Er gilt als einflussreichster Automanager Europas: Dem Österreicher Ferdinand Piëch gehören Teile von Porsche und VW. Zudem ist er Aufsichtsratsvorsitzender der Volkswagen AG. Ihm wird nachgesagt, er führe den Wolfsburger Konzern wie ein Patriarch - obwohl er nicht mehr im aktiven Geschäft ist.
Geboren wird Piëch am 17. April 1937 in Wien. Sein Großvater Ferdinand Porsche entwickelt damals für die Nazis den Käfer, Vater Anton Piëch leitet dann das VW-Werk ab 1941. Doch statt Käfer wird Kriegsmaterial produziert. Davon bekommt Ferdinand allerdings wenig mit, denn die Familien Porsche und Piëch verbringen den Zweiten Weltkrieg am Wörthersee. 1952 stirbt sein Vater überraschend. Mutter Louise übernimmt die Leitung der Porsche-Aktivitäten in Österreich. Ferdinand kommt in ein schweizerisches Internat. Piëch studiert anschließend Maschinenbau in Zürich. Er beschäftigt sich viel damit, Flugzeuge und Autos leichter zu machen. Für seine Diplom-Arbeit entwickelt er einen Formel-1-Motor.
Von Audi zu VW
1963 beginnt Piëch bei Porsche und leitet bald die Entwicklungsabteilung. Sieben Jahre später gewinnt der von ihm entwickelte und gegen viel Widerstand durchgesetzte Porsche 917 das 24-Stunden-Rennen in Le Mans. Doch 1972 muss er Porsche verlassen. Zum einen kommt es zum Eklat wegen seiner teuren Projekte, zum anderen gibt es einen heftigen Streit im Porsche-Piëch-Clan um die Nachfolge von Ferry Porsche als Chef des Familienbetriebs. Schließlich scheiden alle Porsches und Piëchs aus der Firma aus. Vermisst wird Piëch nicht, erzählt Ils Nädele später, die damals in der Presseabteilung arbeitet: "Die Menschenführung hat nicht richtig harmoniert." Oft weist Piëch Mitarbeiter, aber auch Manager vor versammelter Mannschaft zurecht, schafft bewusst ein Klima der Konkurrenz.
Nur wenige Monate später fängt Piëch bei der VW-Tochtergesellschaft Audi an - als technischer Vorstand. Mit TDI-Motoren, Allrad und verzinkten Karosserien macht er das Unternehmen zum Rivalen von BMW und Mercedes. 1988 übernimmt Piëch den Vorstandsvorsitz. Bei der Konzernmutter VW häufen sich inzwischen die Probleme: Mehr als eine halbe Milliarde Mark Verlust drohen. In dieser Situation wird Piëch 1993 Vorstandsvorsitzender der Volkswagen AG und wirbt General Motors den härtesten Sanierer der Branche ab: den Spanier Jose Ignacio Lopez. GM wirft Lopez vor, Unterlagen gestohlen zu haben. "Immer wenn es um Krieg geht, sind am Ende weniger vorhanden, und es gibt immer Gewinner und Verlierer", sagt Piëch. Er habe vor, Sieger zu werden.
Massenentlassungen verhindert
Nicht ein Sieg, sondern ein Waffenstillstand beendet die Affäre: GM klagt nicht, VW kauft dafür Teile bei GM. Lopez muss gehen. Aber seine Methode, bei den Zulieferern zu sparen, hilft VW Kosten zu senken. Das tut auch Piëchs Plattformstrategie: Autos von VW, Audi, Skoda oder Seat bekommen die gleichen Motoren, die gleichen Bodengruppen, die gleichen Spiegel. Mit der Einführung der Viertagewoche können auf einen Schlag 20 Prozent der Personalkosten eingespart werden. So schafft Piëch ohne Massenentlassungen schwarze Zahlen bei VW.
Piëch, Vater von zwölf Kindern, gilt als durchsetzungsstark. Bevor er 2002 in den Aufsichtsrat von VW wechselt, beschreibt Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) Piëchs "Überzeugungskraft" in einer Rede: "Für ihn ist Teamwork eben, wenn alle tun, was er will, das betrifft auch den Aufsichtsrat." Fehler verzeiht Piëch selten: "Ich empfinde nicht, dass ich mit anderen nicht kommunizieren kann, aber es gibt Menschen, mit denen will ich nicht kommunizieren." Wer Piëchs Ziele nicht teilt, muss gehen. Zum Beispiel Porsche-Chef Wendelin Wedeking. Um das Familienerbe zu sichern, unterstützt Piëch zwar die Pläne Porsches, bei VW einzusteigen - bis Wedeking die ganze Macht bei VW will. Nun gehört die Mehrheit der VW-Aktien den Piëchs und Porsches. Bis 2018 wollen die Wolfsburger der größte Autobauer der Welt werden.
Stand: 17.04.2012
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