Seine Liebe zur Fotografie entdeckt Hanns Porst schon als Jugendlicher. Ein Untermieter im elterlichen Haus weiht ihn ein in die Geheimnisse der Lichtbildnerei. Den ersten Fotoapparat verdient sich Porst dadurch, dass er Zeitungen austrägt: Wie seine späteren Kunden ist er am Anfang selber einer, der sich die Kamera nicht ohne finanzielle Anstrengung leisten kann.
Und Porst ist von Beginn schon Unternehmer. Als Oberrealschüler kauft er sich in einem Versandhaus in Leipzig günstig Kameras, die er daraufhin wieder mit Gewinn verkauft. Aus diesem Gedanken entsteht in den 1930er Jahren laut Eigenwerbung "der Welt größtes Photohaus": Photo Porst.
Ratenzahlung und Versand
Geboren wird Porst am 9. Februar 1896 in Nürnberg. Bereits mit 14 Jahren verkauft er Fotos an regionale Zeitungen. Nach der Schule geht er zunächst als Schreiber in eine Anwaltskanzlei, später wird er Sekretär. Nach dem Ersten Weltkrieg, an dem er als Soldat teilnimmt, beschließt er, aus seiner Leidenschaft fürs Fotografieren einen Beruf zu machen. 1919 gründet er das "Photo-Haus Porst" in der Nürnberger Innenstadt, das durch sein immenses Reklameschild auffällt. Schon damals ist er ein Werbegenie.
In den 20er Jahren werden die meisten Fotoapparate in Drogerien verkauft. Porsts Geschäftsidee ist neu. Vielleicht ist das der Grund, warum er seine riesigen Warenbestände nicht optimal an die Laufkundschaft bringen kann. Da verfällt Porst auf die Idee, einen Versandhandel aufzuziehen und Interessenten in seinen Anzeigen mit einem unschlagbaren Angebot zu ködern: Sie müssen beim Erwerb eines Fotoapparates nur ein Drittel anzahlen. Den Rest können sie in Raten abstottern. Zudem druckt er einen mehrere hundert Seiten starken Katalog. So macht Porst das Fotografieren volkstümlich - und sich selbst reich. Schon 1928 beträgt der Umsatz des Geschäfts rund 2,5 Millionen Reichsmark. Porst verkauft jährlich über 20.000 Fotoapparate.
König Kunde
Auch im Bereich der Kundenbindung betritt Porst Neuland. 1924 organisiert der Unternehmer seine erste Fotofahrt nach Rothenburg ob der Tauber. 20 Personen fahren mit; bei der Wiederholung der Reise 1931 sind es bereits 1.300. An touristisch markanten Punkten positioniert Porst Mitarbeiter, die den Hobbyfotografen vor Ort erklären, wie sie Blende und Belichtung einstellen müssen, um das perfekte Bild zu schießen. "Sehen Sie in jedem Kunden einen Wohltäter", hat Porst den Mitarbeitern zuvor eingebläut. "Er bringt uns Verdienst und Ihnen das tägliche Brot." Verdienst bringt zu dieser Zeit auch die Eigenmarke "Hapo", mit der Porst baugleiche Kameras namhafter Hersteller günstiger anbieten kann.
Nach der Machtergreifung Hitlers ist Porst Mitläufer. 1945 liegt sein Unternehmen in Schutt und Asche. Die gerettete Kundenkartei sichert ihm einen Neubeginn: Offene Raten aus der Vorkriegszeit werden von den Kunden offenbar anstandslos bezahlt. Zudem profitiert Porst von der Wirtschaftswunderzeit: Ende der 50er Jahre beherrscht er 20 Prozent des bundesdeutschen Fotokamerageschäfts. Aber die Konkurrenz schläft nicht. Bald sind Versandhandel und Ratenzahlung Standard. Große Versandhäuser wie Quelle oder Otto entstehen. Porsts Sohn Hannsheinz überredet den Unternehmer, deutschlandweit Filialen und Agenturen in Kiosken und Imbissbuden zu eröffnen. Ohne Erfolg: Den Niedergang seiner Firma erlebt der Gründer noch mit. Hanns Porst stirbt 1984 im Alter von 88 Jahren in seiner Geburtsstadt Nürnberg. 2002 muss Photo Porst endgültig Insolvenz anmelden.
Stand: 09.02.2016
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