Jana Wargers mit Pferd Limbridge

Über den CHIO-Nationenpreis der Springreiter zu Olympia

Stand: 03.07.2024, 22:24 Uhr

Wen nimmt Otto Becker neben den drei bereits nominierten Springreitern mit zu Olympia? WDR-Experte Carsten Sostmeier sieht den Nationenpreis als entscheidenden Prüfstein.

Von Volker Schulte

Ein Platz ist noch zu vergeben für das deutsche Springreit-Team bei den Olympischen Spielen 2024 in Paris. Es ist zwar nur der Platz des Ersatzreiters, aber auch dieser dürfte heiß begehrt sein. Denn die Olympioniken können sich auf "etwas wirklich Besonderes gefasst machen", wie es Thomas Bach, der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees, im WDR-Interview sagte. "Reitsport im Schlosspark von Versaille hat man auch nicht alle Tage."

Der CHIO in Aachen ist das letzte große Kräftemessen vor den Spielen, deren Reitsportdisziplinen am 26. Juli beginnen. Das erste Springreiten ist für den 31. Juli angesetzt, das Einzelfinale als Pferdesport-Abschluss für den 6. August.

Chance für Thieme, Wargers und Brinkop

Bundestrainer Otto Becker wird bei den vielen Prüfungen in Aachen genau hinschauen, besonders aber beim Nationenpreis am Donnerstagabend (ab 20.15 Uhr live im WDR Fernsehen). Carsten Sostmeier, WDR-Kommentator und Reitsport-Fachmann, geht davon aus, dass im Nationenpreis schon die Entscheidung fällt über die Olympia-Nominierung - obwohl am Sonntag noch ein weiteres wichtiges Top-Springen folgt, der Große Preis von Aachen.

Für Deutschland werden beim Nationenpreis neben dem bereits nominierten Christian Kukuk (mit Mumbai) auch Andre Thieme (mit Chakaria), Jana Wargers (mit Limbridge) und Kendra Claricia Brinkop (mit Tabasco) an den Start gehen. "Das sind auch die drei Kandidaten für den letzten zu vergebenen Platz", sagte Sostmeier. Die Chancen sieht er gleich verteilt. "Sich da im Vorfeld auf jemanden festzulegen, wäre Spekulation."

Carsten Sostmeier im Gespräch mit Marco Schreyl

WDR 5 Tischgespräch 26.06.2024 52:15 Min. Verfügbar bis 25.06.2025 WDR 5


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Brinkop war erst zwei Tage vor dem CHIO ins Team gerückt, weil Jörne Sprehe ausgefallen war. Sprehes Pferd "Hot Easy" leidet nach Angaben des Deutschen Reit-Verbandes FN an einem Hüftgeschwür. Auch Sprehe war schon eingesprungen für Hans-Dieter Dreher, dessen Pferd Elysium wegen eines Infekts ausfällt.

Sostmeier: Acht bis neun Medaillenkandidaten

Wie konkurrenzfähig das deutsche Team im Vergleich mit den neun weiteren Nationen ist, bleibt spannend. Am vergangenen Freitag hatte es beim Nationenpreis von Rotterdam einen "kleinen Dämpfer bekommen", wie Becker es formulierte. Durchgang zwei verpasst, am Ende lediglich Platz neun - "das war sehr enttäuschend", so Becker.

Sostmeier ist mit Blick auf Olympia aber durchaus optimistisch, wenngleich er einen sehr engen Wettkampf voraussagt. "Ich sehe acht bis neun Nationen, die um eine Medaille reiten werden, weil die Weltklasse so nah beieinander ist." Herausheben würde er Schweden als großen Favoriten und die Iren. "Am Ende ist es glücks- und tagesformabhängig, weil es kein Streichergebnis geben wird", sagte Sostmeier.

Die drei bereits nominierten deutschen Reiter bei Olympia sind Christian Kukuk mit Checker, Richard Vogel mit United Touch und Philipp Weishaupt mit Zineday. Vogel hat auch dem CHIO schon seinen Stempel aufgedrückt: Er gewann am Mittwoch mit Phenyo zunächst ein Zeitspringen und am Abend dann mit Cepano Baloubet den Preis von Europa. Beim Eröffnungsspringen hatte Vogel mit Cydello nur knapp den Sieg verpasst.

