Friedhof in Guernica (Aufnahme von 2016)

26. April 1937 - Die "Legion Condor" zerstört Guernica

Stand: 26.04.2017, 00:00 Uhr

Spanischer Bürgerkrieg, 26. April 1937: Gegen 16.30 Uhr wird in der baskischen Stadt Guernica im Norden des Landes Fliegeralarm ausgelöst. Über 40 deutsche Flugzeuge sind im Anflug. "Und dann begann schon die Bombardierung", erinnert sich der Überlebende Luis Iriondo. "Ich hörte die Geräusche der Flugzeuge, spürte die heißen Windstöße der Explosionen."

Tiefflieger schießen mit Maschinengewehren auf die Fliehenden. Über drei Stunden dauert der Angriff. Dabei sterben schätzungsweise 200 bis 300 Menschen, zunächst ist von über 1.000 Toten die Rede.

"Guernica, Stadt von 5.000 Einwohnern, buchstäblich dem Erdboden gleichgemacht", notiert Wolfram von Richthofen, Stabschef der "Legion Condor", einer 5.000 Mann zählenden Truppe der deutschen Luftwaffe. Er ist begeistert: "Bombenlöcher auf Straßen noch zu sehen. Einfach toll."

Franco bittet Hitler um Hilfe

Die Vorgeschichte des Angriffs: Im Juli 1936 putschen rechtsgerichtete Militärs in Spanisch-Marokko gegen die demokratisch gewählte Volksfront-Regierung der Zweiten Spanischen Republik in Madrid. An die Spitze der Putschisten setzt sich General Francisco Franco. Er will seine Truppen, überwiegend Söldnerheere, von Nordafrika auf das spanische Festland befördern, hat aber dafür nicht genügend Flugzeuge. Deshalb bittet er Adolf Hitler persönlich um Hilfe.

Der deutsche Reichskanzler, der gerade in Bayreuth bei den Wagner-Festspielen ist, sagt Francos Abgesandten umgehend heimliche Unterstützung zu. Bereits im August 1936 treffen deutsche Schiffe mit zerlegten Flugzeugen in der andalusischen Hafenstadt Cadiz ein. Bis Oktober werden 13.000 Mann sowie 270 Tonnen Kriegsgerät von Afrika auf die iberische Halbinsel transportiert.

Testlauf für deutsche Luftwaffe

Francos Afrikaheer marschiert, gemeinsam mit Italienern und Deutschen, bis nach Madrid. Dort stoßen die Faschisten auf den Widerstand von Republikanern und internationalen Brigaden. Hitler entsendet daraufhin die "Legion Condor" und eine sogenannte Versuchsstaffel. Für die deutsche Luftwaffe ist der Spanieneinsatz ein Testlauf. Hitler plant bereits eigene Kriege, wie er später seinen Getreuen in einer Geheimkonferenz in Berlin verrät.

Von Andalusien bis ins Baskenland erproben deshalb neu entwickelte Jagdflieger bei ihren Angriffen unterschiedliche Bombenmischungen. Besonders die Bauten in Nordspanien seien für die Deutschen attraktiv gewesen, sagt Geschichtsprofessorin Stefanie Schüler-Springorum von der TU Berlin, "weil, wie es in einem Dokument heißt, die Bauweise im Baskenland der unserer westlichen Nachbarn ähnelt".

Von Richthofen freut sich

Am 31. März 1937 beginnt die Nordoffensive der Putschisten. Wolfram von Richthofen, ein Neffe des legendären Weltkriegspiloten Manfred von Richthofen, schreibt in sein Kriegstagebuch: "Sache macht das erste Mal hier Spaß. Einziges Bedenken: Hoffentlich wird's was!"

Ende April bricht die baskische Verteidigungsfront 15 Kilometer vor Guernica zusammen. Bei einem Luftangriff auf den Ort Durango gibt es hunderte Tote. Viele Überlebende fliehen nach Guernica. Deshalb ist die älteste Stadt des Baskenlands voll, als am 26. April, einem Markttag, das Grauen beginnt.

Gezielte Lüge der Nazis

In der Nacht nach der Zerstörung Guernicas trifft der New-York-Times-Korrespondent George L. Steer in der noch brennenden Stadt ein. Sein Bericht erscheint am 28. April 1937 in London und New York.

Die deutsche Wochenschau verbreitet eine ganz andere Version: "Die jüdische Lügenpresse behauptete, deutsche Flugzeuge hätten die Stadt bombardiert. Jedoch musste die internationale Weltpresse diese Meldung sehr bald als Pressemanöver der Bolschewisten brandmarken, welche selbst die gesamte Stadt beim Verlassen Haus für Haus niedergebrannt hatten."

Dabei handelt es sich um eine gezielt verbreitete Lüge, wie ein Brief von Richthofen belegt. Darin schreibt er, es habe "heiße Mühe" gekostet, "bis es schließlich gelang, dass auch von nationalistischer Seite fest geglaubt wurde, das die Roten Guernica selbst zerstört hätten."

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"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 26. April 2017 ebenfalls an die Zerstörung Guernicas. Auch das "ZeitZeichen" gibt es als Podcast.

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