Hitler bei einer Lagebesprechung im Hauptquartier der Heeresgruppe-Süd an der Ostfront: 2.v.l., Wilhelm Keitel, v. Sodenstern (hinter Hitler), Max Freiherr v. Weichs, General Paulus und Fedor v. Bock (Aufnahme von 1942)

Stichtag

5. November 1937 - Adolf Hitler enthüllt seine Kriegspläne

Nach dem Zweiten Weltkrieg wird Hermann Göring mit 23 anderen Hauptverantwortlichen des "Dritten Reiches" vor dem Internationalen Militärgerichtshof in Nürnberg angeklagt. Der ehemalige "Reichsmarschall" versucht den Kopf aus der Schlinge zu ziehen und erklärt sich für unschuldig. Als Befehlsempfänger sei er gezwungen gewesen, Adolf Hitler pflichtgemäß zu dienen. "Ich habe alles getan, um den Krieg zu verhindern", behauptet Göring vor dem Tribunal.

Daraufhin legt die Anklage Beweisstück PS-386 vor: die Hoßbach-Niederschrift. Sie belegt: Luftwaffenchef Göring hat dem "Führer" in keiner Weise widersprochen, als dieser zwei Jahre vor dem deutschen Überfall auf Polen seine Kriegspläne in einer Geheimkonferenz enthüllt hat. Bei dem Treffen am 5. November 1937 in der Reichskanzlei in Berlin sind neben Göring auch Marinechef Erich Raeder, Heereschef Werner Freiherr von Fritsch, Kriegsminister Werner von Blomberg und Außenminister Konstantin Freiherr von Neurath anwesend. Ebenfalls dabei ist Friedrich Hoßbach, Adjutant des "Führers", wie Göring dem Gericht bestätigt: "Als solcher war er bei der Sitzung und machte sich darüber Notizen."

Expansion in den Osten

Fünf Tage später schreibt Hoßbach auf, was Hitler in einem stundenlangen Monolog über seine außenpolitischen Ziele von sich gegeben hat. "Zur Lösung der deutschen Frage könne es nur den Weg der Gewalt geben, dieser niemals risikolos sein", heißt es in Hoßbachs Niederschrift. "Der Führer führte sodann aus: Das Ziel der deutschen Politik sei die Sicherung und die Erhaltung der Volksmasse und deren Vermehrung. Somit handele es sich um das Problem des Raumes." Hitler plädiert für einen Expansionskrieg. Er will sich Rohstoffe und Ackerfläche sichern. Es sei "sein unabänderlicher Entschluss, spätestens 1943/45 die deutsche Raumfrage zu lösen", schreibt Hoßbach.

Göring bestätigt vor dem Nürnberger Tribunal im Großen und Ganzen Hoßbachs privates Protokoll: "Es ist eine ganze Reihe von Punkten drin, ... die absolut mit dem übereinstimmen, was der Führer wiederholt geäußert hat." Und zwar schon früh: Bereits in den 1920er Jahren hat Hitler in "Mein Kampf" beschrieben, "dass künftig neuer Lebensraum für das deutsche Volk im Osten gesucht werden müsste", sagt die Münchner Historikerin Angela Hermann. "Krieg war für ihn immer Ziel."

Hitler macht sich zum Oberbefehlshaber

Als Hitler 1933 Reichskanzler wird, macht er sich gleich an die Umsetzung seines Plans. Schon wenige Tage nach der Machtübergabe spricht er in einem kleinen Kreis von hohen Offizieren davon, dass der Osten "germanisiert" werden müsse. Deutschland tritt aus dem Völkerbund aus und rüstet auf. Hitler führt die allgemeine Wehrpflicht ein und lässt das entmilitarisierte Rheinland besetzen. Im November 1937 kommt es dann zum Berliner Geheimtreffen. Drei der Zuhörer kritisieren den "Führer": Kriegsminister von Blomberg, Heereschef von Fritsch und Außenminister von Neurath. Die Umsetzung des Plans sei zu früh, noch zu riskant. Drei Monate später bekommen sie die Quittung: Sie werden kaltgestellt. Hitler macht sich selbst zum Oberbefehlshaber der Wehrmacht. Neuer Außenminister wird der Nazi Joachim von Ribbentrop.

Im März 1938 vollzieht Hitler der "Anschluss" Österreichs. Dann überlassen England und Frankreich Hitler im Münchner Abkommen das Sudetenland – in der Hoffnung, dass er dafür den Rest der Tschechoslowakei in Ruhe lässt. Doch im März 1939 marschieren deutsche Truppen bis nach Prag. Im Herbst desselben Jahres beginnt mit dem Überfall der Wehrmacht auf Polen der Zweite Weltkrieg. Nach anfänglichen "Blitz"-Siegen im Westen, greift Hitler schließlich die Sowjetunion an – der Anfang vom Ende. Nach der deutschen Kapitulation im Mai 1945 werden insgesamt drei Teilnehmer des Geheimtreffens von 1937 angeklagt: Neben Göring steht auch der ehemalige Außenminister von Neurath und der frühere Marinechef Erich Raeder vor Gericht. Alle drei werden verurteilt: Raeder und von Neurath erhalten Haftstrafen, Göring die Höchststrafe - Tod durch den Strang.

Stand: 05.11.2012

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