Das sind Deutschlands Springreiter bei Olympia

Bundestrainer Otto Becker hat sich auf sein dreiköpfiges Springreit-Team bereits festgelegt, sucht lediglich noch einen Ersatzreiter. WDR-Experte Carsten Sostmeier schätzt die Starter ein.

Christian Kukuck (Reiter) und Checker (Pferd)

Christian Kukuk mit Checker
"Es ist das beständigste deutsche Paar, hat schon Fünf-Sterne-Springen gewonnen", sagt Sostmeier - und bescheinigt Kukuk einen Leistungsschub. Der 34 Jahre alte Warendorfer entstammt einer Pferdesport-Familie, interessierte sich als Kind aber mehr für Fußball. Erst mit 13 Jahren begann er mit dem Reitsport, heuerte 2012 im Stall von Ludger Beerbaum an - und schaffte es 2021 zum ersten Mal zu Olympia. In Tokio landete er mit Mumbai auf Platz 31 im Einzel.

Christian Kukuk mit Checker
"Es ist das beständigste deutsche Paar, hat schon Fünf-Sterne-Springen gewonnen", sagt Sostmeier - und bescheinigt Kukuk einen Leistungsschub. Der 34 Jahre alte Warendorfer entstammt einer Pferdesport-Familie, interessierte sich als Kind aber mehr für Fußball. Erst mit 13 Jahren begann er mit dem Reitsport, heuerte 2012 im Stall von Ludger Beerbaum an - und schaffte es 2021 zum ersten Mal zu Olympia. In Tokio landete er mit Mumbai auf Platz 31 im Einzel.

Richard Vogel mit United Touch
Für Sostmeier ist Vogel, mit 27 Jahren der Jüngste im Team, der "Aufsteiger des Jahres". Als Zehnter ist der Mannheimer der derzeit bestplatzierte Deutsche in der Weltrangliste. "United Touch ist eines der sprunggewaltigsten Pferde bei Olympia", sagt Sostmeier. Vogel hat von Ludger Beerbaum gelernt, lebt und trainiert seit 2020 im hessischen Dagobertshausen und steht vor seinen ersten Olympischen Spielen.

Philipp Weishaupt mit Zineday
"Ihre Form ist noch nicht so konstant, aber als EM-Zweite und als Dritte beim Großen Preis von Aachen haben sie gezeigt, was möglich ist", sagt Sostmeier. Weishaupt und Olympia - das war bisher eine unglückliche Beziehung. 2012 war er für London nominiert, musste aber eine Woche vor dem Start der Spiele passen, weil sein Pferd Monte Bellini erkrankt war. 2021 stand er auf der Longlist für Tokio, bis sich seine Stute Asathir verletzte. Jetzt der dritte Anlauf für den 38 Jahre alten Augsburger, der wie Kukuk für Ludger Beerbaums Stall reitet.

Jana Wargers mit Dorette (Ersatz)
Das letzte Olympia-Ticket als Ersatzpaar erhielten Wargers und Dorette am letzten CHIO-Tag und damit den Vorzug vor André Thieme. Die 32-Jährige legte zuvor beim Nationenpreis zwei Nullrunden hin und erhöhte so ihre Chancen auf eine Nominierung deutlich. "Das war im Hinblick auf Olympia heute sicher ein Pluspunkt für mich", sagte sie und sollte damit Recht behalten.

Ohne Ehning, Deußer und Ahlmann

Im deutschen Team fehlen einige namhafte Reiter, die in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten sehr erfolgreich waren - etwa Marcus Ehning, Daniel Deußer und Christian Ahlmann. "Sie haben keine olympiarelevanten Pferde", sagt Sostmeier. "Da sieht man wieder, wer letztlich der entscheidende Faktor im Pferdesport ist."

Auch im Einzelwettbewerb von Olympia sieht Sostmeier einen harten Konkurrenzkampf. "Natürlich ist Henrik von Eckermann mit King Edward der Favorit, aber es gibt 15 bis 20 Paare, die eine Medaille gewinnen können."

"Westfale" Marcus Ehning - "Nicht der Redseligste, aber genügsam"

Sport 03.07.2024 07:00 Min. Verfügbar bis 03.07.2025 WDR