politischen und religiösen Strömungen", sagte Kuper beim Gedenken.

Unsere Quellen:

  • WDR-Interview im "Morgenecho" mit Künstler und Stolperstein-Erfinder Gunter Demnig
  • Nachrichtenagentur dpa
  • Verein Stolpersteine für Dinslaken